Marktentwicklungen und Akteure digitaler Anwendungen im Verkehrsbereich
Erstellt am: 16.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2023
Synthesebericht gehört zu:
Am Verkehrsmarkt agiert eine Vielzahl unterschiedlicher Mobilitätsanbieter. Hierzu zählen neben den klassischen Verkehrsdienstleistern zum Beispiel Dienstleister aus dem Bereich der Informationstechnologie, Anbieter von Informationsinhalten auch Anbieter des Automobilmarktes. In der Vergangenheit wirkte jeder dieser Akteure relativ autonom in seinem Tätigkeitsfeld. Lediglich die Schaffung von Verkehrsverbünden und die damit einhergehende Vernetzung zwischen Unternehmen im öffentlichen Verkehr (ÖV) hat erste Entwicklungen in Richtung kombinierter Mobilität im Sinne der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel innerhalb der Mobilitätskette, wie beispielsweise Bus und Bahn, mit sich gebracht. Der Kunde profitiert dabei innerhalb eines Verbundgebietes von abgestimmten Leistungen, einem einheitlichen Tarifsystem, das es unter anderem ermöglicht, mit einem Fahrausweis unterschiedliche Verkehrsmittel zu nutzen. Diese Ansätze gilt es konsequent fortzusetzen.
Der Trend geht hin zu umfassenderen Kooperationen zwischen den einzelnen Mobilitätsdienstleistern, indem die Grenzen zwischen dem öffentlichen Verkehr und dem Individualverkehr zunehmend verschwimmen werden. Der Privatverkehr bewegt sich von der ausschließlich persönlichen Nutzung der privaten Fahrzeuge in Richtung öffentlicher gemeinschaftlicher Nutzung. Dabei werden neben dem Leistungsangebot der Verkehrsverbünde neue Angebotsformen, wie Carsharing, Bikesharing oder Ridesharing und Rideselling, auch unter Nutzung der Elektromobilität, etabliert, die sich zu einem umfassenden Mobilitätsverbund zusammenschließen, vergleiche [VDV13b]. Für eine solche kombinierte Mobilität müssen Angebote mit Schnittstellen in Zugang, Service, Information und räumlicher Verknüpfung gewährleistet werden, vergleiche [Huwer03]. Im Jahr 2014 ist es erstmals im Rahmen einer Feldstudie des Projektes "Stuttgart Services" gelungen, drei etablierte Standards der Informationstechnik auf einer Smartcard zu kombinieren. Die Karte fungiert als Nutzermedium für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und kann beim Carsharing die "Flinkster"- Fahrzeuge der DB Rent GmbH öffnen, einen Batterieladevorgang an einer Ladesäule der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) durchführen sowie auf dem Chip der Karte ein elektronisches Ticket aufspielen, auslesen und sperren. Auf Basis dieses technologischen Durchbruchs streben weitere Städte Deutschlands derartige Lösungen zur Entwicklung umfassender Verkehrsangebote im Mobilitätsverbund an, vergleiche [StSe14]. Neben der Sicherstellung einheitlicher Schnittstellen und Standards müssen innovative Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt und eingeführt werden, die integrierte Lösungen für Ortung, Verfügbarkeitsprüfung, Reservierung, Buchung und Bezahlung von Mobilitätsdienstleistungen auf intermodalen Reiseketten ermöglichen. Bis heute wurden eine Vielzahl regionaler Datendrehscheiben für elektronische Fahrplaninformations- und Auskunftssysteme (DELFI, DELFIplus, DEFAS, HAFAS, GEOFOX und andere), Haltestellendatenbanken des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie der "Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM)" für den motorisierten Individualverkehr geschaffen. Der zukünftige Trend wird zu weiteren Datenplattformen, beispielsweise von Fernbus- und Sharinganbietern, führen. Die Aufgabe besteht künftig darin, über den automatisierten Verbund dieser Plattformen einen gemeinsamen Sharing-Datenmarktplatzverbund für den öffentlichen wie den Individualverkehr zum Einstellen, Aggregieren, Verfügbarmachen und zur Echtzeit-Abstimmung aller Mobilitätsdaten umzusetzen. Auf dieser Basis können Mobilitätsintegratoren die verschiedenen Leistungsangebote bündeln und dem Kunden bedarfsorientiert bereitstellen, vergleiche [Stop14]. Die Herausforderung liegt somit in der institutionellen Vernetzung der einzelnen Akteure durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf Basis tragfähiger Geschäftsmodelle. Die Miniaturisierung als Technologietreiber unterstützt diese Entwicklungen dahingehend, dass kleinere Chips und Module gefertigt werden, die die Kartenherstellung vereinfachen, vergleiche [Rfid15].
