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Fahrzeugbetrieb im Personenverkehr

Erstellt am: 13.08.2019 | Stand des Wissens: 16.02.2023
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Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Im Bergbau und der Landwirtschaft existieren bereits heute selbstfahrende Fahrzeuge, welche in diesen kontrollierbaren Umgebungen eine Arbeitskosteneinsparung von bis zu 90 Prozent ermöglichen und eine CO2-Vermeidung von bis zu 60 Prozent. [McK15a] Das große Potenzial, welches in autonomen Fahrzeugen steckt, soll langfristig auch im Personenverkehr entfaltet werden. Bisher sind keine vollständig autonom fahrenden Fahrzeuge im Personenverkehr zugelassen. Wer allerdings beispielsweise das "Intelligent Drive"-Paket von Mercedes nutzt, kann bereits heute im Stau bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 30 Kilometern pro Stunde an einen Stop-&-Go-Automaten übergeben - vorausgesetzt der Fahrer berührt weiterhin regelmäßig das Lenkrad. [Zeit15d]
Die Verkehrs- und Umweltauswirkungen autonomer Fahrzeuge auf den Fahrzeugbetrieb im Personenverkehr werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Zentraler Betrachtungsgegenstand ist die Möglichkeit von autonomen Fahrzeugen, die Verkehrssituation zu erfassen. Durch die Vernetzung der automatisierten Fahrzeuge untereinander können die Autos Fahrmanöver koordinieren und den Verkehrsfluss optimieren, sodass das Unfallrisiko durch die intelligenten Steuerungssysteme sinken kann. [LiVE17a, Sued16a] Außerdem können durch das Effizienzpotenzial dieser Technologie auch Staus vermieden werden (bis zu 25 Prozent weniger Staus). [AuFa16a] Dies passiert zum einen durch die Verbesserung der Fahrzeugauslastung in Verbindung mit Car- und Ridesharing-Modellen und zum anderen durch umweltfreundlichere Fahrweise und erhöhte Verkehrssicherheit, welche durch die Vernetzung erreicht wird. [ÖFIT18a] Ein weiterer betrachteter Aspekt, welcher direkt mit dem Thema Stau als größter Umweltfaktor [DeFu16a] zusammenhängt, bezieht sich auf den Umweltschutz. So könnten Emissionen und auch der Energieverbrauch autonomer Fahrzeuge durch die defensive Fahrweise des Computers und den so erhaltenen gleichmäßigen Verkehrsfluss deutlich reduziert werden. [DiDe17] Hierbei wird davon ausgegangen, dass durch die effizientere Fahrweise autonomer Fahrzeuge der Kraftstoffverbrauch gesenkt werden kann. Durch Kenntnis der Topographie und der Verkehrsverhältnisse kann der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Zudem könnte durch selbstfahrende Fahrzeuge die Parkplatzsuche entfallen, welche in der Regel sehr viel Kraftstoff verbraucht. Diese würde insbesondere durch Car- und Ridesharing-Modelle in Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen hinfällig. [LiVE17a] Im Allgemeinen ist mit einer Zunahme der Anzahl individuell genutzter autonomer Fahrzeuge und der personenbezogenen Verkehrsleistung zu rechnen. Aus diesem Grund wird den verkehrspolitischen Rahmenbedingungen bezüglich einer Bindung der Zulassung autonomer Fahrzeuge an bestimmte erhöhte Umweltstandards und deren Kontrolle in Ballungsräumen eine zentrale Bedeutung beigemessen. [BeSa16] Letztlich ist jedoch zu beachten, dass dieser Faktor insgesamt stark von der Antriebsart zukünftiger autonomer Fahrzeuge abhängt. Der Faktor der E-Mobilität ist entscheidender Dreh- und Angelpunkt dafür, dass der Umweltschutz entscheidend vorangetrieben wird. Forscher gehen davon aus, dass sich die durch den Autobetrieb verursachten Treibhausgase um bis zu 94 Prozent senken lassen und der Benzinverbrauch auf nahezu null reduziert werden kann, wenn selbstfahrende Autos nur noch rein elektrisch betrieben werden. [WiWo15a] Bei einem vollen Einsatz von Robotaxis (autonom fahrende Taxis) wäre zudem laut Boston Consulting Group eine Abgasreduktion von 80 Prozent und eine Unfallreduktion von 90 Prozent möglich. [Koss16a]
