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Kontrolle bei integrierten Angeboten komplementärer Leistungen: Praxisbeispiel EU-Verfahren gegen Google

Erstellt am: 25.06.2015 | Stand des Wissens: 23.04.2020
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Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck

Das integrierte Angebot von komplementären Leistungen durch einen einzelnen Akteur kann mit verschiedenen Herausforderungen einhergehen. Daher kann eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand im Kontext des Angebotes digitaler Dienste und Infrastrukturen darin bestehen, eine Kontrolle im Hinblick auf das integrierte Angebot komplementärer Leistungen vorzunehmen. Dies umfasst sowohl die Fusionskontrolle (also die Kontrolle des Zusammenschlusses von existierenden Unternehmen) als auch eine Kontrolle im Hinblick auf die Expansion von Unternehmen in komplementäre Märkte (im Sinne einer Missbrauchskontrolle).
In beiden Fällen soll verhindert werden, dass eine hohe Marktmacht ausgenutzt und gegegbenenfalls sogar auf das Angebot angrenzender (komplementärer) Güter übertragen wird.
Eine ausführliche Darstellung und Analyse im Hinblick auf diese Themen speziell für digitale Märkte erfolgt beispielsweise im 68. Sondergutachten der Monopolkommission (veröffentlicht im Juni 2015, [MoKo15]).
Die Europäische Kommission hat im Frühjahr 2015 ein Verfahren gegen Google eingeleitet. Darin geht sie der Vermutung nach, dass Google eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt, indem das Unternehmen seinen eigenen Preisvergleichsdienst (Angebot A) auf seinen allgemeinen Suchergebnisseiten (komplementäres Angebot B) systematisch gegenüber Wettbewerbern bevorzugt und damit gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt. Bei diesen allgemeinen Suchergebnisseiten verfügte Google über einen Marktanteil von etwa 90 Prozent. In diesem Fall würden Nachfrager bei einer Suche nicht die für sie relevantesten Ergebnisse zu sehen bekommen, sondern Ergebnisse, die von Google ausgewählt werden. Durch das Verhalten von Google würden Nachfrager künstlich von anderen Preisvergleichsdiensten umgelenkt, deren Konkurrenzfähigkeit zum Nachteil der Verbraucher beeinträchtigt würde, wodurch Innovationen gebremst würden. Nach Auffassung der Kommission sollte Google die Preisvergleichsdienste seiner Konkurrenten genauso behandeln wie seinen eigenen. Neben der mutmaßlichen Bevorzugung seiner spezialisierten Suchdienste ermittelt die Kommission im Kontext der Web-Dienste von Google derzeit auch im Hinblick auf das Kopieren von Webinhalten konkurrierender Unternehmen, auf Exklusivwerbung sowie auf übermäßige Beschränkungen für werbende Unternehmen. Das Verfahren resultierte in einer Geldbuße in Höhe von  2,42 Mrd. Euro [EK19a].
In einem weiteren Verfahren der Europäischen Kommission im Jahr 2015 gegen Google wurde untersucht, ob das Verhalten des Unternehmens in Bezug auf das von ihm maßgeblich kontrollierte Betriebssystem Android (für Smartphones und Tablets) sowie in Bezug auf seine Dienste gegen die europäische Kartellvorschriften verstößt. Die meisten Anbieter von mobilen Endsystemen (Smartphones und Tablets) verwenden das Betriebssystem Android in Kombination mit Diensten die ebenfalls von Google stammen. Um das Recht zu erhalten, diese Dienste auf ihren Android-Geräten zu installieren, müssen die Hersteller bestimmte Vereinbarungen mit Google treffen. Es bestand der Verdacht, dass das Unternehmen durch wettbewerbswidrige Vereinbarungen und/oder durch die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung die Entwicklung und den Marktzugang konkurrierender mobiler Betriebssysteme sowie digitaler Dienste behindert hat. Die Europäische Kommission wollte insbesondere prüfen,
  • ob Google das Angebot von Diensten behindert hat, indem es von den Anbietern von Endsystemen verlangt, ausschließlich Dienste von Google vorzuinstallieren,
  • ob Google Anbietern von Endsystemen, die Google-Dienste vorinstallieren wollen, an dem Angebot veränderter und potenziell konkurrierender Versionen von Android ("Android-Forks") gehindert hat,
  • ob Google das Angebot konkurrierender Dienste behindert hat, indem es eine Kopplung oder Bündelung bestimmter auf Android-Geräten vertriebener Google-Dienste mit anderen, komplementären Google-Diensten vorgenommen hat.
Dieses Verfahren resultierte in einer Geldbuße in Höhe vom 4,34 Mrd. Euro. In einem dritten Verfahren wurde Google eine Geldbuße von 1,49 Mrd. Euro verhängt. Hierbei missbrauchte das Unternehmen seine (Quasi-) Monopolstellung, indem es durch Klauseln in Verträgen mit Webseiten Dritter verhinderte, dass Wettbewerber auf Werbanzeigen auf diesen Seiten schalten konnten [EK19a].
Seit über zehn Jahren wurden durch die Europäische Kommission zudem bereits diverse Verfahren gegen das Unternehmen Microsoft geführt. Diese Verfahren betreffen unter anderem die Übertragung der marktbeherrschenden Stellung bei dem Betriebssystem Windows für persönliche Computer auf den Servermarkt, auf die Bündelung des Betriebssystems mit Anwendungssoftware (unter anderem Bündelung mit dem Windows Media-Player) sowie auf die Bündelung des Betriebssystems Windows 7 mit dem hauseigenen Internetbrowser (Internet Explorer).
Ansprechpartner
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Literatur
[EK19a] Europäische Kommission (Hrsg.) Kommission verhängt dritte Milliardenstrafe gegen Google - dieses Mal wegen Missbrauchs der Marktmacht bei Suchmaschinen-Werbung, 2019/03/20
[MoKo15] Monopolkommission Sondergutachten 68: Wettbewerbspolitik: Herausforderung digitale Märkte, 2015

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?452589

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 19:05:31