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Neu- und Ausbauvorhaben Stuttgart-Ulm

Erstellt am: 07.11.2019 | Stand des Wissens: 07.11.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Das gesamte Bauprojekt Stuttgart Ulm, welches im Verkehrsinvestitionsbericht 2012 als fest disponiertes Verkehrsbauprojekt festgeschrieben ist, besteht aus zwei großen Teilprojekten: zum einen die Neuordnung des Bahnknoten Stuttgart (Stuttgart21) sowie zum anderen aus der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Ziel ist es, die Region Stuttgart durch attraktivere Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs zu stärken sowie die die Reisezeit zwischen den Städten Stuttgart und Ulm auf eine halbe Stunde fast zu halbieren. [DeBu14, Seite 79 ff.]. Außerdem spielt der Neubauabschnitt eine zentrale Rolle in der Magistrale für Europa, der Achse Paris - Stuttgart - Ulm - München - Wien - Bratislava [DBAG16c].

Im Rahmen des Teilprojektes Stuttgart21 wird der Bahnknoten Stuttgart bis zur Eröffnung im Dezember 2025 auf 57 Kilometer Strecke, wovon 33 Kilometer unterirdisch verlaufen, grundlegend neugestaltet. Das Projekt ist in in acht Planfeststellungsabschnitte eingeteilt. Ein unterirdischer Durchgangsbahnhof soll als leistungsfähiges Kernelement den Kopfbahnhof ersetzen. Der Haltepunkt Flughafen/Messe wird durch einen neuen Personenbahnhof an das Fern- und Regionalbahnnetz angeschlossen und zukünftig nicht mehr nur noch durch S-Bahnen bedient. Die beiden Bahnhöfe sind durch den 9,4 Kilometer langen Fildertunnel verbunden. Insgesamt sollen bei dem Projekt 16 neue Tunnel und Durchlässe, 18 Brücken sowie 4 Bahnhöfe entstehen. Neben den zwei bereits genannten Personenbahnhöfen entsteht ein neuer S-Bahnhalt Mittnachtsstraße im Bereich des Gleisvorfeldes des ehemaligen Stuttgarter Hauptbahnhofes. In Untertürkheim entsteht ein Abstellbahnhof, der zur Leistungsfähigkeit des Hauptbahnhofes beitragen soll. Die Entwurfsgeschwindigkeit soll bis zu 250 km/h betragen [DBAG16c]. Im Zuge der Neugestaltung des Bahnknotens werden durch das Wegfallen des ehemaligen Gleisvorfeldes etwa 100 Hektar Fläche frei, die vor allem für Parkanlagen, aber auch neue Wohngebiete genutzt werden sollen.

Durch die zentrale Lage der Baustellen in der Stuttgarter Innenstadt musste eine besondere Infrastruktur für die Baustellen geschaffen werden, um Baustellenverkehr auf öffentlichen Straßen zu vermeiden. Daher wurde ein Baustellenstraßensystem als Verbindung der zentralen Baustellen geschaffen sowie ein Förderband installiert, welches den Abraum aus den Tunnel des Hauptbahnhofs in den nahegelegten Schlossgarten befördert, wo der Abraum verladen wird. Seit Juni 2014 werden am Nordbahnhof Güterzüge mit Abraum weiterer Baustellen beladen, wodurch ein emissionsärmerer Abtransport erreicht wird [DBAG16c, Abschnitt Baustellenfortschritt].

Der aktuelle Projektstand zum 01.10.2018 ist, dass 71 Prozent der Tunnelbau- und Aushubarbeiten durchgeführt sind. Der Bau der kürzeren Tunnel ist teilweise noch nicht begonnen [DBAG16c], einige kleinere Brückenbauwerke sind fertiggestellt. Der Ausbau soll bei den meisten Projekten um 2021 beginnen, die Abnahme 2023 und die Inbetriebnahme bis Ende 2025 abgeschlossen sein [DBAG16c, Lenkungskreissitzung 04.05.2018].

Die Neubaustrecke Wendlingen Ulm ist der zweite Teil des Bauprojektes Stuttgart-Ulm und schließt sich an der Neckarbrücke direkt dem Projekt Stuttgart21 an. Der 60 Kilometer lange Abschnitt soll die über 160 Jahre alte Filstalstrecke ersetzen, die durch ihre engen Kurvenradien teilweise nur Geschwindigkeiten bis 70 km/h zulässt. Die Entwurfsgeschwindigkeit für die Neubaustrecke beträgt 250 km/h. Etwa die Hälfte der Strecke wird in Tunnel verlaufen, ein anderer großer Teil entlang der Autobahn A8. Besonders markant ist die Filstalbrücke, die auf beiden Seiten in einen Tunnel mündet und damit ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Fernverkehr darstellt. Für die neue Streckenführung werden 17 Eisenbahnüberführungen sowie neun Tunnel gebaut. Die geplante Inbetriebnahme ist im Dezember 2021 [DBAG16c]. Der Baufortschritt für die Tunnel und die Strecke beträgt bei diesem Projekt bereits über 80 Prozent. Der Ausbau beginnt in den meisten Abschnitten um 2020, die Ab- und Inbetriebnahme soll bis Ende 2022 beendet sein [DBAG16c].

Die Finanzierung wird gemeinsam zu unterschiedlichen Anteilen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen, dem Land Baden-Württemberg, dem Flughafen Stuttgart sowie dem Bund getragen. Im April 2009 wird die erste Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Die jüngsten Änderungen dieser Finanzierungsvereinbarungen wurde im Januar 2018 abgeschlossen, sodass der Finanzierungsrahmen für beide Teilprojekte zusammen 11.904 Millionen Euro beträgt. Gründe für den Kostenanstieg sind Marktpreiserhöhungen, Verzögerungen, geologische Schwierigkeiten sowie eine Nachtragsprognose [DBAG16c].
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Aktuelle Bauprojekte im deutschen Schienennetz (Stand des Wissens: 07.11.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?359045
Literatur
[DBAG16c] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Bahnprojekt Stuttgart - Ulm Informationsseite, 2016
[DeBu14] Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2012, 2014/02/18
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
Neubaustrecke Als Neubaustrecken bezeichnet man gänzlich neu errichtete Verkehrswege, die einem bestehenden Netz hinzugefügt werden. Im Eisenbahnwesen findet der Begriff zumeist auf für den Hochgeschwindigkeitsverkehr gebaute Strecken Anwendung, wobei diese entweder exklusiv durch Personenbeförderungsangebote oder gemeinsam mit dem Güterverkehr genutzt werden. Das konstruktive Anforderungsniveau von Neubaustrecken reicht dabei gemeinhin über die für Ausbaustrecken (ABS) geltende Anforderungen hinaus.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Eisenbahninfrastrukturunternehmen
Zur Erhaltung des Schienennetzes zählen Maßnahmen zur Instandhaltung und für die Durchführung von Ersatzinvestitionen. Grundsätzlich tragen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dabei anfallenden Kosten, werden aber nach der LuFV vom Bund mit einem bestimmten Betrag jährlich unterstützt.
Entwurfsgeschwindigkeit
Die Entwurfsgeschwindigkeit ve ist beim Entwurf von Verkehrswegen ein Richtwert, der zur bautechnischen Bemessung der Wegführung bestimmt wird. Die Entwurfsgeschwindigkeit beeinflusst verschiedene Parameter wie zum Beispiel Kurvenmindestradius, Längs- und Querneigung, Höchstlänge von Geraden, Klothoidenparameter und Kuppen- und Wannenmindesthalbmesser.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?505128

Gedruckt am Montag, 29. Mai 2023 11:29:03