Chicago Regeln und internationale Akteure der Luftverkehrspolitik
Erstellt am: 13.11.2018 | Stand des Wissens: 12.07.2023
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Die Geschichte der internationalen Luftfahrtinstitutionen beginnt mit dem Pariser Luftfahrtabkommen aus dem Jahr 1919 für internationale Flugrechte, auf dessen Grundlage die International Commission for Air Navigation (die frühere ICAN) zur Überwachung von Lufträumen und Überflugrechten gegründet wurde [NvW99]. Zu dieser Zeit bis hin zur Deregulierungsbewegung in den Vereinigten Staaten (USA) im Jahr 1978 war der weltweite Luftverkehr durch nationale Flugverkehrsgesellschaften geprägt, die ähnlich den nationalen Eisenbahnunternehmen oft im Besitz der Staaten und durch gesetzliche Regelungen vor Konkurrenz weitgehend geschützt waren.
Die Basis für die heutige Ordnung des globalen Luftverkehrs legte das Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) im Jahr 1944. In ihm wurden die Regulierungsgrundsätze aus dem Jahr 1919 international verbindlich fortgeschrieben und die ICAN durch die neu gegründete Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) abgelöst [Mens13]. Das oberste Entscheidungsgremium der ICAO ist die Versammlung von Vertretern aller Mitgliedsstaaten, die mindestens alle drei Jahre zusammentritt. Zu ihren Aufgaben zählt unter anderem die laufende Weiterentwicklung des Chicagoer Abkommens. Zur Verhandlung bilateraler und multilateraler Verkehrsabkommen wurde im Jahr 2008 die ICAO Air Services Negotiation Conference (die heutige ICAN) als zentraler Treffpunkt eingerichtet [ICAO16].
Auf der Konferenz von Chicago wurde der Luftverkehr als konsortiale Versorgungsleistung der Weltgemeinschaft im Sinne der internationalen Verständigung und des Weltfriedens konzipiert. Hierzu wurden neun Freiheiten der Luft definiert, die mit aufsteigendem Liberalisierungsgrad Rechte zu internationalen Flügen und zur Beförderung von Fluggästen und Luftfracht im Ausland regeln. Dem Konsortialgedanken entsprechend beruhte die Einräumung von Verkehrsrechten grundsätzlich auf Gegenseitigkeit. Die Entwicklung des weltweiten Luftverkehrsnetzes und der Kapazitäten wurde von den überwiegend staatlichen Fluggesellschaften innerhalb der im Jahr 1945 ebenfalls neu gegründeten International Air Transport Association (IATA) abgesprochen. Die Umsetzung erfolgte mithilfe bilateraler Verkehrsabkommen zwischen den beteiligten Staaten. Insbesondere sollte auf internationalen Verbindungen auch der Umstieg zwischen den Fluggesellschaften der beiden Staaten ermöglicht werden (Interlining). Zu diesem Zweck wurde auch die Tarifkoordination für Umsteigeverbindungen im Rahmen der IATA-Verkehrskonferenzen festgelegt und fortgeführt.
Die zwischen den Staaten geschlossenen Verträge wurden in der World Air Services Agreements-Datenbank (WASA) dokumentiert. Bis zur Deregulierungsbewegung wurden in den bilateralen Abkommen der Staaten auch die jeweiligen nationalen Fluggesellschaften, die den Verkehr abwickeln sollten, namentlich genannt, sodass etwaige kleinere Unternehmen in einem der Länder hiervon nicht profitieren konnten.
Neben dem bereits genannten Verband der Fluggesellschaften (IATA) gibt es eine Reihe weiterer einflussnehmender internationaler Verbände und Organisationen, darunter den Airports Council International (ACI) der Flughäfen.