Chicago Regeln und internationale Akteure der Luftverkehrspolitik
Erstellt am: 13.11.2018 | Stand des Wissens: 07.05.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Die Geschichte der internationalen Luftfahrtinstitutionen beginnt mit dem Pariser Luftfahrtabkommen aus dem Jahr 1919 für internationale Flugrechte, auf dessen Grundlage die International Commission for Air Navigation (die frühere ICAN) zur Überwachung von Lufträumen und Überflugrechten gegründet wurde [NvW99]. Zu dieser Zeit bis hin zur Deregulierungsbewegung in der USA im Jahr 1978 war der weltweite Luftverkehr durch nationale Flugverkehrsgesellschaften geprägt, die ähnlich den nationalen Eisenbahnunternehmen oft im Besitz der Staaten und durch gesetzliche Regelungen vor Konkurrenz weitgehend geschützt waren.
Grundlegend für die heutige Ordnung des internationalen Luftverkehrs war das Chicagoer Abkommen im Jahr 1944. In ihr wurden die Regulierungsgrundsätze aus dem Jahr 1919 international verbindlich fortgeschrieben und die ICAN durch die neu gegründete Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) abgelöst [Mens13, S.38]. Das oberste Entscheidungsgremium der ICAO ist die Versammlung von Vertretern aller Mitgliedsstaaten, die mindestens alle drei Jahre zusammentritt. Zu ihren Aufgaben zählt unter anderem die laufende Weiterentwicklung des Chicagoer Abkommens. Zur Verhandlung bilateraler und multilateraler Verkehrsabkommen wurde im Jahr 2008 die ICAO Air Services Negotiation Conference (die heutige ICAN) als zentraler Treffpunkt eingerichtet. [ICAO16]
Auf der Konferenz von Chicago wurde der Luftverkehr als konsortiale Versorgungsleistung der Weltgemeinschaft im Sinne der internationalen Verständigung und des Weltfriedens konzipiert. Hierzu wurden neun Freiheiten der Luft definiert, die mit aufsteigendem Liberalisierungsgrad Rechte zu internationalen Flügen und zur Beförderung von Passagieren und Fracht im Ausland regeln. Dem Konsortialgedanken entsprechend beruhte die Einräumung von Verkehrsrechten grundsätzlich auf Gegenseitigkeit. Die Entwicklung des weltweiten Luftverkehrsnetzes und der Kapazitäten wurde von den überwiegend staatlichen Fluggesellschaften innerhalb der ebenfalls neu gegründeten International Air Transport Association (IATA) abgesprochen und mit Hilfe bilateraler Verkehrsabkommen zwischen den beteiligten Staaten umgesetzt. Insbesondere sollte auf internationalen Verbindungen auch das Umsteigen zwischen den Fluggesellschaften der beiden Staaten ermöglicht werden (Interlining). Zu diesem Zweck wurde auch die Tarifkoordination für Umsteigeverbindungen im Rahmen der IATA-Verkehrskonferenzen festgelegt und fortgeführt.
Die zwischen den Staaten geschlossenen Verträge wurden in der World Air Services Agreements-Datenbank (WASA) dokumentiert.
Bis zur Deregulierungsbewegung wurden in den bilateralen Abkommen der Staaten auch die jeweiligen nationalen Fluggesellschaften, die den Verkehr abwickeln sollten, namentlich genannt, so dass etwaige kleinere Unternehmen in einem der Länder hiervon nicht profitieren konnten.
Neben dem bereits genannten Verband der Fluggesellschaften IATA gibt es eine Reihe weiterer einflussnehmender internationaler Verbände und Organisationen, darunter den Airports Council International (ACI) der Flughäfen.