Brennstoffzellenantriebe / Wasserstoffmobilität im Kontext der Sektorkopplung
Erstellt am: 05.10.2018 | Stand des Wissens: 03.11.2021
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Brennstoffzellenantriebe basieren auf Elektromotoren, deren Energiequelle Wasserstoff ist. In der Brennstoffzelle reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasserdampf, wodurch elektrische Energie frei wird. Mit dieser Energie wird der Elektromotor angetrieben und / oder einer Batterie mit kleiner Kapazität zur Zwischenspeicherung aufgefüllt. Als Beiprodukt entsteht nur Wasserdampf, sodass diese Antriebsform ebenso wie batterieelektrische Fahrzeuge frei von Emissionen lokaler Schadstoffe ist, vgl. z.B. [SRU17, S. 83]. Wasserstoff kann prinzipiell durch großtechnisch bewährte Elektrolyseverfahren aus regenerativer Energie und Wasser gewonnen werden.
Vorteile gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine höhere Reichweite und eine raschere Betankung, vgl. etwa [ESYS17, S. 28]. Nachteilig wirkt sich der deutlich geringere Wirkungsgrad über die Prozesskette aus: Im Vergleich zu einem batterieelektrischen Fahrzeug benötigt ein Brennstoffzellenfahrzeug etwa die doppelte Menge Ausgangsenergie für die gleiche Strecke, vgl. Abbildung 1. Dies ist den Verlusten bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff, dem Transport und der Verteilung sowie bei der Rückkonversion in Strom im Fahrzeug geschuldet. Darüber hinaus sind Brennstoffzellenfahrzeuge derzeit in der Anschaffung deutlich teurer als batterieelektrische, vgl. [ESYS17, S. 29]. [BCPr18, S. 51] urteilen, dass dem Brennstoffzellenantrieb die technologische Reife fehlt, um vor 2030 in größerem Umfang kosteneffizient eingesetzt werden zu können. Ein etwas größeres, langfristigeres Potential des Brennstoffzellenantriebs als im Pkw-Bereich sehen [ESYS17, S. 29] für den Güterfernverkehr, da der Vorteil der höheren Reichweite gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen stärker ins Gewicht fällt.
Die meisten Langfristszenarien rechnen bei Pkw mit einem deutlichen Übergewicht rein batterieelektrischer Fahrzeuge gegenüber Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb. Der Umfang des Einsatzes von Brennstoffzellenfahrzeugen variiert jedoch in den Studien. So sehen [BCPr18, S. 180] das Potential für Brennstoffzellenfahrzeuge aufgrund ihrer inhärent schlechteren Energieeffizienz im Personenverkehr auf (wenige) Vielfahrer im Langstreckenverkehr und ein hochmotorisiertes Luxussegment begrenzt. [DeEw18] hingegen gehen in ihren Zielszenarien von einer substantiellen Wasserstoffnachfrage des Verkehrssektors von ca. 18-27 TWh im Jahr 2030 und 92-120 TWh im Jahr 2050 aus. Dies spiegelt sich in vergleichsweise hohen Anteilen von Brennstoffzellenfahrzeugen zwischen 16% und 28% der Pkw-Flotte 2050 wider, wie Abbildung 1 deutlich macht.
In Kontrast zu diesen Aussagen steht ein Positionspapier der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität vom März 2021, welches schlussfolgert, dass die Chancen für den Durchbruch der Wasserstofftechnologie in Europa besser denn je sind. Dies schreibt sie einer erhöhten technologischen Reife, Synergiepotenzialen mit weiteren Wasserstoffanwendungen und Industrien, veränderten politischen Rahmenbedingungen sowie neuen politischen Zielsetzungen zu. Das größte Potential schreibt die Plattform dem Bereich der Schwerlastanwendungen zu, vgl. [NPM21]. In einer Stellungnahme von Juni 2021 betont der Sachverständigenrat für Umweltfragen die Notwendigkeit einer kompletten Fokussierung auf grünen Wasserstoff erzeugt aus Wind und Sonne. Da die Herstellung von grünem Wasserstoff jedoch auch mit Umweltauswirkungen wie ein großer Verbrauch von Strom und Wasser einhergeht, wird zu einer staatlichen Förderung nur in den Bereichen geraten, in welchem sein Einsatz langfristig notwendig ist, d.h. in der chemischen Industrie, der Stahlindustrie sowie dem internationalen Schiffs- und Flugverkehr, vgl. [SRU21].

Ursache dieser Divergenzen über verschiedene Studien hinweg dürften vor allem voneinander abweichende Annahmen über die zu erwartenden technisch-ökonomischen Entwicklungen sein, insbesondere zu den künftigen Bau- und Betriebskosten von Elektrolyseuren und Brennstoffzellenfahrzeugen.
Eine Wasserstoffinfrastruktur zur Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen ist bisher nur rudimentär vorhanden. Der Ausbau wird jedoch durch das Industrie-Joint-Venture H2 Mobility flächendeckend vorangetrieben. Im Juni 2021 waren 91 Wasserstofftankstellen mit der Standard-Betankungstechnologie von 700 bar für Pkw in Deutschland in Betrieb. Diese Anzahl soll 2021 noch auf 100 ansteigen. Damit soll das Kernnetz der transeuropäischen Verkehrswege abgedeckt und europaweite Mobilität mit Brennstoffzellen-Pkw ermöglicht werden. Danach soll der weitere Ausbau in Abhängigkeit der Entwicklung des Fahrzeugbestandes erfolgen, sodass bis zum Jahr 2025 deutschlandweit insgesamt bis zu 400 Tankstellen verfügbar wären, vgl. [BMVI16t].