Ausbau der seewärtigen Zufahrten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Seehäfen
Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 06.01.2025
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Der Ausbau der seewärtigen Hafenzufahrten stellt einen entscheidenden Faktor im Hafenwettbewerb dar. Mit fortwährend wachsenden Schiffsgrößen steigen auch die Anforderungen an die Zugänglichkeit der Containerterminals. Sowohl die Wassertiefe als auch die Breite der Fahrrinne müssen dieser Entwicklung angepasst werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen zu erhalten. Streitpunkte bei Ausbaumaßnahmen bleiben vor allem die Fragen der Wirtschaftlichkeit und Finanzierung sowie die Auswirkungen auf Natur und Umwelt.
Die Wirtschaftlichkeit ist vor allem auf Grund der Finanzierung von Ausbaumaßnahmen aus Mitteln der öffentlichen Hand problematisch. Bei vollständig privater Finanzierung des Hafenausbaus und verursachungsgerechter Kostenanlastung müssten große Schiffe mit bedeutend höheren Hafengebühren belastet werden. Diese würde zu geringeren Skaleneffekten der Großcontainerschiffe führen und deren Wirtschaftlichkeit schaden. Jedoch wurde mit dem Beschluss zum Port Package III durch die EU im Jahr 2016 eine Regelung geschaffen, mit der die Kostenstrukturen der Hafengebühren durch die Hafenbetreiber offengelegt werden sollen, um eine größere Transparenz zu gewährleisten [Welt16a].
Eng verbunden mit der Frage der Wirtschaftlichkeit ist die Umweltverträglichkeit und der Hochwasserschutz. Für den Umweltverbrauch durch Fahrrinnenanpassungen sind Kompensationsmaßnahmen durchzuführen, die mit hohen Kosten verbunden sind. Besondere Beachtung muss hier auch dem gesamtgesellschaftlichen Nutzen gewidmet werden [Dück06; HPAWSW06].
Die an der deutschen Nordseeküste gelegenen Containerterminals in Hamburg und den bremischen Häfen können von den größten im Einsatz befindlichen Containerschiffen nicht tideunabhängig und voll beladen erreicht werden. Das einzige tideunabhängig anlaufbare deutsche Containerterminal ist der 2012 eröffnete Jade Weser Port in Wilhelmshaven. Zwar stieg der Umschlag im Jade Weser Port seit 2013 um über 600 Prozent auf 481.720 TEU im Jahr 2016, ist von den Prognosen vor der Eröffnung von rund 2.700.000 TEU pro Jahr jedoch noch weit entfernt [MCFD17 und NDR14b]. Im Jahr 2018 verbuchte Jade-Weser-Port zum dritten Mal in Folge ein zweistelliges Wachstum. Das Ziel von 2.700.000 TEU pro Jahr wurde mittlerweile auf 1.000.000 TEU nach unten korrigiert und konnte trotz des Aufschwunges noch nicht erreicht werden [NDR19a]. 2021 wurden am Jade Weser Port mehr als 712.000 Standardcontainer umgeschlagen, die höchste Umschlagsmenge seit seiner Eröffnung [NDS22]. Der Hafen von Wilhelmshaven verlor im 2023 deutlich an Umschlagsmenge, insegsamt 531.000 TEU.
Tabelle 1 zeigt die aktuellen Wassertiefen der deutschen Containerhäfen, sowie den dadurch maximal zulässigen Tiefgang der einlaufenden Containerschiffe. Die geplante Elbvertiefung soll dafür sorgen, dass zukünftig Schiffe mit einem tideunabhängigen Tiefgang von 13,5 Metern und einem tideabhängigen Tiefgang von 15,6 Metern den Hamburger Hafen voll beladen erreichen können [NDR16c].
Zur Begrenzung des notwendigen Hafenausbaus und vor allem des damit verbundenen Problems der Finanzierung des Ausbaus aus Mitteln der öffentlichen Hand wurde 2002 der Vorschlag gemacht, durch eine weltweite maritime Organisation Vereinbarungen über die Dimensionen von Kanälen, Häfen und Containerschiffen zu treffen. Der internationale Standard sollte demnach bei Schiffen mit 8.000 TEU und einem Tiefgang von 15,2 Metern liegen. Sollten Reeder größere Schiffe einsetzen wollen, so müssten sie die dafür notwendigen Spezialhäfen selber finanzieren [Asha02]. Vorschläge in diese Richtung wurden nicht ernsthaft diskutiert und sind bisher nicht durchsetzbar.
Nach dem Reformkonzept des BMVBS für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ist eine Kategorisierung der Seewasserstraßen nach Vorrang-, Haupt- und sonstigen Seewasserstraßen vorgesehen. Nach diesem Konzept sind die Zufahrten von Wilhelmshaven, Bremerhaven, Hamburg, Lübeck, Rostock und der Nord-Ostsee-Kanal als Vorrangwasserstraßen vorgesehen, Emden, Bremen und Wismar hingegen liegen an Hauptwasserstraßen und alle anderen Häfen an sonstigen [BMVBS11k, S. 8].