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Security Autonomes Fahren

Erstellt am: 06.08.2017 | Stand des Wissens: 13.04.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung

Die Vision des autonom agierenden Fahrzeuges ist einer der größten Trends der Automobilbranche in der Gegenwart. Seit Jahrzehnten, beginnend mit Assistenzsystemen wie dem Antiblockiersystem (ABS) und dem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP), wird die Automatisierung des Fahrens vorangetrieben hin zu einem vollständig autonom geführten Fahrzeug, das ohne das Eingreifen des Menschen beschleunigen, bremsen und lenken kann.

Der Automatisierungsgrad eines Fahrzeuges wird durch die Norm SAE J3016 in sechs Stufen eingeteilt [SAE14].: Die Stufe 0 steht für nicht automatisiertes Fahren. Fahrzeuge, die ausschließlich mit Assistenzsystemen ausgestattet sind und keine autonome Steuerung ermöglichen, werden in die Stufen 1(assistiert) und 2 (teilautomatisiert) eingeordnet. In den Stufen 3 (hochautomatisiert) und 4 (vollautomatisiert) verfügen die Fahrzeuge über die Fähigkeit, die Umwelt zu überwachen und das Fahrzeug eigenständig zu steuern, jedoch muss der Fahrer in Stufe 3 auf Aufforderung durch das System eingreifen. In der Stufe 4 übernimmt das System auf bestimmten Strecken alle Fahraufgaben selbständig und erkennt seine Grenzen rechtzeitig, um einen sicheren Zustand (z.B. einen Parkplatz) zu erreichen. Fahrzeuge der Stufe 5 (fahrerlos) sind in der Lage, ohne Eingriff des Fahrers, autonom alle Verkehrssituationen zu bewältigen [ADAC21b]. Ein autonomes Kraftfahrzeug ist somit ein Fahrzeug, welches die Fahraufgabe ohne eine fahrzeugführende Person selbständig erfüllen kann [BMVI21r].
In Deutschland wurde durch die weltweit erste Genehmigung für die hochautomatisierte Technik der Stufe 3 in einem PKW, unter bestimmten Randbedingungen, ab 2022 durch das Kraftfahrt-Bundesamtes freigegeben [Spri21]. Bereits gesetzlich möglich, ist seit der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes im Juli 2021, der Einsatz von Fahrzeugen nach SAE-Level 4 in festgelegten Betriebsbereichen in Deutschland [BMVI21s].

Durch den steigenden Automatisierungsgrad und der Einführung autonomer Fahrzeugsysteme in die Serienproduktion kommt die Automobilbranche intensiv mit den Themen Datenschutz und IT-Sicherheit in Berührung. Die Vernetzung und Kommunikation der Fahrzeuge untereinander als auch mit der Verkehrsinfrastruktur (C-ITS), der Produktionsprozess mit komplexen Lieferketten sowie Software-Updates sind hier unter anderem als Beispiele zu nennen [BMSI21]. Doch auch das Vertrauen der Konsumenten in die Technik des autonomen Fahrens muss die Automobilbranche berücksichtigen. In einer internationalen Studie aus dem Jahr 2021 zweifeln die Studienteilnehmer bei autonomen Fahrzeugen an der korrekten Verwendung ihrer Daten und sehen die Gefahr einer Überwachung, insbesondere durch Unternehmen und Regierungen gegeben [KaKu21].

Schwachstellen in der IT-Sicherheit autonomer Fahrzeuge und in der Verkehrsinfrastruktur inklusive der erforderlichen Kommunikationsnetze stellen aber auch potenzielle Angriffspunkte für intendierte Übergriffe dar. Zum Beispiel können autonome Fahrzeuge sowohl durch organisierte Kriminalität als auch Terrororganisationen entweder als Ziel oder als Mittel für Straftaten ausgewählt werden. Durch Manipulation von Mess- und Sensordaten im Fahrzeug oder durch das Einspielen falscher externer Verkehrsdaten kann die Steuerung der autonomen Fahrfunktionen gegen den Willen des Fahrers beeinflusst werden, sodass Straftaten wie beispielsweise Diebstahl, Raub und Erpressung begangen werden können. Ebenso können Fahrzeuge ferngesteuert als Waffe eingesetzt oder durch Störungen des Verkehrs kriminelle oder terroristische Ziele verfolgt werden. Dies beschäftigt auch die möglichen Käufer von autonomen Fahrzeugen. Nach einer internationalen Studie aus dem Jahr 2021 haben 64% der Befragten Bedenken, dass sich jemand in ihr Fahrzeug hackt und dabei die persönliche Sicherheit gefährden könnte [Delo21].

