Implikationen des automatisierten und vernetzten Fahrens
Erstellt am: 13.08.2019 | Stand des Wissens: 16.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Das automatisierte und vernetzte Fahren ist heute einer der wichtigsten Treiber der Automobilindustrie weltweit. Doch nicht nur die Industriekonzerne selbst stellen sich auf die Veränderungen durch autonome Fahrzeuge ein, auch Politik, Forschung und Gesellschaft realisieren die vielzähligen Möglichkeiten, die sich durch die neue Technologie ergeben.
Basierend auf dem von Milakis, van Arem und van Wee aufgestellten Wirkungsmodell [MivA17] kann zwischen Implikationen erster, zweiter und dritter Ordnung durch das automatisierte und vernetzte Fahren unterschieden werden. Für die Darstellung der vielzähligen Einflussgrößen wurde der sogenannte "ripple effect" zugrunde gelegt - dieser kann mit den immer größer werdenden, kreisförmigen Wellen eines ins Wasser geworfenen Steines verglichen werden. Die Implikationen erster Ordnung stehen in Zusammenhang mit der direkten Nutzung des autonomen, vernetzten Fahrzeugs (zum Beispiel Verkehrsauswirkungen, Kosten, Reiseplanung), während die Implikationen zweiter Ordnung die indirekte Nutzung beziehungsweise Umgebung betreffen (Ausgestaltung des Fahrzeugs, Ausbau der Infrastruktur oder Landnutzung). Die Implikationen dritter Ordnung beziehen sich auf die Auswirkungen auf die Gesellschaft.
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Auf die Implikationen erster Ordnung wird im Weiteren genauer eingegangen. Hinsichtlich der Kosten kann festgehalten werden, dass die Fixkosten eines autonomen Fahrzeugs signifikant höher sein werden (bis zu 3.000 US-Dollar) [FaKo15], während der Wert der Reisezeit aufgrund der vielfältigen alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten einerseits und die Betriebskosten aufgrund einer effizienteren Kraftstoffnutzung andererseits deutlich sinken werden: Diverse Untersuchungen ergaben hierbei Reduktionpotenziale für den Wert der Reisezeit von bis zu 31 Prozent durch zusätzliche Aktivitäten während der Fahrt und von bis zu 20 Prozent durch vernetzte Geschwindigkeitsprofile. [MiSn17, KhKa15] Allerdings kann eine Zunahme der Fahrzeugnutzung den Reduktionpotenzialen entgegenwirken.
Bei den Implikationen zweiter Ordnung stechen insbesondere die Auswirkungen auf die Transportinfrastruktur hervor: Nach Schätzungen diverser Autoren kann bei einer Substitution von 3 bis 14 Prozent der konventionellen Fahrzeuge durch automatisierte Sharing-Fahrzeuge die Nachfrage nach Parkplätzen um 67 bis zu 90 Prozent vermindert werden [MivA17]. Allerdings besteht Uneinigkeit bezüglich der tatsächlichen Substitution konventioneller Fahrzeuge durch automatisierte Sharing-Fahrzeuge. Eine solche Entwicklung würde ein vermindertes Bedürfnis nach Fahrzeugbesitz voraussetzen. Dies wird von verschiedenen Autoren jedoch unterschiedlich bewertet.
Für die Implikationen dritter Ordnung sehen Milakis, van Arem und van Wee [MivA17] vielzählige Ausgestaltungsdimensionen. Die mit automatisierten Fahrzeugen verknüpften Energie- und Emissionseinsparungen werden dabei durch mehrere Studien belegt: So haben Untersuchungen gezeigt, dass die Einführung eines optimierten Kraftstoffverbrauchssystems einen Rückgang des Kraftstoffverbrauchs von bis zu 31 Prozent nach sich ziehen kann und die Nutzung einer automatischen Geschwindigkeitskontrolle eine 16-prozentige Kraftstoffeinsparung verspricht [KhKa15, WuZh11]. Für die Wirtschaft sehen die genannten Autoren positive Effekte durch neu geschaffene Arbeitsplätze über alle Sektoren hinweg [FrOs17], zudem wird dem automatisierten und vernetzten Fahren eine gesundheitsverbessernde Wirkung durch verringerte Emissionen und eine erhöhte Verkehrssicherheit zugeschrieben.