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Kritische Infrastruktur Transport und Verkehr

Erstellt am: 25.11.2021 | Stand des Wissens: 17.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. [BBK09] Die Kritikalität, die hier als Kriterium herangezogen wird, ist ein relatives Maß für die Bedeutsamkeit einer Infrastruktur in Bezug auf Konsequenzen, die eine Störung oder ein Funktionsausfall für die Versorgungssicherheit der Gesellschaft mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen hat. [BMI09a, S. 5] In der durch das Bundesinnenministerium (BMI) im Jahr 2009 herausgegebenen Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen sind neun in Deutschland als kritische Infrastrukturen definierte Sektoren aufgeführt. Dies sind
  • Energieversorgung,
  • Informations- und Kommunikationstechnologie,
  • Transport und Verkehr,
  • (Trink-)Wasserversorgung und Abwasserentsorgung,
  • Gesundheitswesen, Ernährung,
  • Notfall- und Rettungswesen, Katastrophenschutz,
  • Parlament, Regierung, öffentliche Verwaltung, Justizeinrichtungen,
  • Finanz- und Versicherungswesen,
  • Medien und Kulturgüter,

wobei die ersten vier Sektoren als technische Basisinfrastrukturen und die letzten fünf als sozioökonomische Dienstleistungsinfrastrukturen zusammengefasst werden. [BMI09a, S. 5]

Der Schutz dieser Infrastrukturen ist Kernaufgabe und ein zentrales Thema der Sicherheitspolitik Deutschlands. [BMI16] Sie muss von Staat, Unternehmen und der Öffentlichkeit gemeinsam getragen werden. [BMI09a, S. 10] Viele Wirtschaftsbereiche haben in den letzten Jahren eine immer höhere Durchdringung und Abhängigkeit von kritischen Infrastrukturen erfahren. Diese Tatsache sowie der Eintritt bestimmter Ereignisse, wie beispielsweise der Terroranschläge des 11. September 2001 oder des Sommerhochwassers 2002, führten dazu, dass konkrete Maßnahmenpakete umgesetzt wurden.

Die Funktionsfähigkeit kritischer Infrastrukturen kann von verschiedenartigen Ereignissen beeinträchtigt werden. Das BMI unterscheidet dabei zwischen Naturereignissen, technischem/menschlichem Versagen sowie Terrorismus, Kriminalität und Krieg. Die folgende Tabelle 1 des BMI nennt Beispiele für verschiedene Gefahren:
2 Gefahrenuebersicht.pngAbb. 1: Gefahrenübersicht bezüglich kritischer Infrastrukturen (eigene Darstellung nach [BMI09a, S.7])
Für den Verkehrssektor unterscheidet die KRITIS-Sektorstudie Transport und Verkehr [BMI15] die beiden kritischen Dienstleistungen Personenverkehr und Güterverkehr. Dort wird schwerpunktmäßig der Einfluss des Personen- und Güterverkehrs auf Wirtschaftsabläufe untersucht.

Die Funktionsfähigkeit des Personenverkehrs ist von immanenter Bedeutung für die Versorgung des Landes mit Gütern und Dienstleistungen. Längerfristige Engpässe im Personenverkehr können zu Schäden der Wirtschaft in einzelnen Regionen oder bundesweit führen, beispielsweise, wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen können. Diese Umstände können zu Einschränkungen in Produktion und Handel führen. Bei bestimmten Berufsgruppen ist der Ausfall des Personenverkehrs besonders dramatisch, zum Beispiel bei denjenigen, die im Rettungs- und Gesundheitswesen tätig sind.

Der Güterverkehr beliefert Betriebe mit Rohstoffen und anderen Gütern und damit mit den materiellen Voraussetzungen, um am wirtschaftlichen Handel teilzuhaben. Der Aufbau der Produktionsprozesse in den Betrieben erfordert zuverlässige und pünktliche Lieferungen bestellter Waren oder Rohstoffe. Substitutionen im Falle einer Verspätung oder eines Ausfalls sind kurzfristig meist nicht realisierbar, sodass es zu Verzögerungen und Ausfällen im gesamten Produktionsablauf kommen kann. Je nachdem, welches Gut aufgrund des nur eingeschränkt funktionierenden Güterverkehrs nicht rechtzeitig an seinen Bestimmungsort geliefert werden kann, können sich neben den eben bereits beschriebenen Produktionsverzögerungen und -ausfällen in Betrieben auch noch weitreichendere Probleme ergeben. Dies gilt für Verzögerungen beim Transport von lebenswichtigen Gütern, zum Beispiel beim Transport von Lebensmitteln zu Supermärkten oder auch von Medikamenten an Apotheken und Krankenhäuser, sodass Ausfälle im Güterverkehr auch andere kritische Infrastrukturen massiv beeinträchtigen können.

Mit einem Fokus auf die Logistik und damit auf die Sicherstellung des Verkehrsflusses von Waren und Gütern erstellte das Bundesverkehrsministerium (BMDV) im Jahr 2014 eine Sicherheitsstrategie, um Unterbrechungen in der Versorgung mit Gütern vorzubeugen beziehungsweise um durch ein effektives Krisenmanagement im Krisenfall adäquat reagieren zu können. [BMVI14ac, S. 2] Fast alle Wirtschaftsbereiche sind von der Funktionsfähigkeit des Transport- und Verkehrssektors abhängig. Der Sektor wird in die Branchen Luftfahrt, Seeschifffahrt, Binnenschifffahrt, Schienenverkehr, Straßenverkehr und Logistik unterteilt. [BMVI14ac, S. 4] Ein wesentliches Ziel der Sicherheitsstrategie ist die weitere Erhöhung des bereits existierenden Schutzniveaus der Transportwege, der Verkehrsinfrastruktur und der Güter. Das Logistiksystem soll widerstandsfähiger, agiler und robuster gemacht werden. Allerdings funktioniert dies nur in Kooperation mit der Privatwirtschaft, da auch Geschäftsprozesse und Verhaltensmuster der Marktakteure darauf ausgerichtet werden müssen, Logistikketten möglichst resilient gegenüber externen Risiken zu machen. [BMVI14ac, S. 10] In der Sicherheitsstrategie des BMDV wird, wie bereits in der KRITIS-Strategie des BMI der Allgefahren-Ansatz betont. Dieser besagt, dass jegliche Gefahrenarten bei der Entwicklung von Schutzkonzepten Berücksichtigung finden sollen. [BMVI14ac, S. 12]
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Resilienz von Verkehrssystemen unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels (Stand des Wissens: 26.11.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?543869
Literatur
[BBK09] Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) (Hrsg.) Kritische Infrastrukturen
Definition und Übersicht, 2009
[BMI09a] Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Nationale Strategie zum Schutz
Kritischer Infrastrukturen
(KRITIS-Strategie), 2009
[BMI15] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) (Hrsg.) KRITIS-Sektorstudie
Transport und Verkehr, 2015
[BMI16] Bundesministerium des Innern (Hrsg.) Schutz kritischer Infrastrukturen, 2016
[BMVI14ac] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Sicherheitsstrategie für die Güterverkehrs- und Logistikwirtschaft, 2014
Glossar
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?543642

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 17:30:28