Kommunale Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in Österreich
Erstellt am: 07.01.2021 | Stand des Wissens: 07.01.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Neben Gemeinsamkeiten in Sprache und Kultur verbindet Österreich und Deutschland eine lange gemeinsame Geschichte. Da sich außerdem auch auf politischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene einige ähnliche Herausforderungen stellen, besteht an den Vorgängen im jeweiligen Nachbarland ein besonderes Interesse.
Aktuell wird in Österreich die Einführung einer flächendeckenden Maut für Lkw diskutiert. Die bisher ausschließlich auf den Autobahnen erhobene Maut soll auch auf die Landes- und Gemeindestraßen erweitert werden. Mit der Maßnahme sollen die Kosten für Lkw-Transporte erhöht und somit Anreize zur Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene gegeben werden. [DVZ19c] Außerdem soll eine zusätzliche Finanzierungsgrundlage für die Sanierung des 110.000 Kilometer langen Netzes von Landes- und Gemeindestraßen geschaffen werden. Kritik an der Idee gibt es beispielsweise von der Wirtschaftskammer Österreich. Demnach treffe die Ausdehnung der Maut insbesondere regionale Wertschöpfungsketten und drohe der heimischen Wirtschaft zu schaden. [WKO15]
Die Aufgaben der Kommunen in Österreich ähneln denen in Deutschland. So sind sie ebenfalls für den Betrieb und Unterhalt der örtlichen Infrastruktur, wie beispielsweise den Bau von Straßen, die Abwasser- und Abfallbeseitigung oder für Schulen zuständig. Ebenso fällt der öffentliche Nahverkehr in ihre Verantwortung. Dabei finanzieren die Gemeinden lediglich 16 Prozent ihrer Aufgaben durch eigene Steuern und Abgaben. Diese bestehen im Wesentlichen aus der Grundsteuer und der Kommunalsteuer. Ein großer Teil der weiteren Einnahmen beruht auf dem Finanzausgleich, das heißt Zuwendungen aus Steuereinnahmen des Bundes. Des Weiteren erhalten die Kommunen circa 11,9 Prozent von gemeinschaftlichen Bundesabgaben wie Lohn- und Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer. Eine echte Abgabenautonomie existiert bei den Gemeinden nicht, da diese bei ihren eigenen Steuern weder über Höhe noch Steuergegenstand oder Bemessungsgrundlage bestimmen können. [VIOE15]
Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs wird in Österreich versucht neue Wege zu gehen. Unter dem Begriff des Wiener Modells wurde bereits 2012 in der österreichischen Hauptstadt ein überarbeitetes Tarifsystem für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) eingeführt. Dieses ist Teil des aktuellen Stadtentwicklungsplans STEP 2025 welcher zum Ziel hat, dass bis 2025 80 Prozent aller Wege der Einwohner Wiens mit dem Umweltverbund bestehend aus dem ÖPNV im Zusammenspiel mit Carsharing-Angeboten, dem Fahrrad und zu Fuß gehen zurückgelegt werden. Im Kern wurden die Preise von Jahres- und Monatskarten erheblich gesenkt, während die übrigen Tarife anstiegen. So wurde der Preis für die Jahreskarte um knapp ein Fünftel, auf 365 Euro gesenkt. Außerdem betreibt die Stadt seit vielen Jahren eine nachhaltige Verkehrsplanung. Beispielsweise wurden das ÖPNV-Netz stark erweitert, neue Stadtquartiere an ÖPNV Knoten gebaut und die Parkgebühren erhöht. [SoBi] Im Jahr 2018 betrug die Zahl der Jahreskartenbesitzer 780.000 Personen bei einer Stadtbevölkerung von 1,89 Millionen. [VIFG12a] Damit besitzen in Wien mehr Menschen ein 365-Euro-Ticket als ein Auto. Kostendeckend lässt sich dieses Konzept jedoch nicht betreiben. So bezuschusst die Stadt den ÖPNV jährlich mit rund einer halben Milliarde Euro.