Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

Verkehrsträgerspezifische Optimierungen im Güterverkehr als Maßnahme des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 09.12.2019 | Stand des Wissens: 24.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Die Beförderungsmenge bzw. Beförderungsleistung des deutschen Güterverkehrs ist seit 2012 kontinuierlich gestiegen. So stiegen die beförderten Mengen in der Zeit von 2012 bis 2018 von 4,2 auf 4,7 Milliarden Tonnen beziehungsweise die Beförderungsleistung von 618 auf 708 Milliarden Tonnenkilometern [Dest19a]. Ein Anstieg von ungefähr 500 Millionen Tonnen beziehungsweise 90 Milliarden Tonnenkilometern in allein sechs Jahren. Diese Tonnenkilometer teilen sich auf verschiedene Verkehrsträger LKW, Schiene, Schifffahrt auf, die für einen Funktionsfähigen Gütertransport kombiniert werden müssen. In diesem Synthesebericht sollen jedoch zunächst Maßnahmen, die jeweils einen der genutzten Verkehrsträger im Güterverkehr verbessern, dargestellt werden.
Um die immer weiterwachsenden Warenmengen zu transportieren, braucht es ein effizientes Management im Wirtschafts- und Güterverkehr. Ein belastbares Güterverkehrssystem ist maßgeblich daran beteiligt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland seine Leistungsfähigkeit beibehält und steigert. Da vor allem die Straßen- und Autobahninfrastruktur nicht mehr in der Lage ist dieses Verkehrswachstum aufzunehmen, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) das Ziel gesetzt andere Verkehrsträger - vor allem den Schienengüterverkehr und den Binnenschiffahrtsgüterverkehr für den Güterverkehr auszubauen [BMVI21]. Außerdem soll durch eine Minimierung der energetischen Kosten und eine effiziente Steuerung der Transportabläufe im Güterverkehr, für einen effizienteren und nachhaltigen Güterverkehr gesorgt werden [NITG14]. Hierzu können folgende Kriterien einen maßgeblichen Beitrag im Rahmen des Verkehrsmanagements leisten.

City-Hub
Aufgrund der stetig steigenden Zahlen an Nutzenden im Rahmen des online Handels gehen Schätzungen davon aus, dass bis 2028 bis zu 4,7 Milliarden Pakete in Deutschland versendet werden [STATISTA24b]. Die schon knapp bemessene Infrastruktur der Innenstadt muss demnach weitere Kapazitäten für Lieferfahrzeuge, die nicht nur Geschäfte, sondern auch vermehrt Privatpersonen beliefern, bereitstellen. Die Kombination aus individuellen Kundenbedürfnissen und dem Druck, wirtschaftlich zu arbeiten, stellt viele Transportunternehmen vor große Herausforderungen. Ein vielversprechender Ansatz ist, die Warenströme räumlich zu verlagern, da gerade Business-to-Costumer-Lieferungen sehr kleinteilig und individuell zu bewerkstelligen sind. Zweckmäßig erscheint eine Bündelung der Pakete, die zu zentralen Orten (City-Hubs) befördert werden, um dann von dort aus auf der letzten Meile nachhaltig mit kleinen, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ausgeliefert zu werden [Zieg17a]. Somit können Schadstoff- und Lärmemissionen reduziert und gleichzeitig Schwerverkehr aus sensiblen Wohnbereichen verlagert werden. Um einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen ist es wichtig, dass die Bündelung unabhängig vom Dienstleister erfolgt, wie beispielsweise im Projekt "Bentobox" in Berlin [Berl12].

Dynamische Tourenplanung
Die klassische Tourenplanung bringt verschiedene Vorteile wie gesteigerte Effizienz, eine höhere Auslastung und dementsprechende Kosteneinsparungen mit sich. Bisher erfolgte die Planung, welches Fahrzeug welche Standorte bedient, vor der Auslieferung. Echtzeitinformationen und -Kommunikation ermöglichen es in Zukunft, dass Clustering, im Sinne des Zusammenlegens von Aufträgen, und Routing während der Auslieferung dynamisch an verschiedene Situationen angepasst werden. Dies führt zu einer effizienteren Allokation der Ressourcen und hilft dabei, die Auslastung weiter zu erhöhen und damit Verkehr zu reduzieren [IML17].

Packstationen
Anstatt online bestellte Produkte direkt zu der Haustüre der Kundinnen und Kunden zu liefern, können Pakete auch in Packstationen abgegeben werden [DHL18]. Gerade in Städten, in denen die nächste Packstation meist nicht weit entfernt ist und zugleich ein Einsparen von Transportrouten zu den Kundinnen und Kunden von Relevanz für die Qualität des gesamten Verkehrsflusses ist, ergeben Packstationen als alternative zum Liefern an die Haustüre Sinn. Für die Nutzenden entsteht durch den kurzen Weg zur Packstation wenig Mehraufwand und die Nutzenden müssen zum Zeitpunkt der Anlieferung nicht zu Hause sein. Da über eine Packstation sehr viele Kundinnen und Kunden auf einmal zu bedienen sind, erspart sich der Lieferdienst zusätzliche Lieferrouten.

