Jade-Weser-Port (JWP)
Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 06.01.2025
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Die beiden großen deutschen Containerterminal-Standorte Hamburg und Bremerhaven weisen trotz geplanter und erfolgter Erweiterungen und Innenverdichtung nur begrenzte Möglichkeiten für einen weiteren Ausbau auf. Nachdem in Hamburg 2002 der Container Terminal Altenwerder eröffnet wurde und das Terminal Burchardkai 2009 und 2014 neben Leistungssteigerung durch Automatisierungen in der Lagerführung mit insgesamt zehn neuen Containerbrücken verstärkt wurde, wurde 2016 eine zusätzliche Erweiterung und Automatisierung des Burchardkais durchgeführt, im Zuge derer drei weitere Containerbrücken installiert wurden. Dadurch soll das Terminal in der Lage sein, an zwei Stellplätzen Schiffe mit einer Kapazität von 20.000 TEU abfertigen [HHLA16]. In Bremerhaven wurde 2008 die im Rahmen des Großprojektes Container-Terminal 4 (CT 4) geschaffene 1.681 Meter lange Erweiterung der Stromkaje des Container-Terminals eröffnet [Aden08, S. 399].
Nachdem eine Bedarfsanalyse von PLANCO den Bedarf eines Tiefwasserhafens in Deutschland bestätigte [PLANCO00] und Roland Berger & Co. in einer Standortanalyse für Wilhelmshaven votierte [Rola00; Rola00a], einigten sich die Länder Niedersachsen, Hamburg und Bremen am 30.03.2001 auf den Bau eines Containerhafens in der Deutschen Bucht am Standort Wilhelmshaven, wobei Hamburg seine Beteiligung am Bau des Hafens später zurückzog. Nach Verzögerungen während der Bauzeit wurde der JadeWeserPort im September 2012 eröffnet [NDR12c].
Heute ist der Jade-Weser-Port der östlichste Tiefwasserhafen der Nordrange und zeichnet sich in der aktuellen Ausbaustufe durch eine Kailänge von 1.725 Metern bei 18 Metern Wassertiefe und einer Terminalfläche von 130 Hektar aus. Bisher sind 8 der geplanten 16 Containerbrücken auf dem Terminal im Einsatz. Zwei weitere Brücken wurden jedoch Ende 2023 gebaut und sind bereits in Betrieb. Die maximale Jahresumschlagkapazität beträgt etwa 2,7 Millionen TEU [EUR20], wobei im Jahr 2022 ein Jahresumschlag von 0,68 Millionen TEU erzielt wurde. Nautische Simulationen haben gezeigt, dass der Hafen, nach einer kurzen Revierfahrt von 23 Seemeilen, von Containerschiffen mit Schiffslängen bis 430 Meter, 58 Metern Breite und Tiefgängen bis zu 16 Metern erreicht werden kann. Zum Vergleich: die Revierfahrt nach Hamburg beträgt 78 Seemeilen, die nach Bremerhaven 32 Seemeilen [WisB19, S. 9]. Damit können bis zu vier Großcontainerschiffe der neuen Generation mit Kapazitäten von über 20.000 TEU und Feederschiffe zeitgleich, tideunabhängig, voll beladen abgefertigt werden [Koch05]. Die Entfernung zum Nord-Ostsee-Kanal beträgt 73 Seemeilen, bis Skagen sind es 314 Seemeilen und Ushant liegt 639 Seemeilen entfernt.
Betreiber des Hafens wurde die EUROGATE Container Terminal Wilhelmshaven GmbH & Co KG. EUROGATE ist Europas führender Containerterminalbetreiber mit zehn Terminal-Standorten und einem Umschlag von mehr als 5,44 Millionen TEU in 2023 [EUGT23]. In Wilhelmshaven stehen Eurogate aktuell 93 Hektar mit einer Umschlagskapazität von 1,4 Millionen TEU jährlich zur Verfügung. Der Standort soll eine zentrale Rolle im Terminalnetz spielen [Rein02a, S. 94]. Außerdem beteiligte sich APM Terminals International (30 Prozent), ein Unternehmen der Maersk-Gruppe, an dem allen Reedern offenstehenden Hafen.
An den JadeWeserPort direkt angrenzend besteht eine 160 Hektar große Fläche, die als Güterverkehrszentrum genutzt wird. Mit seiner vertikal integrierten und damit prozessorientierten Logistikfunktion soll es dazu beitragen, am Standort Wilhelmshaven kein ausschließlich umschlagorientiertes, sondern ein Logistik integrierendes Interface zu entwickeln. Aus Marktumfragen wurden die folgenden Angebote als nachfragegerecht ermittelt:
- Gleisanschlüsse für den konventionellen Schienenverkehr,
- KV-Umschlaganlage für den intermodalen Verkehr,
- Speditionsdienstleistungen,
- Anmietung von Lagerhallen,
- Dienstleistungen rund um den Container (Depot, Reparatur) [Koch05, S. 222 f.].
Die Baukosten des Jadeweserports betrugen insgesamt etwa 1 Milliarde Euro, wovon 350 Millionen Euro auf die Suprastruktur entfallen [JWPR10]. Die Fertigstellung des Containerhafens war für 2010 geplant, im Frühjahr 2010 wurde nach Terminüberschreitungen und im Ergebnis der Wirtschaftskrise 2008/09 von der Realisierungsgesellschaft und den Betreibern der 5. August 2012 als Starttermin für die ersten 1000 Meter Kaje festgelegt, welcher nach Rissen in der Kaimauer auf September 2012 verschoben wurde. Eine feierliche Eröffnung des Hafens fand am 21. September 2012 statt. Weitere Ausbaumöglichkeiten sind gegeben. Ein jährlicher Umschlag von 6 Millionen TEU wäre mit einer zweiten Ausbaustufe möglich, was jedoch nur bei deutlich höheren Umschlagszahlen nötig wird [HAZ16]. Mit der Planung des Ausbauverfahrens soll auf Bestreben des Landes Niedersachsen 2018 begonnen werden, indem zunächst eine Bedarfsanalyse durchgeführt wird [WiZei18].
Die ersten Dienste, die den Jade-Weser-Port in seiner Anlaufphase bedienen, verlaufen nach Europa sowie Nord- und Südostasien. Die Inbetriebnahme verlief zunächst schleppend, da langfristige Verträge der Reedereien mit anderen Häfen bedient werden müssen. So hat der Jade-Weser-Port im ersten vollen Geschäftsjahr 2013 nur rund 76.000 TEU umgeschlagen und musste die Mitarbeiter lange Zeit in Kurzarbeit beschäftigen [NDR14b]. Seitdem konnte der Umschlag um über 880 Prozent auf über 650.000 TEU gesteigert werden. Ein für 2019 erwarteter weiterer Wachstum blieb jedoch aus, obwohl der Volkswagen-Konzern in diesem Jahr ein neues Verpackungszentrum am Jade-Weser-Port eröffnete. Ebenfalls investierte der Tiefkühllogistiker Nordfrost bis 2020 noch einmal 100 Millionen Euro in seinen Standort [NDR18e]. In Abbildung 1 ist die Entwicklung des Containerumschlags im Jade-Weser-Port dargestellt.
Aufgrund seiner Lage steht der Tiefwasserhafen in Konkurrenz um das Hinterland zu den deutschen Häfen Hamburg und Bremerhaven sowie den Häfen der ARA-Range. Die Betreiber setzen auf einen hohen Transshipment-Anteil durch den Umschlag von Containern für das beziehungsweise aus dem Baltikum, Skandinavien und Russland.