Schallschutzmaßnahmen an Schienenfahrwegen
Erstellt am: 27.06.2003 | Stand des Wissens: 31.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die bisher dominierende Form des Lärmschutzes im Schienenverkehr bilden Maßnahmen, die streckenseitig im sogenannten Transmissionsbereich oder gar erst im Immissionsbereich ansetzen. Dabei geht es nicht um den Versuch, die Entstehung des Schalls zu verhindern, sondern stattdessen die Weiterleitung des Schalls von der Quelle zum Empfänger zu blockieren beziehungsweise zu hemmen.
Man unterscheidet aktive und passive Maßnahmen. Als aktiv gelten Ansätze, wenn sie direkt am Verkehrssystem Bahn (Fahrzeug oder Fahrweg) wirken. Beispiele hierfür sind fahrzeugseitige Laufwerksschürzen oder Schallschutzwände und -wälle. Aber auch der bereits in der Planungsphase berücksichtigte Lärmschutz, wie die Trassenführung in Tunnel oder Einschnitten, das Abrücken des Verkehrsweges von der schutzbedürftigen Bebauung oder die Verwendung lärmmindernder Gleiskörper zählen zum aktiven Instrumentarium.
Abb. 1: Aktive und passive Schallschutzmaßnahmen [BMVBW02l, S. 3]
Passive Maßnahmen sind dagegen schalldämmende Veränderungen an vom Lärm betroffenen Gebäuden - sie setzen also erst im Immissionsbereich an. Hierzu zählen der Einbau von Schallschutzfenstern und -türen sowie die Dämmung von Außenwänden und Dächern. Da eine verbesserte Schallisolierung der Gebäude nur bei geschlossenen Fenstern wirksam ist, werden je nach den örtlichen Gegebenheiten zusätzlich lärmgedämpfte Lüftungen installiert [DBAG11l, S. 10; BMVI19as, S. 21].
Grundsätzlich sind aktive Maßnahmen vorzuziehen, da sie nicht nur Innenräume, sondern auch den Außenbereich abschirmen und selbst bei geöffneten Fenstern Schallschutz bieten. Teilweise wird der Bau von Schallschutzwänden jedoch aus städtebaulichen, topographischen, technischen oder wirtschaftlichen Gründen abgelehnt, sodass passive Schallschutzelemente zum Einsatz kommen [DBAG11l, S. 8 f.].
Vergleich mit lärmverhindernden Maßnahmen
Im Gegensatz zum Einsatz leiserer Schienenfahrzeuge (Schallvermeidung) wirken streckenseitige Schallschutzmaßnahmen nur im ortsgebundenen und im kleinräumigen Nahbereich. Dies verbessert die Wirtschaftlichkeit der schallvermeidenden Maßnahmen ganz erheblich. Hecht nimmt an, dass die für denselben Effekt benötigten Investitionen in lärmmindernde Technologien nur 30 Prozent der Kosten für Schallschutzmaßnahmen betragen [Hech12]. Diese neuen Erkenntnisse bewirkten eine Neubewertung der bisherigen Maßnahmen durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und führten dazu, dass künftig die Verringerung des Schienenverkehrslärms durch Lärmschutz an der Quelle im Vordergrund steht [BMVI19as, S. 37]. Die in der Bundesrepublik Deutschland und auch allgemein in Europa vollzogene Schwerpunktsetzung bei konventionell ortsfesten Schallschutzmaßnahmen geht zurück auf das nur langfristig veränderbare Emissionsverhalten des europäischen Schienenfahrzeugparks. Kurzfristig stellen die genannten Instrumente die einzige Möglichkeit dar, die gewünschten Lärmbelastungsreduzierungen zu erreichen [HeRu00, S. 6].