Akteurslandschaft der Sektorkopplung
Erstellt am: 19.10.2018 | Stand des Wissens: 11.12.2023
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Entsprechend dem breiten und tiefgreifenden Einfluss der Energiewende auf Wirtschaft und Gesellschaft ist die für die Sektorkopplung relevante Akteurslandschaft ausgesprochen vielschichtig und in ihren Zielsetzungen divers. Sie kann hier nur durch eine Einordnung wichtiger Gruppen von Stakeholdern anhand beispielhafter Institutionen beschrieben werden. Dem Trialog Sektorkopplung von der Stromwende zur Energiewende der Humboldt-Viadrina Governance Platform vom 11. Juli 2016 folgend, der eine Vielzahl wichtiger Akteure zum Austausch zusammenbrachte, lassen sich Stakeholder in vier wesentlichen Bereichen identifizieren:
- Politik
- Wissenschaft
- Wirtschaft
- Zivilgesellschaft
Abbildung 1 verdeutlicht, dass diese Einordnung nicht überschneidungsfrei ist.
Abb. 1: Akteurslandschaft zur [STH16]
Institutionen der Bundes- und Landespolitik nehmen bei der Sektorkopplung eine Schlüsselstellung ein. Ministerien wie das Bundesministerum für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), das Bundesministerum für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerum für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) einschließlich ihrer nachgeordneten Behörden wie Umweltbundesamt (UBA) und Bundesnetzagentur (BNetzA) sind verantwortlich für Gesetzesvorhaben, Regulierungs- und Umsetzungsfragen. Bislang fallen die Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr zumeist unter verschiedene gesetzliche Regelungen, und die instiutionellen Zuständigkeiten sind auf unterschiedliche Akteure verteilt [Wiet18, S. 19]. Das erschwert die Schaffung eines adäquaten Regulierungsrahmens.Über ihre Regulierungskompetenzen hinaus sind die Ministerien wichtige Auftraggeber für wissenschaftliche Forschung zur Sektorkopplung durch Dritte; die ihnen nachgeordneten Behörden beauftragen ebenfalls Forschungsvorhaben zum Thema und betreiben selbst Ressortforschung. Beispielhaft sei auf die Studien [ISI17] und [ISI17a] im Auftrag des BMWi, [WiGn17] für das BMVI und [UBA14d] verwiesen.
Wissenschaftliche Institutionen und gelegentlich auch Einzelpersonen wie [Quas16] stehen vor der Aufgabe, denkbare Wege zu einem verkoppelten System für andere Stakeholder aufzuzeigen. Zur Sektorkopplung forschen öffentlich-rechtliche Körperschaften, zum Beispiel Universitätsinstitute, wie von der Technischen Universität Berlin, eingetragene Vereine wie die verschiedenen Zweige der Fraunhofer Gesellschaft e.V., gemeinnützige GmbHs wie Agora Energiewende und Agora Verkehrswende und rein privatwirtschaftliche Organisationen wie die Prognos AG, Frontier Economics oder die enervis GmbH. Kennzeichnend für umfangreichere Untersuchungen zur Sektorkopplung sind Kooperationen zwischen verschiedenen Forschungsinstitutionen, um die relevanten Fragestellungen in aller thematischen Breite und Tiefe abzudecken.
Auch die Wirtschaft hat ein vitales Interesse am Thema der Sektorkopplung. Ohne die Unternehmen aus den Sektoren Energie, (zum Beispiel Energieerzeuger und -versorger, Netzbetreiber, Hersteller von Windturbinen und Solarpanels), Wärme (etwa Immobiliengesellschaften und Stadtwerke), Mobilität (beispielsweise aus der Automobilindustrie) und Chemie ist das angestrebte Ziel einer engeren Verkopplung dieser Sektoren nicht umzusetzen. Als Interessenvertretung der Unternehmen fungieren oft Verbände wie der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHK), der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) sowie zahlreiche kleinere Verbände wie der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V. (B.KWK), der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) und der Mineralölwirtschaftsverband e.V. (MWV). Als Interessensvertretung der europäischen Ladeinfrastrukturanbieter für Elektrofahrzeuge fungiert dazu der im Jahr 2020 gegründete Verband ChargeUp Europe. Diese Interessenvertretungen geben auch einschlägige Forschungsarbeiten in Auftrag, wie der BDI die Studie [BCPr18] und der MWV als einer der Mittelgeber für die Untersuchung [PrUD18].
Die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz spielt eine zentrale Rolle für das Gelingen einer verstärkten Sektorkopplung. Konkret wird das zum Beispiel in der umfangreichen Beteiligung der Öffentlichkeit an den Ausbauplanungen der Bundesnetzagentur für Energienetze. Zu den relevanten Akteuren aus der organisierten Zivilgesellschaft zählen auch Verbraucherzentralen, Gewerkschaften, Stiftungen mit einschlägigen Zielsetzungen wie die Mercator-Stiftung, Vereine wie das Forum für Ökologische Marktwirtschaft e.V. und Umweltschutzorganisationen wie der BUND und der NABU. Nur unter Mitwirkung derartiger Organisationen kann die Ausgestaltung der Sektorkopplung dem Anspruch gerecht werden, Rücksicht auf wesentliche Interessenlagen der Bevölkerung zu nehmen.