Flexible Bedienformen für die Sicherstellung der öffentlichen ländlichen Mobilität
Erstellt am: 11.03.2019 | Stand des Wissens: 03.08.2023
Synthesebericht gehört zu:
Seit den 1970er Jahren werden in Deutschland flexible Bedienformen zum traditionellen Linienverkehr erprobt, um in ländlichen Regionen und Nebenzeiten die Daseinsvorsorge unter Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Kostenoptimierung zu sichern. Unter flexiblen oder bedarfsgesteuerten Bedienformen werden Dienste des öffentlichen Nahverkehrs verstanden, die sich vom klassischen fahrplan- und linienfixierten Angebot mit Standardlinienbussen abgrenzen. Mit Taxis oder kleineren Busse für maximal acht Fahrgäste zuzüglich Fahrer kann, teilweise nur nach Anmeldung, die geringe, schwer bündelbare und schwankende Nachfrage in ländlichen Räumen abgefangen und bedient werden. [Küpp11, S.33 f.] Das Angebot reagiert also flexibel auf die Nachfrage. [BBR10, S. 481] Die Einsatzmöglichkeiten flexibler Bedienungsformen stehen im engen Zusammenhang mit den Zielen, die mit der Einführung einer flexiblen Bedienform verfolgt werden. Ziele von flexiblen Bedienformen im ländlichen Raum liegen zum einen in der quantitativen und zum anderen in der qualitativen Verbesserung des Mobilitätsangebotes. Die quantitative Verbesserung bezieht sich dabei auf eine Erhöhung des Angebots des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), während zu den qualitativen Verbesserungen die Erhöhung des Fahrgastservices, Komfortgewinne und die sozialen Sicherheiten zählen.
Anzumerken ist, dass flexible Bedienformen sich nicht grundsätzlich für alle nachfrageschwachen Räume gleichermaßen eignen. Eine wichtige Rolle für die Eignung der Region bezüglich flexibler Bedienformen stellen folgende Punkte dar, die es zunächst zu prüfen gilt: [BBR10, S.479]
Anzumerken ist, dass flexible Bedienformen sich nicht grundsätzlich für alle nachfrageschwachen Räume gleichermaßen eignen. Eine wichtige Rolle für die Eignung der Region bezüglich flexibler Bedienformen stellen folgende Punkte dar, die es zunächst zu prüfen gilt: [BBR10, S.479]
- die Art der Mobilitätsbedürfnisse,
- das Fahrgastpotenzial,
- Zielgruppen für flexible Bedienformen müssen vorhanden sein.
Die Möglichkeiten der Flexibilisierung des ÖPNV-Angebots können zeitlich und/ oder räumlich erfolgen. Die zeitliche Flexibilisierung des Angebotes bezieht sich auf die Bindung an einen Fahrplan (fahrplangebunden oder nicht-fahrplangebunden), während die räumliche Flexibilisierung Aussagen über die Gestaltung des Zu- und Ausstieges sowie die Route zwischen Quell- und Zielort trifft. Zu- und Ausstiege können dabei je nach Angebotsform an den Haltestellen des traditionellen ÖPNV, an Bedarfshaltestellen oder an einem beliebigen Ort in einer Fläche (Bediengebiet) erfolgen. [BBR10]
