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Logistik in der Automobilbranche

Erstellt am: 02.04.2015 | Stand des Wissens: 14.12.2023
Synthesebericht gehört zu:

Die Automobilhersteller gelten als herausragende Vertreter der "variantenreichen Stückgutindustrie" und als Deutschlands wichtigster Industriezweig. Im Jahre 2019 waren insgesamt 774.339 Mitarbeitende bei den Automobilproduzenten beschäftigt und erwirtschafteten voraussichtlich 506,1 Milliarden Euro [Stat21j; Stat21i; Stat23d]. Damit ist der Umsatz seit Anfang der Corona-Krise 2020 um 33 Prozent gewachsen. Der Anteil der Beschäftigten der Lieferanten ist in diesen Zahlen nicht enthalten. Da sich dieser Industriezweig in einem turbulenten Markt befindet, mit einem hohen existierenden Wettbewerbsdruck, sind die Hersteller dazu gezwungen, ihre Fahrzeuge zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Um Kosten zu sparen, greifen die Hersteller auf Rationalisierungsmaßnahmen zurück, die Veränderungen in der Arbeitsteilung und den Aufgabenbereichen der Supply Chain Partner hervorrufen [GoSc17, S. 2f.].
Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die Umsatzentwicklung in der Automobilbranche. Durch das stetig prognostizierte Wachstum der Automobilbranche wird die daran angeschlossene Logistik weiterhin von Bedeutung sein. Bei den Umsatzwerten in Abbildung 1 handelt es sich ab dem Jahr 2020 um Prognosewerte.
Prognose Umsatzentwicklung Automobilindustrie_445673.pngAbb. 1: Prognose der Umsatzentwicklung in der Automobilindustrie in Deutschland in den Jahren von 2007 bis 2025 [in Anlehnung an Stat21i] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)


Das Bindeglied zwischen den einzelnen beteiligten Supply Chain Mitgliedern stellen die Logistikdienstleister dar. Sie stellen den Herstellern ihre flexiblen Transportkapazitäten zur Verfügung, übernehmen teils integrative und steuernde Tätigkeiten und versorgen in einigen Fällen eigenverantwortlich ganze Montagelinien. Außerdem synchronisieren sie die Prozesse zwischen den Lieferanten (Verladern) und den Empfängern [GeHe07, S. 6]. Im Vergleich zu den ersten Automobilen hat sich das heutige Automobil durch zunehmende Variantenvielfalt und technischem Fortschritt zu einem komplexen Produkt entwickelt. Hier ist zum Beispiel hervorzuheben, dass die Zulieferer oder Logistikdienstleister stärker in produzierende Prozesse zusätzlich zu dem Transport eingebunden sind. Zulieferer oder Logistikdienstleister liefern immer weniger Einzelteile, sondern Module oder Sets, die vormontiert wurden [Meye19]. Diese Entwicklung hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Logistik in der Automobilbranche. Seit Beginn der 50er Jahre hat sich ein globaler Strukturwandel in der Automobilindustrie vollzogen. Es wurden vermehrt Reorganisationsprojekte durchgeführt, um die Lieferantenanzahl zu verringern, Just-in-time Strategien zu verfolgen und infolge dessen Logistikdienstleistungen auszulagern (outsourcen) [Meye19].
Seit Anfang der 90er konzentrieren sich die Hersteller im zunehmenden Maße auf integrative Konzepte des Supply Chain Managements. Diese Konzepte verlangen eine Integration und kooperative Zusammenarbeit aller beteiligten Partner, vor allem in den Bereichen Bestellung, Transport, Materialmanagement, Prognose, Distribution, Kapazitätsplanung und Produktion. Entsprechend entwickelt sich die Automobilindustrie von einer reinen Hierarchiestruktur, mit dem Automobilhersteller als führendes beziehungsweise "herrschendes" Unternehmen, zu einer Netzwerkstruktur. Diese Entwicklung ist derzeit noch nicht abgeschlossen [Meye19].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Branchenspezifische Logistik (Stand des Wissens: 01.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?286059
Literatur
[GeHe07] Gehr, F., Hellingrath, B. Logistik in der Automobilindustrie: Innovatives Supply Chain Management für wettbewerbsfähige Zulieferstrukturen , Ausgabe/Auflage Auflage 1., Springer, Berlin, 2007, ISBN/ISSN 354014045X
[GoSc17] Göpfert, Ingrid , Schulz, Matthias , Wellbrock, Wanja Trends in der Automobillogistik, veröffentlicht in Automobillogistik - Stand und Zukunftstrends, 2017, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-658-11103-8
[Meye19] Bundesvereinigung Logistik e.V. , Meyer, Christoph Automobillogistik , 2019/07/11
[Stat21i] Statistisches Bundesamt Prognostizierte Umsatzentwicklung in der Automobilindustrie in Deutschland in den Jahren von 2013 bis 2025, 2021/10
[Stat21j] Statistisches Bundesamt Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie in den Jahren 2010 bis 2020, 2019
[Stat23d] Statista (Hrsg.) Umsatz der Automobilindustrie in Deutschland von 2011 bis 2022, 2023
Weiterführende Literatur
[VDA14] VDA (Hrsg.) Zahlen und Fakten - Verband der Automobilindustrie, 2014
Glossar
Just-In-Time "Just-In-Time" (JIT) ist ein Transportservice, bei dem die Auslieferung von Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt wird. Der Kunde legt vorher fest, wann und wohin die Güter geliefert werden sollen. Häufig wird JIT in der Produktions-Logistik eingesetzt, um eine produktionssynchrone Beschaffung umzusetzen. Mit diesem Prinzip lassen sich beispielsweise Zwischenlager sparen und somit Kosten senken.
Logistikdienstleister Logistikdienstleister (abgekürzt: LDL; Englisch: logistics service provider) bezeichnet die Weiterentwicklung des traditionellen Speditionsgeschäfts. Über Transport, Umschlag und Lagerung (TUL) hinaus bietet der LDL weitere Leistungen und Lösungen an, zum Beispiel kundenbezogene Lagerung, Kommissionierung, Assemblierung, Fakturierung usw. LDL und 3PL werden häufig synonym verwendet.
Supply Chain Als Supply Chain (Liefer- oder Wertschöpfungskette) bezeichnet man ein organisationsübergreifendes Netzwerk, welches als Gesamtsystem Güter für einen bestimmten Markt hervorbringt. Die heutigen Supply Chains sind aufgrund der Vielzahl von beteiligten Zulieferern, Dienstleistern und Kunden - die wiederum an anderen Supply Chains beteiligt sein können - sehr komplexe, interdependente Gebilde. Treffender müsste daher eine Supply Chain, aufgrund der häufig vorkommenden netzwerkartigen Struktur der zusammenarbeitenden Unternehmen, als "Supply Network" bezeichnet werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?445673

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 13:00:09