Ansätze zur Lösung der Interessenkonflikte in der Gefahrgutlogistik
Erstellt am: 10.06.2015 | Stand des Wissens: 05.09.2024
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Die Vielzahl und die Verschiedenartigkeit der Interessensgruppen und die vorhandenen Interessenskonflikte zwischen diesen Interessensgruppen führen dazu, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Gefahrguttransporten kaum in einem breiten Konsens herbeigeführt werden können und schwierig umzusetzen sind. Trotzdem herrscht in der Branche, aufgrund der einzuhaltenden Schutzziele und dem Bestreben, ein Mindestmaß an Wirtschaftlichkeit zu erreichen, ein hoher Druck die Abläufe und Rahmenbedingungen des Gefahrguttransports und -umschlags zu optimieren.
Bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Optimierung der Gefahrgutlogistik müssen verschiedene Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Aufgrund der Mengenverteilung hat hierbei der Transport per Lkw eine besondere Relevanz. So wurden im Jahr 2018 beinahe 149 Millionen Tonnen an Gefahrgut auf der Straße transportiert. Dies entspricht etwa 47,7 Prozent der Gesamttransportmenge an Gefahrgütern [StBuA21b, S. 6]. Bei rund 99 Prozent der Unternehmen, die im Bereich Verkehr und Lagerei tätig sind, handelt es sich um kleine oder mittelständische Unternehmen (KMU). Diese beschäftigen 45,5 Prozent der Arbeitnehmer in diesem Bereich [StBuA22]. Diese Unternehmen verfügen häufig nicht über die finanziellen oder personellen Mittel für umfangreiche Anpassungen. Aus diesem Grund besteht zwar ein großer Bedarf an technischem und organisatorischem Fortschritt, der aber nicht bei allen Unternehmen erfüllt werden kann. Die Vorschriften für die Gefahrgutlogistik werden wiederum von jeder Nation in Bezug auf die Richtlinien im europäischen Recht festgelegt. Aufgrund dieser Integration des nationalen in das europäische Recht und aufgrund der sich häufig ändernden Gesetzesgrundlage ist das Gefahrgutrecht sehr komplex [ArIs08, S. 558; FuBoGa09, S. 4]. Weiterhin gelten im Gefahrgutrecht viele Sonderfälle und Ausnahmeregelungen. So hängen die zu befolgenden Vorschriften von der Art des Gefahrgutes, der zu transportierenden Menge, den gewählten Verkehrsträgern, der Transportroute und dem Versand- und Empfangsort ab. Zusätzlich können für einzelne Gefahrgüter abweichende Vorschriften für ihren Transport oder ihre Lagerung gelten [Mue13].
Weiterhin werden Maßnahmen und Verbesserungen im Bereich der Gefahrgutlogistik häufig durch Einzelereignisse, wie folgenschwere Leckagen oder Unfälle, angestoßen. So haben der Brand und die anschließende Explosion auf der MSC Flaminia intensive Diskussionen über die Sicherheitsmaßnahmen und das Verhalten der Beteiligten im Unglücksfall ausgelöst. Im Untersuchungsbericht wurden Empfehlungen an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), an den Betreiber und Schiffsführer der MSC Flaminia und an den Verband Deutscher Reeder dargelegt, wie auf einen solchen Unfall in Zukunft besser reagiert werden kann. Zu den Empfehlungen gehörten unter anderem die Fortentwicklung der gefahrgutrechtlichen Vorschriften bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) und die Verbesserung der Brandabwehr [BSU14].