Europäische Luftverkehrspolitik
Erstellt am: 06.02.2018 | Stand des Wissens: 18.07.2023
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Die europäische Luftverkehrspolitik basiert auf den Grundsätzen und Zielen des europäischen Binnenmarktes. Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie von diesen in den internationalen Raum sollen Flugverbindungen hoher Qualität (einschließlich deren landseitiger Verkehrsanbindungen) ermöglicht werden [MaTh18]. Die Effizienz des Luftverkehrssektors innerhalb Europas ist zu erhöhen und die europäische Verhandlungsposition auf internationaler Ebene zu stärken [EESC15]. Externe Kosten des Luftverkehrs sind diesem anzulasten.
Außerdem ist im Binnenmarkt fairer Wettbewerb auf den Ebenen der Luftverkehrsunternehmen, der Flughafenstandorte und auf anderen Ebenen sicherzustellen. Ein Level Playing Field, also die Gleichbehandlung von in Europa befindlichen Unternehmen, ist zu schützen, um die gesamteuropäische Wirtschaft zu stärken. Öffentliche Subventionen sollten nur dann zugelassen werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, wie beispielsweise im Fall der Rettung der Lufthansa während der COVID-19-Pandemie. Dabei unterstütze der Bund das Unternehmen im Jahr 2020 mit einem Stabilisierungspaket von insgesamt 9 Milliarden Euro, bestehend aus stillen Einlagen und Aktien. Nachdem zunächst im November 2021 die stillen Einlagen samt Zinszahlungen (92 Millionen Euro) vollständig an den Bund zurückgezahlt wurden, konnten ein Jahr später auch alle vom Bund erworbenen Aktien wieder bei privaten Anlegern platziert werden. Durch eine Aktienbeteiligung von 20 Prozent am Unternehmen (306 Millionen Euro) verbuchte der Bund mit dem Verkauf der Aktien im Jahr 2022 für 1,07 Milliarden Euro unter dem Strich ein Plus von 760 Millionen Euro aus Aktien [Tage22a, Focu22, SZ20].
Im Rahmen der europäischen Liberalisierungsbewegung im Luftverkehr wurde im letzten von drei Paketen (in den Jahren 1987, 1990, 1993) der gesamte innereuropäische Luftverkehr der EU für den Wettbewerb geöffnet. Dies wirkte sich auch auf nachgelagerte Märkte aus. Im Jahr 1996 wurde zudem der Markt für Bodenverkehrsdienste geöffnet. Der Wettbewerb sollte zu höheren Servicestandards und niedrigeren Preisen führen.
Die Flugsicherung liegt zwar traditionell im Aufgabenbereich der einzelnen Länder, doch versucht die Europäische Kommission bereits seit dem Jahr 2004 im Rahmen eines einheitlichen europäischen Luftraums (Single European Sky (SES)) die verschiedenen Lufträume zu integrieren und Synergien zu erzeugen. Neben dem Sicherheitsniveau soll dabei auch die Leistungsfähigkeit gesteigert werden, um Kapazitätsengpässe abzubauen [Mens13b].
Zur Anlastung externer Kosten des Luftverkehrs wurde dieser im Jahr 2012 in das europäische Zertifikatshandelssystem Emissions Trading System (ETS) für den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß eingegliedert. Die ursprüngliche Konzeption führte zu internationalen Diskussionen und der internationalen Initiative CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation). Die CORSIA-Initiative ist in drei Phasen gegliedert: Eine Pilot-Phase (2021 bis 2023), eine erste Phase (2024 bis 2026) und eine zweite Phase (2027 bis 2035). In den ersten beiden Phasen (2021 bis 2026) ist eine freiwillige Teilnahme möglich. Zum 1. Januar 2023 haben 115 Staaten die Absicht bekundet, sich an CORSIA zu beteiligen [ICAO23].
Im Jahr 2015 befasste sich im Auftrag der Europäischen Kommission ein Ausschuss mit der Ausweitung einer integrierten europäischen Luftverkehrspolitik auf Nicht-EU-Staaten beziehungsweise auf die gesamte geografische Region und verfasste eine Stellungnahme [EESC15]. Unter der Führung der Europäischen Kommission sollten demzufolge die dazugehörigen Länder in der EU-Luftverkehrspolitik angehört werden und daran teilhaben können. Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ("Brexit") haben sich Großbritannien und die EU auf das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit geeinigt. Damit kann Großbritannien zwar nicht mehr direkt über die europäische Luftverkehrspolitik mitbestimmen, ist jedoch ein Beispiel dafür, dass der Staat trotzdem an der EU-Luftverkehrspolitik teilhaben kann [Brexit].