Nutznießerfinanzierung als Beitrag zu einer zukunftsfähigen ÖPNV-Finanzierung
Erstellt am: 30.03.2021 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zur Erreichung der Klimaschutz-, Umweltschutz- und Effizienzziele stellt die sogenannte Nutznießerfinanzierung als ein Finanzierungsinstrument und unterstützende Maßnahme dar. Sie ist eine Abgabe der vom ÖPNV direkt oder indirekt Profitierenden. Anstatt Nutzer für alle Kosten bezahlen zu lassen, werden Nutznießer oder auch Drittnutzer (daher auch die synonyme Bezeichnung Drittnutzerfinanzierung), denen externer Nutzen entsteht, zur Finanzierung mit herangezogen [TUDa12].
Diese Nutznießer sind Dritte, die einen indirekten Nutzen an etwas haben. Sie profitieren zum Beispiel vom ÖPNV durch die Verringerung von Staus und einer geringeren Umweltbelastung. Dieser Drittnutzen kann in zwei Kategorien unterschieden werden [TUDa12]:
- indirekte Nachfrage (zum Beispiel Personen haben eine Zahlungsbereitschaft für eine ÖPNV-Anbindung, weil sie darüber eine günstigere Anbindung für Güter und/oder Personen erhalten)
- Optionsnutzen (durch einen ÖPNV-Anschluss erhalten Personen die Möglichkeit, diesen jederzeit nutzen zu können; deswegen gibt es auch eine positive Zahlungsbereitschaft)
Zur Bewältigung der Probleme der Organisations- und Finanzstruktur im ÖPNV können unterschiedliche Instrumente und unterstützende Maßnahmen der Nutznießerfinanzierung beitragen. Diese konzentrieren sich vor allem auf Grundstücks- und Immobilienbesitzer, Nutzer des motorisierten Individualverkehrs (MIV) und Handel, Veranstaltungs- und Tourismusgewerbe sowie Bildungseinrichtungen durch
- kommunale Abgaben (Stellplatzbörse, Arbeitgeberbeitrag, Parkgebühren, Verkehrserzeugungsabgabe für Unternehmen, City-Maut/Regio-Maut, Konzessionen für Bahnhöfe/Stationen)
- Tarifmaßnahmen/Solidarmodelle (Gäste-, Kombi-, Mieter-, Job-, Semesterticket)
- Sponsoring, freiwillige Zahlungen [FGSV20].
Die Nutznießerfinanzierung kann mit ihren Instrumenten und Maßnahmen als eine stabile Finanzierungsquelle zu notwendigen Angebotsausweitungen und zum Abbau der Infrastrukturdefizite sinnvoll beitragen. Weiterhin können negative externe Effekte des MIV begrenzt und die Kosten der Infrastrukturabnutzung sowie Stau- und Umweltbelastungen mit diesen Instrumenten verursachergerecht angelastet werden. Manche Tarifmaßnahmen beziehungsweise Solidarmodelle haben außerdem den Vorteil, dass die Fahrgäste den ÖPNV ohne den Erwerb einer separaten Fahrkarte benutzen können, was für bestimmte Fahrgastgruppen das Zugangshemmnis verringert.