Gegenstand dieser Wissenslandkarte ist somit nicht die Verkehrssicherheit im Sinne der Unfallvermeidung oder einer funktionalen Sicherheit beispielsweise von Bremsen (Safety), sondern die Absicherung gegen intentionale Eingriffe in das Verkehrssystem (Security), sowie der Datenschutz der Konsumenten eines automatisierten/autonomen Fahrzeuges (Privacy).


Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Security Autonomes Fahren (Stand des Wissens: 27.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?475978
Literatur
[ADAC21b] Autonomes Fahren: Die 5 Stufen zum selbst fahrenden Auto, 2021/07/15
[BMSI21] Branchenlagebild Automotive Cyber-Sicherheit in der Automobilbranche, 2021
[BMVI21r] Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes - Gesetz zum autonomen Fahren, 2021/02/08
[BMVI21s] Gesetz zum autonomen Fahren tritt in Kraft, 2021/07/27
[Delo21] 2021 Global Automotive Consumer Study, 2021
[KaKu21] Consequences of autonomous vehicles: Ambivalent expectations and their impact on acceptance, 2021/06/30
[SAE14] SAE International (Hrsg.) Automated Driving -
Levels of driving automation are defined in new SAE international standard J3016, 2021/04/30
[Spri21] Mercedes-Benz erhält Genehmigung für Level-3-System, 2021/12/13
Rechtsvorschriften
[BDSG] Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
[DSGVO] Datenschutz-Grundverordnung
Glossar
C-ITS
In C-ITS (Cooperative Intelligent Transport Systems) kommunizieren Fahrzeuge mit anderen Fahrzeugen
sowie mit der Verkehrsinfrastruktur (z. B. Ampel-Systemen), was die Verkehrssicherheit erhöhen soll. Über
signierte C-ITS Nachrichten kann zum Beispiel vor Verkehr aus schlecht einsehbaren Straßen gewarnt oder
über die Länge von Ampelphasen informiert werden.
Unterscheidung zum Glossarbegriff ITS: Während ITS (Intelligent Transport Systems) sich auf digitale Technologien fokussiert, die intelligente Systeme am Straßenrand oder in Fahrzeugen bereitstellen, konzentriert sich C-ITS auf die Kommunikation zwischen diesen Systemen - unabhängig davon, ob es sich um ein Fahrzeug handelt, das mit einem anderen Fahrzeug kommuniziert oder mit anderen C-ITS Systemen.
ITS Intelligent Transportation Systems (ITS) ist der Oberbegriff für Transportsysteme, die Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung des Betriebes einsetzen. ITS-Funktionen unterstützen den Fahrer eines Transportmittels, sie sind damit deutlich von automatischen Transportsystemen zu differenzieren, die auf einen fahrerlosen Betrieb abstellen. Die wichtigsten neuen und zum Teil noch in Entwicklung befindlichen Anwendungsfelder zielen auf (1) Verkehrs- und Transportmanagement (Verkehrsinformationen, Verkehrslenkung, Verkehrs- und Parkleitsysteme, automatische Unfallmeldungen, Meldesysteme zum Gefahrgutmonitoring); (2) Elektronische Systeme zur Gebührenerhebung; (3) Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (dynamische Fahrgastinformationen, Reservierung, spezifische Informationssysteme für Fahrradfahrer und Fußgänger, Steuerung individueller öffentlicher Verkehrsmittel); (4) Systeme zur Unterstützung der Fahrzeugsicherheit (Kollisionsdetektoren, Sektorisierung von Verkehrswegen).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?473878

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 21:48:21