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Lösungs- und Realisierungsansätze der autonomen Schifffahrt

Erstellt am: 02.09.2020 | Stand des Wissens: 05.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Die Umsetzung der ferngesteuerten oder autonomen Schifffahrt wirkt sich konkret auf verschiedene bauliche und betriebliche Bereiche eines Schiffes abhängig von jeweiligen Schiffstyp aus. Dies spiegelt sich in Schiffsdesign, Navigation, Schiffsantrieb und -maschine, Sensoren und landseitiger Unterstützung der Schiffe wider.

Die in der Forschung untersuchten Lösungen unterscheiden sich abhängig von dem angestrebten Grad der Autonomie eines Schiffes. So werden an der untenstehenden Grafik (siehe Abbildung 1) die Zwischenstufen von der klassischen bemannten Schifffahrt hin zur autonomen Schifffahrt und deren Betriebsmöglichkeiten, wie beispielsweise bemannter oder unbemannter Betrieb, deutlich. Ebenso sind Mischformen der unterschiedlichen Konzepte möglich.
Konzepte und Entwicklung fur die autonome Schifffahrt.pngAbb. 1: Konzepte und Entwicklung für die autonome Schifffahrt (eigene Darstellung
Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein einziges Konzept für den Bau und Betrieb von autonomen oder ferngesteuerten Schiffen durchsetzen wird, da Schiffe vielfältige Aufgaben erledigen und für diese Aufgaben spezialisiert sind. Einige Schiffe, wie etwa Handelsschiffe, können zukünftig unbemannt betrieben werden. Somit wird sich die Ausführung dieser Schiffe deutlich von aktuellen Modellen unterscheiden. Passagierschiffe im Bereich des Tourismus, wie Kreuzfahrtschiffe, werden auch in Zukunft immer eine Besatzung, beispielsweise für den Kundendienst oder die Sicherheit von Passagieren benötigen, sodass keine grundlegenden und tiefgreifenden Änderungen in der Schiffsausführung zu erwarten sind [Leva17, S. 31].

Die technologischen Fortschritte haben in den Bereichen Digitalisierung, Big Data und künstliche Intelligenz (KI) ein Niveau erreicht mit dem die Kommerzialisierung von ferngesteuerten oder sogar autonomen Schiffen unmittelbar realisierbar ist. Die technologische Entwicklung der landseitigen Steuerung von Schiffen schreitet schnell voran und wird von der Forschung und der maritimen Industrie weiter beschleunigt [Yoon18, S. 2]. In der autonomen Schifffahrt werden langfristig Chancen für finanzielle Einsparungen (zum Beispiel durch Reduzierung oder Wegfall der Besatzungskosten) [RR16, S. 7] bei gleichzeitiger Steigerung der Sicherheit gesehen. So sind im Jahr 2019 in der konventionellen Schifffahrt schätzungsweise 73 bis 90 Prozent aller Seeunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen [Alli18]. Trotz des Auftretens bislang unbekannter Fehler- & Unfallquellen aufgrund des Einsatzes der neuen Technologien in der autonomen Schifffahrt, ist davon auszugehen, dass der autonome Betrieb durch die Reduzierung von Möglichkeiten des menschlichen Versagens sicherer ist [Pora18].

Der Ausfall eines einzelnen Bauteils kann eine Kettenreaktion von Systemversagen auslösen, die zu Unfällen oder zu Verlust des Schiffes führt. Deshalb stellt sich für alle technischen Lösungsansätze der autonomen Schifffahrt die grundsätzliche Frage, wie viel Redundanz für einen sicheren und ungestörten Betrieb eines unbemannten Schiffes notwendig ist. Üblicherweise werden große Handelsschiffe nur von einem Schiffspropeller angetrieben und verfügen nur über eine Ruderanlage, beim Ausfall einer dieser Komponenten, ist das Schiffs manövrierunfähig. Eine große Herausforderung im Betrieb von unbemannten im Vergleich zu bemannten Schiffen ist die Redundanz aller Systeme, da keine Schiffscrew unmittelbar und vor Ort auf mögliche Ausfälle reagieren kann. Diese Redundanz bedeute gleichzeitig beim Bau erhebliche Mehrkosten [Bart17, S. 46].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Nutzen und Herausforderungen der autonomen Schifffahrt (Stand des Wissens: 05.01.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?512542
Literatur
[Alli18] Allianz Global Corporate & Specialty SE (Hrsg.) Safety and Shipping Review 2018, 2018/06
[Bart17] Peter Barthelsson,, Jacob Sagefjord Autonomous ships and the operator's role in a Shore Control Centre. A comparative analysis on projects in the Scandinavian region and implementing the experience of Mariners to a new field of shipping, 2017
[Leva17] Oskar Levander Autonomous ships on the high seas, veröffentlicht in IEEE Spectrum, Ausgabe/Auflage Volume 54, Issue 2, IEEE , 2017/01/31
[Pora18] Thomas Porathe,, Åsa Hoem,, Ørnulf Jan Rødseth,, S. O. Johnsen, At least as safe as manned shipping? Autonomous shipping, safety and "human error", veröffentlicht in Safety and Reliability - Safe Societies in a Changing World, 2018/06
[RR16] Rolls-Royce (Hrsg.) Autonomous ships - The next step, 2016
[Yoon18] Ikroh Yoon,, Jung-min Choi,, Kyung Suk Seo Technology Assessment: Autonomous Ships, 2018

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?512904

Gedruckt am Donnerstag, 25. April 2024 09:00:10