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Regulierungsvorgaben und Regulierungsoptionen

Erstellt am: 09.06.2015 | Stand des Wissens: 25.08.2023

Synthesebericht gehört zu:

In Deutschland ist der Begriff der Netzneutralität bisher noch nicht explizit gesetzlich definiert und geregelt. Es existieren bisher (Stand Februar 2019) keine festen Vorgaben in Bezug auf qualitätsdifferenzierte Datenübertragungsdienste durch Betreiber von Breitbandnetzen. Die Bundesregierung bekennte sich zur klar zur Netzneutralität 2016. Im selben Jahr trat Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikations-gesetzes in Kraft.
das Gesetz zur Auswahl und zum Anschluss von Telekommunikationsendgeräten in Kraft, das
Im Zuge der Telekommunikationsgesetz-Novelle im Jahr 2012 wurde allerdings durch § 41a TKG[TKG] die Bundesregierung grundsätzlich ermächtigt, in einer Rechtsverordnung "die grundsätzlichen Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung und den diskriminierungsfreien Zugang zu Inhalten und Anwendungen festzulegen, um eine willkürliche Verschlechterung von Diensten und eine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Netzen zu verhindern" [TKG]. Der Absatz §41a wurde im Jahr 2017 gestrichen, da in Verordnung (EU) 2015/2120 [VEU2015] eine entsprechende, europaweite Regelung vorgegeben wird.
Aus Sicht der ökonomischen Forschung lässt sich festhalten, dass eine qualitätsdifferenzierte Datenübertragung durch Telekommunikationsfirmen einen wohlfahrtssteigernden Effekt haben kann. Ein pauschales Verbot von Qualitätsdifferenzierung lässt sich daher aus ökonomischer Sicht schwer rechtfertigen [MoKo11a, S. 97].
Mögliche negative Auswirkungen einer strategischen Diskriminierung könnten bereits durch das bestehende rechtliche Instrumentarium, insbesondere durch das Wettbewerbsrecht und das Telekommunikationsrecht, abgemildert werden [KrWi13, S. 809]. Allerdings wird das im Wettbewerbsrecht verankerte Verbot des Machtmissbrauchs selten angewandt.
Ergänzend könnten die Endnutzer durch Transparenzverpflichtungen besser in die Lage versetzt werden, mögliche Qualitätsdifferenzierungen der Datenübertragung eines Breitbandanbieters nachzuvollziehen, um somit sachkundig ihren Internetanbieter auszuwählen [Schu10].
Ein verstärkter Wettbewerb auf Infrastrukturebene reduziert durch einen Abbau von Marktmacht zusätzlich die Möglichkeit für Breitbandanbieter, sich strategisch zu verhalten und gezielt die Datenübertragung zu verschlechtern.
Als weitere Regulierungsoption kommen außerdem Mindestqualitätsvorgaben beim Best-Effort-Internet-Service in Betracht, um strategisch bedingten Verschlechterungen entgegenzuwirken.
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Diskussion um die Beibehaltung oder Einschränkung der Netzneutralität (Stand des Wissens: 07.08.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?451241
Literatur
[KrWi13] Krämer, J., Wiewiorra, L., Weinhardt, C. Net neutrality: A progress report, veröffentlicht in Telecommunications Policy, Ausgabe/Auflage Volume 37, Issue 9, October 2013, 2013
[MoKo11a] Monopolkommission Sondergutachten 61: Telekommunikation 2011: Investitionsanreize stärken, Wettbewerb sichern, 2011/12/15
[Schu10] Schuett, F. Network Neutrality: A Survey of the Economic Literature, veröffentlicht in Review of Network Economics, Ausgabe/Auflage Band 9, Heft 2, 2010/06
Rechtsvorschriften
[TKG] Telekommunikationsgesetz
[VEU2015] VERORDNUNG (EU) 2015/2120 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?450101

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:34:19