Doch durch den Aufschwung autonomer Fahrzeuge ist nicht nur mit positiven Effekten zu rechnen. So weisen Studien auch auf das voraussichtlich erhöhte Verkehrsaufkommen hin, welches durch die Zunahme der Pkw-Nutzung entstehen kann. Dies bezieht sich insbesondere auf mehr zurückgelegte Wege mit dem Auto und längere Wegestrecken mit privat genutzten Fahrzeugen. Die Tatsache, dass autonome Fahrzeuge auch Menschen ohne Führerschein (zum Beispiel Kinder oder ältere Menschen) transportieren können, was aus Sicht der individuellen Mobilität sehr positiv ist, kann letztendlich auch zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen insbesondere auf städtischen Straßen führen. [TrKo17a] Weitere Prognosen zeigen, dass die Anzahl von Fahrzeugen im Straßenverkehr infolge des autonomen Fahrens weiter ansteigen wird. Grund dafür ist, dass Menschen, die aufgrund der momentanen, von Staus, Parkplatzsuche und Gedrängel geprägten Verkehrssituation bisher auf ein eigenes Auto verzichtet haben, diese Entscheidung revidieren und sich ein autonomes Fahrzeug anschaffen könnten. Außerdem wäre es denkbar, dass sich Menschen von ihrem autonomen Fahrzeug in die Arbeit fahren lassen, es anschließend zum kostenlosen Parken in die Außenbezirke zurückschicken und sich abends wieder von ihm abholen lassen. Dies würde zu einer Verdopplung des Berufsverkehrs in den Innenstädten führen und somit zu einer weiteren Belastung der Menschen durch das erhöhte Verkehrsaufkommen. Kritische Stimmen gestehen zwar dem Car- und Ridesharing-Potenzial ein, sind aber der Meinung, dass durch die mit ihnen verbundenen Kosten-, Zeit-, und Komfortvorteile die Nachfrage nach Verkehrsdienstleistungen steigen wird und somit auch das Verkehrsaufkommen. [SMM17a]
Letztendlich ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher vorauszusagen, welche Aspekte überwiegen werden. Worüber Experten sich jedoch einig sind, ist die Tatsache, dass sich die CO2-Bilanz nur durch ein Zusammenspiel von autonomen Fahrzeugen mit elektrischen Antrieben deutlich verbessern lässt. [Delo18a]
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Verkehrs- und Umweltwirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens im Straßenverkehr (Stand des Wissens: 16.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?503150
Literatur
[AuFa16a] Autonomes Fahren & Co. (Hrsg.) US-Studie: Autonomes Fahren erhöht Verkehr, 2016/01/15
[BeSa16] Klaus J. Beckmann, Gerd Sammer Autonomes Fahren im Stadt und Regionalverkehr, 2016/10/25, Online-Referenz doi:DOI:10.13140/RG.2.2.21205.42721
[DeFu16a] Katharina Hamberger, Falk Steiner Selbstfahrende Autos in Deutschland: Offene Fragen im Gesetzentwurf, 2016/08/09
[Delo18a] Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Hrsg.) Elektromobilität vs. autonomes Fahren: Wo liegt die Zukunft?, 2018
[DiDe17] Nico Dannenberger Eine Zukunft voller autonomer Fahrzeuge, 2017/05/17
[Koss16a] Andreas Kossak Autonomes Fahren wird im Stadtverkehr auf absehbare Zeit keine Rolle spielen, 2016/11/02
[LiVE17a] LifeVERDE (Hrsg.) Autonomes Fahren zur Schonung der Umwelt?, 2017/04/11
[McK15a] McKinsey & Company (Hrsg.) McKinsey-Studie: Autonomes Fahren verändert Autoindustrie und Städte, 2015/03/03
[ÖFIT18a] Kompetenzzentrum Öffentliche Informationstechnik (Hrsg.) Autonomes Fahren, 2018
[SMM17a] Schweizer Maschinenmarkt (SMM) (Hrsg.) Mobilität ohne CO2: Ist das möglich?, 2017/10/24
[Sued16a] Markus Balser Wenn Computer Autofahrer ablösen, 2016/01/24
[TrKo17a] Dirk Heinrichs Autonomes Fahren fordert die Planung heraus, 2017/10/05
[WiWo15a] Felix Ehrenfried Kein Stau, keine Abgase: Studie zeigt, wie grün selbstfahrende Autos sein können, 2015/07/10
[Zeit15d] Dietmar H. Lamparter Autonomes Fahren: Wer hat das Kommando?, 2015/03/12
Glossar
Treibhausgase Diese in der Atmosphäre sich befindlichen Gase verhindern, dass langwellige Infrarotstrahlung auf direktem Weg von der Erdoberfläche ins Weltall gelangt. Sie verhalten sich wie Glasscheiben eines Treibhauses und heizen die Atmosphäre auf. Natürliche Treibhausgase:
  • Wasserdampf
  • Kohlendioxid
  • Ozon
  • Methan
  • Stickoxid
Vom Menschen gemachte Treibhausgase:
  • FKW
  • HFKW
  • FCKW
  • SF6
Verkehrsfluss
Unter Verkehrsfluss versteht man die Anzahl der Fahrzeuge, die eine vordefinierte Verkehrs(quer)fläche pro Zeiteinheit durchfährt.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?503059

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 09:31:06