Es wird zwischen verschieden Ausprägungen der räumlichen Flexibilisierung unterschieden. Beim Bedarfslinienbetrieb ist die Strecke wie beim Linienverkehr fest vorgegeben. Der Bedarfslinienverkehr unterscheidet sich insoweit jedoch vom Linienverkehr, als dass für die Durchführung der Fahrt eine Anmeldung notwendig ist. Eine Fahrt beziehungsweise Teile der Fahrt werden nur durchgeführt, wenn ein Fahrtwunsch existiert. [Mehl01b, S.32, BBR10]
Beim Richtungsbandbetrieb ist die Verbindung zwischen Quelle und Ziel flexibel gestaltet. Der Fahrtverlauf ergibt sich aus den Fahrtwünschen, ist aber immer richtungsgebunden. Der Richtungsbandbetrieb ermöglicht eine größere räumliche Abdeckung der Fahrtwünsche. Beim Richtungsbandbetrieb wird zwischen verschiedenen Ausprägungen unterscheiden, die in Abbildung 1 kurz erläutert werden: [BMVBS09n, S.27]
Es wird zwischen verschieden Ausprägungen der räumlichen Flexibilisierung unterschieden. Beim Bedarfslinienbetrieb ist die Strecke wie beim Linienverkehr fest vorgegeben. Der Bedarfslinienverkehr unterscheidet sich insoweit jedoch vom Linienverkehr, als dass für die Durchführung der Fahrt eine Anmeldung notwendig ist. Eine Fahrt beziehungsweise Teile der Fahrt werden nur durchgeführt, wenn ein Fahrtwunsch existiert. [Mehl01b, S.32, BBR10]
Beim Richtungsbandbetrieb ist die Verbindung zwischen Quelle und Ziel flexibel gestaltet. Der Fahrtverlauf ergibt sich aus den Fahrtwünschen, ist aber immer richtungsgebunden. Der Richtungsbandbetrieb ermöglicht eine größere räumliche Abdeckung der Fahrtwünsche. Beim Richtungsbandbetrieb wird zwischen verschiedenen Ausprägungen unterscheiden, die in Abbildung 1 kurz erläutert werden: [BMVBS09n, S.27]
- Linienabweichung,
- Linienaufweitung
- Korridor
- Sektor
Beim Flächenbetrieb wird die Fahrt auf direktem Weg von Quell- zu Zielort durchgeführt. Der Verlauf der zu fahrenden Strecke ergibt sich aus den Einstiegsorten und den Fahrtzielen der Fahrgäste. Der größte Unterschied zum Richtungsbandbetrieb besteht darin, dass die Fahrt nicht mehr richtungsgebunden ist. [BMVBS09n, S.25 ff.]
Die zeitliche Flexibilisierung beschreibt die Möglichkeit flexible Bedienformen fahrplangebunden oder nicht fahrplangebunden anzubieten. Eine Fahrplanbindung ist in verschiedenen Ausprägungen möglich. So können die Fahrzeiten für den gesamten Linienverlauf festgelegt sein oder auch nur die Abfahrtszeiten an der Starthaltestellen, nicht jedoch an den Zwischenhalten. Die Abfahrtszeiten der gewählten Starthaltestelle werden dem Fahrgast dann bei Anmeldung des Fahrtwunsches mitgeteilt. Bei nicht fahrplangebundenen Bedienformen wählt der Fahrgast die Abfahrtszeit selbst. [BMVBS09n, S.28 f.]
