Historie des Taktfahrplans im deutschen Schienenpersonenfernverkehr
Erstellt am: 29.07.2021 | Stand des Wissens: 29.07.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Im deutschen Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) ist der integrale Taktfahrplan (ITF) kein gänzlich neues Konzept. Schon der erste Fahrplan für das InterCity-Netz im Jahr 1971 wurde als integraler Taktfahrplan gestaltet. Sämtliche Fernzüge fuhren im Zweistundentakt und wurden in den fünf Bahnhöfen Hannover, Dortmund, Köln, Mannheim und Würzburg integral untereinander verknüpft.
Zunächst gab es in den entsprechenden IC-Zügen nur Wagen der ersten Klasse, bis das Konzept schließlich im Jahr 1979 um eine zweite Klasse erweitert wurde. Darüber hinaus wurde das IC-Angebot im Fahrplan 1979 auf einen Stundentakt verdichtet und mit dem Slogan jede Stunde, jede Klasse vermarktet. Insgesamt wurden vier Fernverkehrslinien paarweise an fünf Knoten angebunden (siehe Abbildung 1): [IGEB04]
- Hannover: Linie 3 (Hamburg Basel) und Linie 4 (Bremen München)
- Dortmund: Linie 1 (Hamburg München) und Linie 2 (Hannover München)
- Köln: Linie 1 (Hamburg München) und Linie 2 (Hannover München)
- Mannheim: Linie 1 (Hamburg München) und Linie 3 (Hamburg Basel)
- Würzburg: Linie 2 (Hannover München) und Linie 4 (Bremen München)
![Abb. 1: IC-Fahrplan 1979 mit fünf Vollknoten [Eintrag-Id:538123], Knotensymbole: Quadratisch: IC-Anschluss am gleichen Bahnsteig, Rechteckig: Halt aller IC-Züge, Strich: Halt einiger IC-Züge unserbestesstueck.jpg](/servlet/is/538808/unserbestesstueck.jpg)
Obwohl die Pünktlichkeit einzelner Züge in diesem Taktsystem Mängel aufwies, konnten die Anschlüsse in der Regel zuverlässig umgesetzt werden. [ScEr83] Im Jahr nach der Einführung des neuen Taktfahrplans 1971 nahm die Verkehrsleistung der InterCity-Linien um insgesamt 18 Prozent zu. [Koch82]
Mit der Einführung des InterCity-Express mit einer Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h, zunächst auf den Neubaustrecken Hannover Würzburg und Mannheim Stuttgart, wurde der bisherige InterCity erstmals vom neuen Hochgeschwindkeitsverkehr (HGV) abgelöst. Die 1991 in Betrieb genommene Strecke Mannheim Stuttgart war mit einer Fahrzeit von 36 Minuten inkompatibel mit dem bestehenden Taktfahrplan. Auch weitere Neubaustrecken für den HGV, wie die Schnellstrecke von Nürnberg nach Erfurt mit einer Fahrzeit von 70 Minuten, ließen sich nicht sinnvoll in ein bestehendes Taktsystem einfügen. Der HGV nahm hierdurch eine Sonderstellung im bestehenden Fahrplan ein.
Durch die Integration der neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung Deutschlands verlagerten sich zudem die bisherigen Verkehrsströme, indem die Ost-West-Richtung gegenüber der Nord-Süd-Richtung wieder an Bedeutung gewann. Dies führte dazu, dass sich der ursprünglich für den InterCity entworfene netzweite Taktfahrplan immer stärker in Richtung linienbezogener Taktangebote ohne integrale Verknüpfung entwickelte. [BMVI15x, S.8f] Bemängelt wird außerdem eine mangelnde Taktunterstützung durch die seit 2003 eingesetzte Fahrplanerstellungs-Software RUT. [Hess19, S.386]