Die zunehmende individuelle Vernetzung über Smartphones oder Tablets bildet die wichtigste Ursache dafür, dass die anbietenden Akteure sowohl im Informations- und Kommunikationsmarkt als auch im Verkehrsmarkt bestrebt sind, neue Technologien zu entwickeln. Der Verkerhsteilnehmer verlangt nach innovativen Lösungen, denn er will auf seinem mobilen Endgerät nicht mehr nur Informationen abrufen, sondern auch zunehmend in sozialen Netzen kommunizieren und Einfluss auf die Gestaltung der mobilen Gesellschaft nehmen. Diese neuen Bedürfnisse sind verantwortlich für eine zunehmend mobile Lebenswelt, vergleiche [Münc13]. Um diesem Wunsch der Kunden zu entsprechen, haben viele Verkehrsverbünde eigene Beteiligungsplattformen geschaffen, auf denen sie im Dialog mit ihren Nutzern stehen. Aber auch etablierte soziale Netzwerke, wie Facebook und Twitter, sind aus dem Alltag der Reisenden nicht mehr wegzudenken. Eine repräsentative Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) zur Nutzung sozialer Netzwerke im Internet kam zu dem Ergebnis, dass 89 Prozent der deutschen Internetnutzer(innen) in dem Jahr 2022 auf Soziale Netzwerke aktiv waren [NiPa23]. Auch die Hersteller mobiler Endgeräte arbeiten kontinuierlich daran, dem Vernetzungsbedürfnis der Marktakteure gerecht zu werden. BITKOM hat in einer weiteren Untersuchung dargelegt, dass heute bereits etwa jeder achte Deutsche (13 Prozent) eine Smartwatch besitzen will, die als intelligente Armbanduhr mit dem Smartphone vernetzt ist und einen schnellen Überblick über wichtige Neuigkeiten ermöglicht, vergleiche [Bitk13a]. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, besitzen 24 Prozent der Bundesbürger eine Smartwatch und weitere 26 Prozent zeigten Interesse daran, künftig eine zu besitzen [SpRe].
Informations- und Kommunikationstechnologien bilden die Grundlagen für die Entwicklung neuer Mobilitätsformen, da die technische Infrastruktur die Basis schafft, um virtuelle Mobilitätsdienste bereitzustellen. Durch Satellitenortung über Global Positioning System (GPS) wird es beispielsweise erst möglich, Fahrwege der Fahrzeuge zu verfolgen, um auf Verspätungen zu reagieren und mit den übermittelten Informationen Anschlüsse zu anderen Verkehrsträgern sicherzustellen. Auch für Kunden von Fahrradverleihsystemen ist die Satellitentechnologie beispielsweise wichtig für die Standortsuche verfügbarer Fahrräder über mobile Endgeräte, vergleiche [BBSR14b].
Ein Ende der Digitalisierung ist nicht abzusehen. Die Datenmengen wie auch die Anforderungen der Nutzer mobiler Endgeräte werden weiter zunehmen. Der Kunde steht somit im Zentrum aller Tätigkeiten der anbietenden Akteure der Informations- und Kommunikationsbranche sowie der Mobilitätsanbieter. Die technologischen Entwicklungen sind daher vorrangig am Konsumenten auszurichten und bedürfen der ständigen Weiterentwicklung.