Besonderheiten der Mobilität im ländlichen Raum
Erstellt am: 11.03.2019 | Stand des Wissens: 27.07.2023
Synthesebericht gehört zu:
Mobilität nimmt einen zentralen Stellenwert im Leben des Menschen ein [Fran97a]. Ausgangspunkt für Mobilität ist das abgeleitete Bedürfnis nach Ortsveränderung, das entsteht, wenn menschliche Bedürfnisse und Wünsche (wie Arbeiten, Einkaufen, Schlafen) nicht am selben Ort erfüllt werden können und somit Ortsveränderungen erfordern [DIVU09, S. 17].
Ländliche Räume kennzeichnen sich durch disperse Siedlungsstrukturen und eine geringe Bevölkerungsdichte. Daraus resultiert, dass die Orte zur Befriedigung alltäglicher Bedürfnisse weit voneinander entfernt sind [DIVU09; FES18, S. 19 )]. In der ländlichen Mobilität nimmt das Auto derzeit einen bedeutenden Stellenwert ein: 66 Prozent und somit zwei Drittel aller Wege werden mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV) und nur etwa 6 Prozent aller Wege in ländlichen Regionen mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zurückgelegt [infas18; AGORA23, S. 23]. Wegen des geringen Angebots und der teilweise erheblichen Qualitätsdefizite ist der ÖPNV kaum als potenzielle Alternative zum MIV anzusehen und wird in Folge zukünftig weiter ausgedünnt oder gar ganz eingestellt werden (müssen) [KÜPP11, S. 153]. Besonders Menschen, die keinen Führerschein oder unmittelbaren Zugang zu einem eignen Auto besitzen, stellt dies vor Probleme. Das schließt vor allem Seniorinnen und Senioren, sozial Schwächere, Kinder und Menschen mit Behinderungen ein, die somit in ländlichen Räumen Mobilitätseinschränkungen erfahren. Zusätzlich kann die Unterauslastung der Mobilitätsinfrastruktur zu Kostensteigerungen für die einzelnen Nutzenden führen [Rusch23, S. 12; Reic15, S. 77].
Ursache für die Ausdünnung, beziehungsweise Stilllegung, des ÖPNV ist die aus der niedrigen Nutzerzahl und Bündelungsfähigkeit resultierende geringe wirtschaftliche Tragfähigkeit des traditionellen ÖPNV. Den Finanzierungsschwierigkeiten stehen jedoch sozialstaatliche Ziele wie die Sicherung der Daseinsvorsorge und gleichwertiger Lebensverhältnisse gegenüber. Somit hat der ÖPNV eine wichtige gesellschaftliche Funktion (wenn auch keine Pflicht), die gerade im ländlichen Raum darin besteht, ein gewisses Maß an Mobilität für alle Gesellschaftsmitglieder und damit gesellschaftliche Teilhabe zu garantieren [StKü10, 2010, S. 23; RegG].
Um dies im Einklang mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit zu gewähren, ist es jedoch notwendig, den ÖPNV effizienter zu gestalten. Mit der Regionalisierung des ÖPNV im Jahr 1996 (Planungskompetenz und Finanzverantwortlichkeit des ÖPNV an Länder und Kommunen), der Einführung des Wettbewerbs und der Erhöhung der öffentlichen Zuschüsse konnte das Angebot teilweise erhalten und innovative, bedarfsgesteuerte und an lokale Gegebenheiten angepasste alternative Bedienformen eingeführt werden [StKü10, S. 31].