Im Folgenden wird die Charakteristik zu flexiblen Bedienformen dargestellt:
Im Folgenden wird die Charakteristik zu flexiblen Bedienformen dargestellt:
Der Anrufbus als Bedarfslinie
Der Anrufbus (L-Bus) bezeichnet einen durch einen fahrplangebundenen, auf einem festen Linienweg von Haltestelle zu Haltestelle verkehrenden Bus (vergleiche auch Abbildung 1). Die Haltestellen werden jedoch nur bedient, wenn ein Fahrgast seinen Einstiegswunsch vorher angemeldet hat oder ein Fahrgast an der Haltestelle aussteigen möchte. Der L-Bus wird häufig eingesetzt, um Stadt- oder Regionalbusse zu ersetzen und stellt somit meist den ersten Schritt zur Neu- bzw. Umgestaltung des bisherigen konventionellen ÖPNV-Angebots dar. [BMVBS09n, S. 30]
Der Anrufbus im Richtungsbandbetrieb (R-Bus)
Der Anrufbus im Richtungsbandbetrieb (R-Bus) verkehrt fahrplangebunden und bedient bedarfsunabhängig, also ohne vorherige Anmeldung, die Haltestellen einer Grundroute. Bei einer Anmeldung fährt der R-Bus zusätzliche Haltestellen innerhalb eines Richtungsbandes an (vergleiche Abbildung 1). Die Bedienung erfolgt grundsätzlich von Haltestelle zu Haltestelle. In Ausnahmefällen, zum Beispiel bei abgelegenen Gehöften, kann der Ausstieg auch vor der Haustür erfolgen. Durch den Einsatz der R-Busse können viele Bedarfshaltestellen zusätzlich zu den festen Haltestellen zur Grundlinie hinzugefügt werden. Dies führt zu einer Verdichtung des Haltestellennetzes. Ein Merkmal des R-Busses ist, dass der Fahrplan nicht exakt festgelegt werden kann, da die Abweichungen von der Linie nicht kalkulierbar sind. Der R-Bus kommt meist bei radialen Siedlungsstrukturen und einer höheren Einwohnerdichte zum Einsatz. [BMVBS09n, S. 31]
Das Anruf-Sammeltaxi (R-AST)
Das Anruf-Sammeltaxi im Richtungsbandbetrieb (R-AST) ist eine Bedienform, die fahrplangebunden jedoch bedarfsabhängig im Richtungsband von Bedarfshaltestellen oder festen Haltestellen zur Haustür verkehrt (vergleiche auch Abbildung 1). Das R-AST verkehrt meist im Sektorbetrieb. Die Route hängt dabei von den Fahrtwünschen der Fahrgäste ab. [VeHa06, S.4] Beim R-AST sind häufig nur die Abfahrtszeiten der Starthaltestelle festgelegt und es besteht auf Grund des Richtungsbandbetriebes die Möglichkeit das Haltestellennetz, wie beim R-Bus, durch Bedarfshaltestellen zu verdichten. Beim R-AST wird häufig ein Komfortzuschlag, der zusätzlich zum normalen Fahrpreis anfällt, erhoben. [VeHa06, S.4]
Der Anrufbus im Flächenbetrieb (F-Bus)
Unter einem Anrufbus im Flächenbetrieb (F-Bus) wird eine flexible Bedienform verstanden, die im Flächenbetrieb von Haustür zu Haustür verkehrt (vergleiche auch Abbildung 1). Der F-Bus ist nicht fahrplangebunden. Die Reihenfolge, in der die Haltestellen angefahren werden, ergibt sich aus der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Fahrtwünsche. F-Busse bieten die Möglichkeit schwer zu bündelnde Schwachverkehre abzuwickeln. Der F-Bus stellt die flexibelste Angebotsform im ÖPNV dar. Der Unterschied zum Taxi besteht darin, dass Fahrtwünsche angemeldet werden müssen und dass der Fahrtablauf nicht vom Fahrgast bestimmt werden kann. Es sind somit auch Umwege möglich. [BMVBS09n, S. 33]
Der Anrufbus im Flächenbetrieb ohne Haustürbedienung (RF-Bus)
Der Anrufbus im Flächenbetrieb ohne Haustürbedienung (RF-Bus) verkehrt auch im Flächenbetrieb, jedoch erfolgt der Zu- und Ausstieg beim RF-Bus an festen Haltestellen oder -punkten. Das Bediengebiet ähnelt dem Bediengebiet des F-Busses. Der RF-Bus kann aus genehmigungsrechtlichen Gründen oder aufgrund von Taxiunternehmen anstelle des F-Busses eingerichtet werden. [BMVBS09n, S. 34]
Die Digitalisierung ermöglicht mittlerweile auch eine app-gebundene Bestellung einiger flexibler Angebote, die auch eine Bündelung mehrerer Fahrtanfragen (Pooling) ermöglicht [DNV18c].