Erscheinungsformen digitaler Netzinfrastrukturen
Erstellt am: 11.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2023
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Ursprünglich wurde der Begriff Breitbandnetz als eine spezielle Form der digitalen Infrastruktur definiert. Seit mehreren Jahrzehnten wird er jedoch verallgemeinert für alle digitalen Infrastrukturen verwendet, die eine hohe Datenübertragungsrate aufweisen [ZVEI14]. Eine genaue Definition, ab welcher Übertragungsgeschwindigkeit von Breitband gesprochen wird, ist im deutschen Telekommunikationsgesetz [TKG] nicht verankert. Beim internationalen Ländervergleich, der mit Bezug auf statistische Erhebungen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) durch das Statistische Bundesamt veröffentlicht wird, wird bereits von Breitband-Internetanschlüssen gesprochen, wenn die Übertragungsrate mehr als 0,256 Megabit pro Sekunde beträgt [Dest15a].
Aus Sicht der heutigen Anwendungen sind jedoch 2 Megabit pro Sekunde am unteren Rand der Breitbandigkeit angesiedelt. Die gegenwärtigen Diskussionen beziehen sich vielmehr auf deutlich höhere Bandbreiten. Das ist auch in den Zielen der "Digitalen Agenda" der Bundesregierung [Bure14] formuliert.
Es können sowohl das Telekommunikationsfestnetz, das Mobilfunk- und das Kabelfernsehnetz als auch die Satellitenübertragung als digitale Breitbandinfrastruktur dienen, wobei die Grenzen zwischen den einzelnen Netztypen immer mehr verschwinden und mitunter dieselben Kabel für mehrere Dienste genutzt werden. Besonders der Ausbau des Glasfasernetzes ist für nahezu alle Netztypen dienlich. Einen Überblick über den jeweils aktuellen Ausbaustand des Breitbandnetzes in Deutschland bietet der Breitbandatlas, der unter der Internetplattform des Bundesverkehrsministeriums zum Netzausbau "Zukunft Breitband" [BMVI15c] online abrufbar ist.
Die wachsenden Anforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit eines einzelnen Standorts beziehungsweise einer Volkswirtschaft verlangen nach einem flächendeckenden, sicheren und datenübertragungsstarken Breitbandzugang. Die möglichen Anwendungen betreffen Applikationen der Industrie, des Sicherheits- und Rettungswesens, der staatlichen Verwaltung, des Bildungswesens, des Gesundheitssektors, der Energiewirtschaft wie auch des Verkehrs. Besonders bei der Anbindung ländlicher Gebiete an die Breitbandinfrastruktur gibt es noch großen Verbesserungsbedarf. Die "Digitale Agenda" der deutschen Bundesregierung sieht vor, bis 2018 flächendeckend Breitbandanschlüsse von mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügbar zu haben [Bure14, S. 4]. Dies was im Jahr 2019 immer noch nicht umgesetzt wurden. Die Bundesregierung hat das Ziel gesetzt, den flächendeckenden Ausbau von Gigabit Netzen auf Glasfaser Basis zu ermöglichen. Das würde eine Mindestgeschwindigkeit von ein Gigabit pro Sekunde ermöglichen [BMEL22]. Viele Experten sehen jedoch wesentlich höhere Datenübertragungsraten als notwendig an [Borb13].
Beispielhaft für ein nicht als Breitband charakterisiertes digitales Netz, welches als noch nicht veraltet gilt, ist das 1995 standardisierte Bündelfunksystem Terrestrial Trunked Radio (TETRA). Bündelfunksysteme sind geschlossene Systeme für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die sich durch eine hohe Verfügbarkeit und Sicherheit auszeichnen. Bei den Bündelsfunksystemen handelt es sich um zellular aufgebaute Mobilfunksysteme mit jeweils einer ortsfesten Basisstation. Das in Deutschland eingesetzte Bündelfunk-System TETRA nutzt insgesamt vier Kommunikationskanäle mit einer Datenübertragungsrate bis zu 28,8 Kilobit pro Sekunde in Abhängigkeit der benötigten Sicherheit. Dieser Standard wird unter anderem zur Kommunikation bei Rettungs- und Sicherheitskräften eingesetzt [BNet11].
Besonders in Städten verlangt der wachsende Mobilitätsbedarf vernetzte und miteinander interagierende intelligente Verkehrssysteme (IVS) für eine bessere Auslastung der vorhandenen Infrastruktur sowie einen gesicherten und effizienten Verkehrsablauf. Diese erfordern wiederum eine digitale Kommunikationsstruktur, um eine sichere und redundante Kommunikation zwischen Leitzentralen und einzelnen Verkehrsleitsystemen oder Fahrzeugen zu gewährleisten. Auch die Weiterentwicklung der Infrastrukturen für die Car-to-X-Kommunikation ist für eine noch zeiteffizientere Verkehrsregelung entscheidend [Borb13]. Bis heute ist diese Art der Kommunikation so ausgebaut, dass sie funktioniert, aber noch nicht flächendeckend angeboten wird [ADAC23b]. Gleiches gilt im Hinblick auf das ökonomische Fahren. Ein weiterer Anwendungspunkt digitaler Infrastrukturen ist der wachsende Informationsbedarf der Fahrgäste des öffentlichen Verkehrs und die dafür notwendige flächendeckende Anbindung an das mobile Internet.
Im Verkehrssektor werden besondere Anforderungen an eine hohe Verfügbarkeit auch bei starker Netzauslastung und an eine garantierte Übertragungsqualität gestellt, um die Fehleranfälligkeit gering zu halten und Unfälle zu vermeiden. Dazu werden oft mehrere Netze miteinander kombiniert, um die Vorteile der jeweiligen digitalen Infrastrukturen zu nutzen [NaIT14].
Die Erscheinungsformen digitaler Netzinfrastrukturen stehen eng mit dem technischen Stand der Breitbandnetze und entsprechender Technologien im Zusammenhang und liefern im Zusammenspiel mit einer performanten Geodateninfrastruktur die Voraussetzung für adäquate verkehrsspezifische digitale Netze mit deren Anwendungen.