Zuverlässiges automatisiertes Fahren durch digitale Straßen
Erstellt am: 14.06.2017 | Stand des Wissens: 06.10.2023
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Die Bundesregierung hat sich die Einführung von automatisiertem und vernetztem Fahren im Straßenverkehr zum Ziel gesetzt und in diesem Zusammenhang am 16.09.2015 die Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren Leitanbieter bleiben, Leitmarkt werden, Regelbetrieb einleiten (Strategie AVF) ins Leben gerufen. Auf Basis dieser Strategie wurde unter anderem die Förderrichtlinie "Automatisiertes und vernetztes Fahren auf digitalen Testfeldern in Deutschland" entwickelt, um anwendungsnahe und innovative Lösungen im Kontext des automatisierten und vernetzten Fahrens unter Nutzung digitaler Testfelder zu fördern und dabei insbesondere Erkenntnisse über Mischverkehre sowie die Anwendungsreife und den Wirkungsgrad unterschiedlicher Automatisierungs- und Vernetzungskomponenten zu gewinnen [BMVI02].
Zur Umsetzung dieser Vorhaben wurde am 04.09.2015 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das erste digitale Testfeld eingerichtet. Es trägt den Namen Digitales Testfeld Autobahn (DTA) und befindet sich auf einem Teilstück der in Bayern verlaufenden Bundesautobahn A 9. Unter realen Bedingungen können dort bisher weltweit einzigartig zukunftweisende Technologien des automatisierten und vernetzten Fahrens erprobt werden. Die Infrastruktur entlang der Strecke wurde dafür voll digitalisiert, mit der nötigen Sensorik ausgestattet und mit innovativen Projekten verknüpft. Das DTA ist ein technologieoffenes Angebot an Forschung und Industrie und kann von Interessengruppen aus Automobilindustrie, Digitalwirtschaft und Wissenschaft sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland verwendet werden [BuRi16; BMVI04]. Zu den wichtigsten bestehenden Projekten gehören folgende [BuRi16]:
- Erprobung automatisierter Fahrsysteme im Realbetrieb, zum Beispiel von hoch automatisierten Pkw- und Lkw-Platoons. Dabei handelt es sich um Fahrzeugsysteme, bei denen mindestens zwei Fahrzeuge mit Hilfe technischer Steuersysteme in geringem Abstand hintereinander fahren.
- Zentimetergenaue Erfassung des DTA in Form einer digitalen High-Definition-Karte für die hoch präzise Fahrbahnsteuerung automatisierter Fahrzeuge
- Erprobung des künftigen Mobilfunkstandards 5G für die Car-to-Car (C2C)-Echtzeitkommunikation (Errichtung von modernster Mobilfunkinfrastruktur entlang der Strecke für Reaktionszeiten im Millisekundenbereich)
- Ausstattung der Strecke mit modernster Radar-Sensorik (Erfassung hoch präziser Echtzeitdaten über Verkehrsfluss, Verkehrsdichte, Geschwindigkeit und Fahrverhalten).
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Abb. 1: Logo Digitales Testfeld Autobahn [DBU01]
Aufgrund der positiven Resonanz ein Jahr nach dem Start des DTA wurden nun die ersten Förderbescheide aus Mitteln der oben genannten Förderrichtlinie erteilt. In der ersten Runde werden 15,7 von insgesamt 100 Millionen Euro für vier Projekte vergeben, zwei davon für Forschungsprojekte auf dem DTA. Mithilfe des Forschungsprojekts Providentia sollen hoch automatisierte Fahrzeuge mit modernster Sensorik einen zuverlässigen Blick auf die jeweilige Verkehrssituation gewinnen. Innerhalb des Projekts ConVex soll der künftige Mobilfunkstandard 5G weitererforscht werden, wobei der Schwerpunkt hier auf der Entwicklung einer einheitlichen Car-to-Infrastructure (C2I)-Kommunikationsplattform für den Straßenverkehr liegt [BMVI05].
Die beiden anderen Forschungsvorhaben beziehen sich auf den komplexeren innerstädtischen Verkehr, wo ebenfalls digitale Testfelder entstehen. In Braunschweig sollen im Rahmen des Projekts Digitaler Knoten 4.0 digitale Lösungen für Verkehrsknoten (Kreuzungen) mit Mischverkehr entwickelt werden. Im Zuge des Projekts Veronika wurde in Kassel die Vernetzung von Fahrzeugen und Ampeln für einen besseren Verkehrsfluss erforscht, wofür Straßenbahnen, Busse und Rettungsfahrzeuge mit On-board-Units ausgerüstet wurden, um den Austausch operativer und strategischer Daten zu ermöglichen [BMVI05].
Auch in Baden-Württemberg ist ein vom Land gefördertes Testfeld zum autonomen Fahren entstanden. Das Testfeld zum vernetzten und automatisierten Fahren im Großraum Karlsruhe, das 2018 seinen Betrieb aufgenommen hat und vor allem auf Vorhaben im Stadtverkehr ausgerichtet ist [KIT16; KVV]. In Niedersachsen entsteht eine Teststrecke zwischen Hannover, Braunschweig und Salzgitter auf den Bundesautobahnen A 2, A 7 und A 39, wobei der entstehende Ring mit mehr als 270 Kilometer das derzeit längste zusammenhängende Testfeld bildet und auch das Stadtgebiet von Braunschweig umfasst. Der Testring wird seit 2018 schrittweise mit der nötigen Technik aufgerüstet und soll Ende 2019 fertiggestellt werden [AuBi16, NdsMW, Schwe18d]. Des Weiteren sind Teststrecken in den Städten Dresden, Düsseldorf, Hamburg, Ingolstadt, Wuppertal, Berlin und München geplant beziehungsweise sind bereits entstanden [Lemm16a].
Daneben wurde 2017 das Digitale Testfeld Deutschland-Frankreich-Luxemburg zur grenzüberschreitenden Erprobung der Technologie vereinbart. Dieses wurde im Rahmen der 2016 gegründeten "Deutsch-Französischen Initiative Elektromobilität und Digitalität" als europäisches Leuchtturm-Projekt im Herzen Europas geschaffen. Im September 2017 trat dann auch noch Luxemburg dem Testfeld bei. Das Testfeld verläuft von Merzig über Saarlouis und Saarbrücken nach Metz in Frankreich und weiter nach Luxemburg. Ziel des Testfelds ist die Förderung der Entwicklung und Erprobung von Technologien für das automatisierte und vernetzte Fahren in Verbindung mit den intelligenten Verkehrssystemen und unter realen Bedingungen. Damit wird das gemeinsame Engagement für eine zukunftsfähige, effiziente und nachhaltige europäische Verkehrspolitik bekräftigt [DigTF].