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Zusammenwirken der Akteure bei vernetzten Mobilitätsangeboten

Erstellt am: 24.04.2018 | Stand des Wissens: 10.07.2019
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Kommunikationswirtschaft, Prof. Dr. Ulrike Stopka

Über lange Zeit waren Konzepte wie das Carsharing überwiegend ehrenamtlich organisiert und werden erst seit kurzem von professionellen Organisationen geführt. Aufgrund dessen hat sich die Anbieterseite in den letzten Jahren stark verändert. Zum einen haben sich die vorherrschenden Fahrzeugkonzepte verändert, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung von Elektrofahrzeugen. Zum anderen kommen immer wieder neue Systeme auf den Markt. Auch Kooperationen zwischen lokalen und öffentlichen Verkehrsunternehmen können im Zuge der Professionalisierung der Konzepte beobachtet werden. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit von Anbietern des öffentlichen Verkehrs und Carsharing-Betreibern, da das Angebot und die Qualität des öffentlichen Verkehrs wesentliche Erfolgsfaktoren für das Carsharing darstellen. Insgesamt könnten Mobilitätsalternativen durch derartige Kooperationen gestärkt werden. Ziel dabei ist, den Verzicht auf ein eigenes Auto zu unterstützen. [PaRi16, S. 58 f.] Sowohl Carsharing-Kunden als auch den Kunden des öffentlichen Personennahverkehrs sind daher sich sinnvoll ergänzende Mobilitätsangebote in unmittelbarer räumlicher Nähe anzubieten. Eine Untersuchung von Stillwater zeigt, dass die Nutzungsintensität einer Carsharing-Station ansteigt, je näher sie sich an einer Stadtbahnhaltestelle befindet. Ziel dieser Kooperationen ist die Entwicklung gegenseitiger Synergien.  [StMo09, S. 27 ff.; PaRi16, S. 59]
Die Kunden sind als Konsumenten eines individualisierten Mobilitätsangebots die wichtigsten Akteure sowohl im Hinblick auf das jeweilige Geschäftsmodell als auch auf die gewünschten Umweltwirkungen. Ein positiver Umwelteffekt tritt dabei nur ein, wenn Kunden, die vom eigenen Auto beispielsweise auf das Carsharing umsteigen, generell seltener Auto fahren. [LoMo06, S. 365 f.] Darüber hinaus unterliegt die Nachfrage nach individualisierten Mobilitätsangeboten gesellschaftlichen Trends und sich verändernden Konsummustern, die gegenwärtig durch das Phänomen "Nutzen statt Besitzen" beschrieben werden können. [PaRi16, S. 60]

Auch die Zulieferer von wichtigen Komponenten wie beispielsweise (Elektro-)Fahrzeuge, Batterien oder Carsharing-Software aber auch Stromproduzenten, Netzbetreiber und Informations-Dienstleister sind nennenswerte Stakeholder. Weitere Akteure sind Fördermittelgeber wie Bund, Länder und Kommune, die die Angebote finanzieren. Die Unterstützung durch die Kommunalverwaltung ist für die Anbieter fundamental, da Entscheidungen bezüglich Stellplätzen oder Ladeinfrastruktur auf öffentlichem Grund nur mit Zustimmung der Kommune getroffen werden können. So haben zum Beispiel zahlreiche Städte wie Berlin, München und Weimar kommunale Lösungen geschaffen, um Stellplätze im öffentlichen Straßenraum für die in der jeweiligen Kommune aktiven Carsharing-Anbieter bereitzustellen. [PaRi16, S. 62 f.]

Neben den Kommunen arbeiten auch Bund und Länder an rechtlichen Rahmenbedingungen. Im September 2017 wurde das Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharings erlassen. Dieses soll unter anderem den Behörden vor Ort die Ausweisung von Parkflächen für Carsharing-Fahrzeuge auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage ermöglichen. "So sind Bevorrechtigungen [...] für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen und im Hinblick auf das Erheben von Gebühren für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen" möglich. [§ 3 Abs. 2 CsgG] Darüber hinaus können Bund und Länder auch mittels verschiedener Förderprogramme als Kapitalgeber fungieren.
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Literatur
[LoMo06] Loose, Willi, Mohr, Mario, Nobis, Claudia Assessment of the Future Development of Car
Sharing in Germany and Related Opportunities, veröffentlicht in Transport Reviews, Ausgabe/Auflage Vol. 26, No. 3, 2006/05
[PaRi16] Parzinger, Gerhard, Rid, Wolfgang, Müller, Ulrich, Grausam, Michael, Elektromobilität im Carsharing - Status Quo, Potenziale und Erfolgsfaktoren, 2016/05
[StMo09] Stillwater, Tai, Mokhtarian, Patricia, Shaheen, Susan Carsharing and the Built Environment: Geographic Information System-Based Study of One U.S. Operator, veröffentlicht in Transportation Research Record: Journal of the Transportation Research Board, Ausgabe/Auflage No. 2110, 2009
Rechtsvorschriften
[CsgG] Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing (Carsharinggesetz - CsgG)
Glossar
Stakeholder Stakeholders sind alle internen und externen Personengruppen, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind. Gemäß Stakeholder-Ansatz wird ihnen - zusätzlich zu den Eigentümern (Shareholders) - das Recht zugesprochen, ihre Interessen gegenüber der Unternehmung geltend zu machen. Eine erfolgreiche Unternehmungsführung muss die Interessen aller Anspruchsgruppen bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Geschäftsmodell
Ein Geschäftsmodell besteht allgemein aus den drei Hauptkomponenten Nutzenversprechen (value proposition), Architektur der Wertschöpfung und Ertragsmodell.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?482944

Gedruckt am Sonntag, 1. Oktober 2023 01:51:20