Technische Lösungen in der Gefahrgutlogistik
Erstellt am: 10.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2024
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Um die Abläufe in der Gefahrgutlogistik sicher zu gestalten, werden für jeden Abschnitt der Beförderung von der Be- bis zur Endladung technische Hilfsmittel eingesetzt. Der Fokus liegt dabei auf der Nutzung intelligenter Verkehrssysteme (IVS). Hierzu gehören Telematiksysteme, die umfassende Lösungen zur Sendungsverfolgung, zum Fuhrparkmanagement und zum Auftragsmanagement bieten sowie Fahrerassistenzsysteme [GrMi11, S. 19 f.]. Mit diesen technischen Lösungen können die Pflichten zwischen Beteiligten an Gefahrguttransporten geklärt, Informationsdefizite in der Gefahrgutlogistik verringert und die Umsetzung gesetzlicher Regelungen verbessert werden.
In Artikel 17 (1) der Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 wird ein Bericht von allen Mitgliedstaaten über die Aktivitäten und Projekte auf nationaler Ebene über die Einführung von IVS im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern [EU 2010/40] gefordert. Diese Berichte zum Sachstand im Jahr 2010 ergaben, dass IVS zwar seit Jahren fester Bestandteil von Verkehrskonzepten in Deutschland sind, deren Potential aber bisher nicht ausgeschöpft ist [BMVBS10x, S. 3, 14]. Dies hat besondere Bedeutung für Gefahrguttransporte, da so Unfälle und somit negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vermieden werden können.
Das am 21. Juni 2013 in Kraft getretene IVS-Gesetz (IVSG) [IVSG13] setzt die Richtlinien des Europäischen Parlamentes in deutsches Recht um. Unter Federführung des BMVI wurde durch einen IVS-Beirat, dem Bundesministerien, Länder, Kommunen, Industrie und Verbände angehören, ein nationaler IVS-Aktionsplan "Straße" erarbeitet, der die Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern einbezieht und den Zeitraum bis 2020 umfasst. Der IVS-Aktionsplan definiert die mit allen Beteiligten abgestimmte Vorgehensweise bei der koordinierten Weiterentwicklung bestehender und der beschleunigten Einführung neuer IVS zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verbesserung der Verkehrseffizienz und Verringerung der negativen Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt [BMVI20ax].
Ein Beispiel für ein IVS-Vorhaben ist das Projekt InGVer - Intelligente Gefahrgutverfolgung. Dessen Hauptziel ist die Entwicklung verschiedener Konzepte zur intelligenten Steuerung, Überwachung und Dokumentation komplexer Gefahrgutprozesse. Ein Weg zur Realisierung dieser Ziele liegt in der Nutzung von speziellem Wissen, mit dessen Hilfe zum Beispiel vorhandene Informationssysteme eingebunden und die Befolgung von Rechtsvorschriften erleichtert werden. Mit der Umsetzung dieser Lösungsansätze sollen fehlerhafte Gefahrgutdokumentationen und lückenbehaftete Informationsflüsse vermieden werden [VBH08, S. 131 f.].
Ein weiteres Beispiel für die Umsetzung von IVS in Forschung und Praxis sind Telematiksysteme. So werden zum Beispiel Systeme entwickelt, die das Auffinden und Ausschalten des Fahrzeugs nach einem Diebstahl ermöglichen ("RESTORE" und CEN TC278 WG 14 ("After Theft Vehicle Recovery Systems")) [Albr12, S. 28]. Des Weiteren sollen Telematikanwendungen Beförderungspapiere in Ergänzung zur Papierform auch als (einheitliche) elektronische Version zur Verfügung stellen. Dies vereinfacht den Datenaustausch zwischen den Unternehmen in der Gefahrgutlogistikkette erheblich. Weiterhin wird das Notfallmanagement, also die Alarmierung und Information der Einsatzkräfte bei einem Un- oder Zwischenfall, verbessert. Auch bei Kontrollen können die Kontrollbeamten leicht auf die entsprechenden Daten zugreifen. So können die Kontrollen effizienter und effektiver gestaltet werden [Hes13a, S. 10 f.].
Eine Möglichkeit zur Unterstützung des Fahrpersonals sind Fahrerassistenzsysteme, die durch eine Kamera erkennen, ob Anzeichen von Übermüdung vorliegen oder der Blick des Fahrers für mehr als einige Sekunden nicht auf die Straße fokussiert ist. In diesen Fällen wird ein Alarmsignal in der Fahrerkabine ausgelöst. Weiterhin können die aufgenommenen Daten an die Disposition weitergegeben werden und die daraus ermittelten Erkenntnisse in die Tourenplanung und in Schulungen integriert werden [Kle14a, S. 12 f.]. Dies ist ebenfalls in hohem Maße für Gefahrguttransporte relevant, da so folgenschweren Unfällen aufgrund von Übermüdung und Unaufmerksamkeit vorgebeugt werden kann.