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Bedeutung der Gefahrgutlogistik in Deutschland

Erstellt am: 09.06.2015 | Stand des Wissens: 13.07.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung

Die Bedeutung der Gefahrgutlogistikfür die Verkehrssysteme in Deutschland ist statistisch für Verkehrsträger und Gefahrgutklassen erfasst. Insgesamt wurden im Jahr 2018 auf deutschen Straßen, Schienen und Wasserwegen circa 312 Millionen Tonnen Gefahrgüter transportiert. Dies entspricht einem Anteil von 8,3 Prozent am gesamten deutschen Güterverkehrsaufkommen [DEST21p]. Die Verteilung der Gefahrguttransportmenge im Jahr 2018 nach Verkehrsträger teilt sich folgendermaßen auf: 
Abb. 1: Gefahrguttransportmenge 2018 nach Verkehrsträger


Die größte Menge wurde im Straßengüterverkehr befördert (148,9 Millionen Tonnen), gefolgt von Gefahrgütern, die mit Schienenverkehrsfahrzeugen transportiert wurden (78 Millionen Tonnen). Auf den Seeverkehr entfielen Gefahrguttransporte von insgesamt 43 Millionen Tonnen. Hierbei wurden in Deutschland ein- oder ausgeladene Gefahrgüter erfasst. Binnenschiffe beförderten 42,4 Millionen Tonnen Gefahrgüter. Damit ergibt sich folgender Modal Split für die gesamte Gefahrguttonnage; knapp die Hälfte der Gefahrgüter (48 Prozent) werden auf Straßen transportiert, 25 Prozent der Gefahrguttransporte erfolgten mit der Bahn, 14 Prozent über See und 13 Prozent mit Binnenschiffen [DEST21p].
Gefahrgüter werden in neun Haupt- sowie sieben Unterklassen, differenziert nach der Art der Gefahr die von diesen Gütern ausgeht, eingeteilt [DEST21p]. 
Gefahrgutklassen in Deutschland.pngAbb. 2: Gefahrgutklassen in Deutschland
Die Gefahrgutklassen werden in Gefahrgut-Vorschriften für die einzelnen Verkehrsträger übernommen. Für den Straßenverkehr sind die Gefahrgutklassen im [ADR] (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße), für die Binnenschifffahrt im [ADN] (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen), für den Schienenverkehr im [RID] (Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter), für den Luftverkehr in den [ICAO-TI] (Technische Anweisung für die sichere Beförderung gefährlicher Güter im Luftverkehr) und im Seeverkehr im [IMDG] (Code für die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen) verankert.

Aufgegliedert nach Gefahrgutklassen zeigt sich eine starke Ungleichverteilung der transportierten Gefahrgutmengen (siehe Abbildung 3). Der Großteil der Gefahrguttransporte in Deutschland sind Beförderungen von Gütern der Gefahrgutklasse 3 zu der zum Beispiel Rohöl, Benzin und Dieselkraftstoff gerechnet werden. Das Gesamttransportaufkommen dieser entzündbaren flüssigen Stoffe machte im Jahr 2018 verkehrsträgerübergreifend etwa 213,7 Millionen Tonnen und damit rund 68 Prozent der deutschen Gefahrguttonnage aus. In absoluten Werten kommt dieser Gefahrgutklasse im Straßengüterverkehr die höchste Bedeutung zu. Mit 97,8 Millionen Tonnen waren rund 66 Prozent aller straßengebundenen Gefahrguttransporte Beförderungen von Gütern der Gefahrgutklasse 3. Relativ betrachtet ist diese Gefahrgutklasse allerdings in der See- und Binnenschifffahrt noch stärker vertreten: Etwa 84 Prozent (36,2 Millionen Tonnen) der in der Seeschifffahrt und 73,3 Prozent (31 Millionen Tonnen) der in der Binnenschifffahrt beförderten Gefahrgüter waren Güter der Gefahrgutklasse 3. Auf die Schiene entfielen 62,3 Prozent (48,6 Millionen Tonnen) der Gefahrgutbeförderungsmenge auf die Gefahrgutklasse 3.
Gase (Gefahrgutklasse 2) waren mit 25,8 Millionen Tonnen und einem Anteil von 12 Prozent die zweitwichtigste Gefahrenklasse im deutschen Gefahrguttransport. In absoluten Werten kommt auch dieser Gefahrenklasse im Straßenverkehr die höchste Bedeutung zu (13,3 Millionen Tonnen). In prozentualen Werten hatten Gase den höchsten Mengenanteil beim Eisenbahnverkehr (10,2 Prozent), jedoch nur knapp vor dem Straßenverkehr (9 Prozent).
Am dritthäufigsten wurden mit 23,9 Millionen Tonnen (7,7 Prozent der Gefahrgutmenge) "Ätzende Stoffe" (Gefahrgutklasse 8) transportiert. Einen Gesamtüberblick bietet Abbildung 3 [DEST21p].
Gefahrguttransportmenge in Deutschland 2018 nach den drei groessten Gefahrgutklassen in Mio. Tonnen.pngAbb. 3: Gefahrguttransportmenge in Deutschland 2018 nach den drei größten Gefahrgutklassen in Mio. Tonnen
Auch der Durchgangsverkehr der jeweiligen Gefahrgüter nach Verkehrsträger nimmt eine nicht zu vernachlässigende Rolle in der Gefahrgutlogistik in Deutschland ein [DEST21p].

Aus den zentralen Schutzzielen des Gefahrgutrechts (Schutz von Bevölkerung und Umwelt) leitet sich ein Interesse bei Unfällen von Gefahrguttransporten ab. Diese sind gemäß der verkehrsträgerspezifischen Gefahrgut-Verordnungen [ADR], ADN [ADN] und [RID] meldepflichtig.

Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Gefahrgutlogistik im Spannungsfeld gegensätzlicher Anforderungen (Stand des Wissens: 23.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?450386
Literatur
[Dest14ba] Destatis Gefahrguttransporte, veröffentlicht in Fachserie 8 Reihe 1.4, Ausgabe/Auflage 2006-2012, 2014/12/12
[DEST21p] DESTATIS - Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Gefahrguttransporte - Ergebnisse der Gefahrgutschätzung 2018, 2021/12/22
[GeLa14] Den Behörden gemeldete Gefahrgutunfälle in Deutschland, veröffentlicht in Gefährliche Ladung, Ausgabe/Auflage 05/2014, 2014/05
Rechtsvorschriften
[ADN] ADN 2000
[ADR] Gesetz zu dem Protokoll vom 28. Oktober 1993 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)
[ICAO-TI] ICAO-Annex 18: The Safe Transport of Dangerous Goods by Air
[IMDG] IMDG-Code (International Maritime Code for Dangerous Goods)
[ReECDangGo] UN Model Regulations - UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods - Model Regulations
[RID] Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung
gefährlicher Güter
Glossar
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?449982

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 17:36:28