Verkehrsverbünde, -unternehmen und -dienstleister als Akteure der vernetzten Mobilität
Erstellt am: 29.05.2015 | Stand des Wissens: 11.08.2023
Synthesebericht gehört zu:
Auf den erweiterten multimodalen (städtischen) Mobilitätsmarkt drängen, neben den etablierten Anbietern des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), zunehmend weitere Verkehrsdienstleister (Automobilhersteller und -vermieter, Fahrradverleihfirmen, überregionale öffentliche Dienstleister wie die Deutsche Bahn AG, Fernbuslinien, Informationsportale et cetera) [vgl. FoPS15/16, S. 2].
Die Initiative zur Vernetzung dieser Angebote mit dem Angebot des Öffentlichen Verkehrs (ÖV) kann dabei von den Verkehrsunternehmen oder den Verkehrsverbünden ausgehen [vgl. Gertz13, S. 26]. "Eine solche Vernetzung läge auch im starken Interesse der Kommunen und Regionen, die häufig Aufgabenträger und Eigentümer von Verkehrsunternehmen sind" [vgl. FoPS15/16, S. 2]. Der Verkehrsverbund als regionaler Aufgabenträger sollte dabei nach [BaBiWo13] wichtiger Partner für die lokale Nahverkehrsorganisation (Verkehrsunternehmen) bei der weitgehenden Integration alternativer Angebote in den ÖPNV sein. Die Gründe hierfür sind [vgl. BaBiWo13, S. 39]:
- Verantwortlichkeit des Verkehrsverbundes für die Gestaltung regionaler Verkehrsangebote mit denen die (lokalen) alternativen Dienste zu verknüpfen sind und
- Zuständigkeit des Verkehrsverbundes (in Kooperation mit den Verkehrsunternehmen) für Definition verbundweiter, übergeordneter Empfehlungen beziehungsweise Standards in relevanten Handlungsfeldern (bei entsprechender Delegation der Zuständigkeit vom Aufgabenträger an den Zweckverband/Verkehrsverbund).
Verkehrsunternehmen können im Auftrag der Aufgabenträger und im unmittelbaren Kontakt mit ihren Fahrgästen in der Regel schnell und flexibel agieren. Daher treten viele größere Verkehrsunternehmen als Initiatoren für neue Vernetzungskonzepte auf [vgl. Gertz13, S. 26]. Allerdings lässt sich feststellen, dass "[d]ie bei der Entwicklung und dauerhaften Organisation von Mobilitätsverbünden notwendigen Tätigkeiten [...] in hohem Maße deckungsgleich mit den Kernaufgaben der Verkehrsverbünde (Information, Tarif, Marketing und Vertrieb) [sind]" [Gertz13, S. 26]. Folglich ist es konsequent, wenn auch die Verkehrsverbünde die Vernetzung vorantreiben und, sofern dies nicht bereits zu Beginn der Fall ist, diese in der Folge zur Verbundaktivität wird [vgl. Gertz13].
Eine in [KoBer13] dargestellte Befragung unter deutschen Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbünden und Aufgabenträgern sowie weiteren Verkehrsdienstleistungen (Car- und Bikesharing-Anbieter) ergab [KoBer13, S. 9]:
- Verkehrsverbünde werden als die bedeutendsten Akteure, noch vor den Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern, im multimodalen Umfeld eingeschätzt,
- Verkehrsverbünde: zentrale Rolle als Integrator weiterer Leistungen,
- Verkehrsunternehmen: wichtige Rolle als Gestalter der Kernleistung und
- Aufgabenträger: Schaffung eines grundlegenden Rahmens für die Etablierung vernetzter Mobilität.
Das Konkurrenzdenken zwischen allen Anbietern, den ÖV-Unternehmen und Verbünden auf der einen Seite und der Automobilindustrie und weiteren Anbietern auf der anderen Seite, ist grundsätzlich kontraproduktiv. Viel entscheidender ist die Frage, welcher Akteur (ÖV, Automobilindustrie oder externe Dritte) die höchste Innovationsgeschwindigkeit bei der "Besetzung" des Themenfelds vernetzte Mobilität aufweist und damit die Chance erhält, sich als multimodaler Mobilitätsdienstleister zu etablieren [vgl. Gertz13, S. 26].
Aus Sicht der Betreiber von Verkehrsangeboten, das heißt Verkehrsunternehmen und Verkehrsdienstleister, bestehen allgemein die folgenden Anforderungen an ein integriertes ÖPNV-Angebot [BaBiWo13, S. 36, Tab. 1]:
- eindeutige und einfache vertragliche beziehungsweise genehmigungsrechtliche Regelungen,
- keine Benachteiligung vorhandener Verkehrsunternehmen,
- hohe Planungssicherheit für Leistungserbringung und Erträge,
- einfacher/ergiebiger Tarif,
- möglichst weitgehende Automatisierung/Zentralisierung von Betriebsablauf und Datenmanagement,
- (finanzieller) Anreiz beziehungsweise Gewinn,
- Datenschutz und
- für Anbieter von Mitfahrgelegenheiten keine Belastung durch betriebliche Aufgaben.
Informationsdienstleister für multimodale Angebote (multimodale Mobilitäts-Apps) bieten digitale Dienste des elektronischen Informierens, Buchens, Bezahlens sowie gegebenenfalls weitere Serviceleistungen vernetzt und integriert an. Hierdurch entsteht unter anderem die Möglichkeit, die gebaute Infrastruktur durch virtuelle Dienstleistungen zielgerichteter und sinnvoller zu ergänzen ("Digitale Infrastruktur"). Beispiele für derartige multimodale Mobilitäts-Apps und deren Anbieter sind Quixxit der Deutschen Bahn AG (DB AG) und moovel von Daimler.
Allgemein lässt sich zwar feststellen, dass der ÖV und die Automobilindustrie als neuer Dienstleister im Bereich des ÖV im Wettbewerb um die Kundenschnittstelle zueinander stehen, jedoch zeichnet sich kein generelles Gegeneinander ab. Vielmehr existieren auch Bestrebungen, gemeinsame Kooperationsmodelle (zum Beispiel im Bereich Carsharing) zu entwickeln [Gertz13, S. 26]. Im FIS-Synthesebericht "Lösungsbereiche und Beispiele" werden verschiedene Beispiele dafür vorgestellt.