Problemfelder
Erstellt am: 29.08.2018 | Stand des Wissens: 25.10.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Es ergeben sich verschiedene Hemmnisse und Schwierigkeiten für die Umsetzung des betrieblichen Mobilitätsmanagements (BMM). Ein wichtiges Problemfeld, das dem BMM vorausgeht und dessen Grundlage schafft ist die Standortwahl. Die Standortwahl bei gewerblichen Nutzungen hängt von vielen Faktoren ab. Ein wesentlicher Faktor dabei ist die verkehrliche Situation, also die Erreichbarkeit für Beschäftigte, für dienstliche und geschäftliche Wege und für Kunden (vgl. [Prog00]). Aus Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit sind verkehrlich "integrierte Lagen" günstiger zu beurteilen. Für Betriebe ist es auf den ersten Blick oft einfacher, Standorte "auf der grünen Wiese" zu wählen. Diese Standorte zeichnet aus, dass sie gut mit dem Auto, jedoch schlecht mit dem ÖPNV und mit dem Rad oder zu Fuß zu erreichen sind. Aus diesem Grund erzeugt die Standortwahl "auf der grünen Wiese" insgesamt einen Zuwachs im Autoverkehr. Dabei müssen für den Standort "auf der grünen Wiese" in der Regel neue Verkehrsanlagen errichtet oder bestehende Verkehrsanlagen mit erheblichen Kosten ertüchtigt werden, während die Erschließung von Verkehrsanlagen in "integrierten Lagen" bereits gesichert ist und in geringerem Maße neu finanziert werden muss. Gegebenenfalls werden für einen neuen Standort in "integrierter Lage" im Vergleich sogar weniger neue Flächen versiegelt. Problematisch ist dabei jedoch, dass integrierte Lagen oft über keine nennenswerten Erweiterungsflächen verfügen und dort durch den Verkehr bereits häufig hohe Lärm- und Luftschadstoffbelastungen vorhanden sind. Dadurch kann der Neuverkehr zu einem Problem werden. Mobilitätsmanagement bietet in diesen integrierten Lagen allerdings die Chance, den Kfz-Verkehr zu reduzieren und durch geeignete Maßnahmen den ÖPNV, das zu Fuß gehen und das Radfahren zu fördern. Die Stellplatzregelungen in der Baugenehmigung können bei einem kooperativen Vorgehen der Akteure dazu genutzt werden, durch eine Absicherung von Mobilitätsmanagement-Maßnahmen die Zahl der erforderlichen Stellplätze zu reduzieren. Anstatt Ablösezahlungen zu fordern, könnten in diesen Standorten auch innovative Regelungen gefunden werden, die der Förderung umweltfreundlicher Mobilität an diesem Standort direkt zugutekommen.
Da betriebliches Mobilitätsmanagement in Deutschland eine freiwillige Maßnahme ist, wird es nur bei bestimmten Rahmenbedingungen beziehungsweise Konstellationen aufgegriffen und angegangen. In den Betrieben fehlt teilweise ein Problembewusstsein für das von ihnen erzeugte Verkehrsaufkommen. Betriebe weisen die Verantwortung von sich und sehen allein die Verwaltung als dafür zuständig an Verkehrsprobleme zu lösen (vgl. [LWFB03]). Städte und Kommunen müssten daher erst ein Bewusstsein für das Verkehrsaufkommen und die Möglichkeiten des Mobilitätsmanagements bei den Betrieben schaffen. Ohne einen von den Betrieben wahrgenommenen Problemdruck (etwa durch Engpässe in der Verkehrsinfrastruktur, Stellplatzknappheit, Umweltschutz) kann es mitunter schwer sein, Betriebe für das Thema zu gewinnen (vgl. [RoMe99], S. 272). Daher sollten geeignete Zeitpunkte (zum Beispiel Betriebserweiterungen, -gründungen, -umzüge) oder Anlässe (wie Luftreinhalteplanung) genutzt werden, um Betriebe für die Möglichkeiten des Mobilitätsmanagements zu sensibilisieren (vgl. [ILSDP07]; [ILS01a]). "Gleichzeitig unterschätzen viele Unternehmen die positiven Auswirkungen von gesundheitsförderndem Radfahren und stau- und stressfreier ÖPNV-Nutzung im Arbeitsalltag" ([DIHK16], S. 6).