Begründung der Regulierung von Breitbandinfrastruktur
Erstellt am: 09.06.2015 | Stand des Wissens: 17.01.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Bauhaus-Universität Weimar, Professur Verkehrssystemplanung, Prof. Dr.-Ing. Plank-Wiedenbeck
Mit der vollständigen Liberalisierung des Telekommunikationssektors in Deutschland zum 1. Januar 1998 entstand die Notwendigkeit, eine sektorspezifische Regulierung einzuführen, um einen chancengleichen Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsunternehmen zu ermöglichen.
Die ökonomische Notwendigkeit einer Regulierung des Telekommunikationssektors ergibt sich aus sektorspezifischen Besonderheiten von Telekommunikationsnetzen. Insbesondere führen hohe anfängliche Investitionskosten ("versunkene Kosten") sowie Verbund- und Größenvorteile dazu, dass die Durchschnittskosten für die Netzbereitstellung auf Infrastrukturebene mit steigender Produktionsmenge sinken. Es liegt somit in Teilbereichen der Telekommunikationsinfrastruktur, insbesondere auf Ebene der Teilnehmeranschlussnetze, ein natürliches Monopol vor: Die Gesamtkosten für die Bereitstellung von Teilnehmeranschlüssen sind geringer, wenn ein Unternehmen allein und nicht mehrere Unternehmen in Konkurrenz den Markt versorgen [HeUn10, S. 13]. Es ist somit volkswirtschaftlich effizient, wenn nur ein einzelnes Unternehmen Investitionen zur Erschließung von Endkunden tätigt (Verlegung von Kabeln et cetera), als wenn mehrere Anbieter parallel eigene Teilnehmeranschlussnetze aufbauen und die Netzinfrastruktur somit dupliziert würde [Knie07, S. 230].
Allerdings verfügt ein Monopolunternehmen, das ohne Konkurrenz Teilnehmeranschlussnetze betreibt, über Marktmacht: Es kann von potentiellen Konkurrenten, die Zugang zu dieser Infrastruktur benötigen um eigene Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten, überhöhte Preise verlangen oder den Zugang ganz verwehren. Dies kann einen effektiven Wettbewerb zum Nachteil der Endkunden beeinträchtigen. Aus diesem Grund unterliegen Teilbereiche der Telekommunikationsinfrastruktur in Deutschland einer sektorspezifischen, staatlichen Regulierung: Zugangsbedingungen und Entgelte werden durch eine Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, festgelegt. Es soll ein Missbrauch netzspezifischer Marktmacht verhindert werden, um einen chancengleichen Wettbewerb zwischen verschiedenen Telekommunikationsanbietern zu ermöglichen [BNetzA15].
Die konkrete Ausgestaltung der Regulierung hat einen großen Einfluss auf den Wettbewerb und die Marktentwicklung im Telekommunikationssektor, insbesondere auf den Ausbau und Investitionen in Breitbandnetze. Diese werden durch die Digitalisierung zunehmend auch zur Medienübertragung (Fernsehen, Video-on-Demand) als auch zur Telefonie (Internet Protocol-Telefonie) eingesetzt und übernehmen somit die Funktion anderer Übertragungsnetze vollständig. Diese Zusammenführung unterschiedlicher Kommunikationsmedien wird mit dem Begriff der "Konvergenz der Netze" bezeichnet.