Digitale Überwachung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten
In Deutschland gelten auf Basis von [EG561/2006] spezielle Lenk- und Ruhezeiten für den Güterverkehr auf der Straße. [BAG19b] Diese werden jedoch nicht immer von allen Verkehrsteilnehmern eingehalten, was aufgrund von Übermüdung und Konzentrationsschwächen zu Unfällen führen kann [Woch19]. Ein Telematik-System, welches die Daten des Fahrtenschreibers dauerhaft digital übermittelt, ist in der Lage, Fahrer zu identifizieren, die ihre Lenkzeiten nicht einhalten und kann damit die Verkehrssicherheit auf Autobahnen erhöhen.

Verbesserung Infrastruktur für Schienen- und Schifffahrtsgüterverkehr
Dass das starke Wachstum im Güterverkehrsaufkommen nicht nachhaltig von den existierenden Straßen und Autobahnen aufgenommen werden kann, wurde bereits in den 2010er Jahren von den damaligen Bundesverkehrsministerien erkannt. Um das Ziel einer nachhaltigen Logistik in Deutschland zu erreichen, erstellte man Investitions- und Ausbaupläne für die Infrastrukturen des Schienen- und des Schifffahrtsgüterverkehrs. Im Jahre 2017 veröffentlichte das BMDV den Masterplan Schienengüterverkehr [BMVI17j] und 2 Jahre später den Masterplan Binnenschifffahrt [BMVI19f] in denen jeweils Handlungsfelder und Maßnahmen für die jeweiligen Verkehrsträger benannt werden.
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrsträgerspezifische Maßnahmen und Instrumente des Verkehrsmanagements (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33559
Literatur
[BAG19b] Bundesamt für Logistik und Mobilität (Hrsg.) Hinweise zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr, 2019/02
[Berl12] Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin (Hrsg.) Berlin erprobt neue Ansätze: Sauber und effizienter Lieferverkehr, 2012/01/25
[BMVI17j] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Masterplan Schienengüterverkehr, 2017/06
[BMVI19f] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.) Masterplan Binnenschifffahrt, 2019/05
[BMVI21] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Multimodaler Güterverkehr, 2021
[Dest19a] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Beförderungsmenge und Beförderungsleistung nach Verkehrsträgern, 2019/11/19
[DHL18] Deutsche Post DHL Group DHL Packstation, 2018
[IML17] Fraunhofer Institut Materialfluss und Logistik (IML) Dynamische Tourenplanung mit Big Data, 2017/05/10
[NITG14] Arbeitsgruppe 2 des Nationalen IT-Gipfels (AG2 "Vernetzte Anwendungen und Plattformen für die digitale Gesellschaft", UAG Intelligente Netze (Hrsg.) Nutzen und Anwendungen Intelligenter Verkehrsnetze, 2014/10
[STATISTA24b] Matthias Janson KEP-Branche: Paketsendungen zuletzt rückläufig, 2024/03/08
[Woch19] Wochenblatt (Hrsg.) Kurz eingeschlafen, Unfall verursacht und einige Kilometer mit dem Sattelzug weitergefahren, 2019/11/15
[Zieg17a] Ziegler, Markus Zukunftsfähige City-Logistik: Herausforderungen und Maßnahmen, 2017/04/17
Weiterführende Literatur
[Weid18] Weidmann, Martina Datengold der Logistik: Tracker macht Paletten intelligent, 2018/10/15
[Serg18] Sergo Germany GmbH (Hrsg.) Diese drei wichtigen Vorteile bietet modernes Tracking & Tracing, 2018/01/15
[EG561/2006] Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006
Glossar
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
tkm tkm = Tonnenkilometer Die Einheit Tonnenkilometer [tkm] beschreibt die im Rahmen einer Güterbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Gütermenge (Summe der beförderten Güter in Tonnen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km. Verkehrsarbeit [tkm] = Gütermenge [t] * Wegstrecke [km]
Letzte Meile
Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet die "letzte Meile", auch Teilnehmeranschlussleitung genannt, die Netzstrecke zwischen dem lokalen Verteilerkasten des entsprechenden Kommunikations-Unternehmens und dem Hausanschluss des Endkunden.
In der Logistik steht der Begriff für die Belieferung des Endkunden im Liefer- und Abholverkehr, also dem letzten notwendigen Transportvorgang.
Telematik Der Begriff Telematik ist aus den Worten Telekommunikation und Informatik zusammengesetzt und bezeichnet Technologien, die Datenverarbeitung und Nachrichtentechnik miteinander verknüpfen.
City Der in der Stadtforschung und im allgemeinen Sprachgebrauch für die Kennzeichnung des Stadtzentrums meist größerer Städte verwendete Begriff City ist nicht eindeutig, da er im Englischen eine völlig andere Bedeutung hat. Im englischen Sprachgebrauch kann der Begriff City für drei verschiedene Varianten stehen:
  1. allgemein für eine Großstadt,
  2. für eine historische Stadt mit Bischofssitz und Kathedrale,
  3. für eine Stadt mit königlicher Urkunde und zeremoniellen Privilegien.
Der deutsch Begriff der City leitet sich aus der frühen Konzentration von Bürofunktionen in der historischen City of London ab, da sich dort bereits im 18. Jahrhundert mit dem aufkommenden und rasch entfaltenden Banken- und Versicherungswesen der neue Typ des Bürohauses herausbildete, der den Prozess der Citybildung enorm beschleunigte. In erster Linie ist City ein Funktionsbegriff. Die City ist der zentralst gelegene Teilraum einer größeren Stadt mit einer räumlichen Konzentration hochrangiger zentraler Funktionen des tertiären und quartären Sektors.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?506253

Gedruckt am Samstag, 22. Februar 2025 19:34:16