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Verkehrsprognose 2030 (BVWP)

Erstellt am: 18.07.2013 | Stand des Wissens: 22.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die Verkehrsprognose 2025, die 2003 als Grundlage für den Bundesverkehrswegeplan genommen wurde, ist als Grundlage zur Erarbeitung des BVWP 2030 ungeeignet, da sie veraltet ist. Deshalb wurde - über mehrere Teilprognosen verteilt - eine aktualisierte Verkehrsprognose 2030 erstellt [BMVI13a]. Eine Verkehrsprognose für 2040 befindet sich in Bearbeitung.
In die zusammenfassende Darstellung der sozio-ökonomischen und verkehrspolitischen Rahmenbedingungen der Verkehrsprognose 2030 sind Anmerkungen und Hinweisen aus dem Beteiligungsprozess bereits eingearbeitet. [ITP14a].
Im Rahmen der Verkehrsprognose 2030 (Verflechtungsprognose) wurden "[...] die deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen in Form von Quelle-Ziel-Matrizen des Güter- und des Personenverkehrs für das Basisjahr 2010 und den Prognosehorizont 2030 sowie die in Netzumlegungen ermittelten Verkehrs- und Fahrleistungen der einzelnen Verkehrsträger auf den entsprechenden Infrastrukturen ermittelt und dargestellt" [BMVI13a]. Dies geschah durch ein dreistufiges Prognoseverfahren (Globalprognose, Netzumlegung und Rückkopplung).
Das gewählte Verfahren ist eine wesentliche Grundlage für die langfristige Planung des Verkehrssystems. Die Erarbeitung unterteilt sich in sechs verschiedene zusammenhängende Teilprognosen [BMVI13a]:
  • Erstellung einer regionalisierten Strukturdatenprognose
  • Erstellung der Prognose des Seeverkehrs und Seehafenhinterlandverkehrs
  • Erstellung der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2030 unter Berücksichtigung des Luftverkehrs
  • Sektoralprognose/ Netzumlegung Straße
  • Sektoralprognose/ Netzumlegung Schiene
  • Sektoralprognose/ Netzumlegung Wasserstraße
Die Abbildung 1 verdeutlicht die Struktur der Verkehrsprognose 2030.

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Abbildung 1: Struktur der Verkehrsprognose 2030 [BMVI13a]


Zentrales Ergebnis der Verkehrsprognose ist ein weiteres Wachstum des Verkehrsaufkommens. Der Personenverkehr wächst zwischem dem Jahr 2010 und dem Jahr 2030 von 101,8 auf 103 Milliarden Fahrten.Gleichzeitig steigt der Fernverkehr und die Fahrweite nimmt zu. Hieraus resultiert eine zum Verkehrsaufkommen überproportional steigende Verkehrsleistung, die um 12,9 Prozent von 1.184 Milliarden Personenkilometern (Jahr 2010) auf 1.329 Milliarden Personenkilometern (Jahr 2030) ansteigen wird [ITP14a, Kurzfassung, S. 4]. Die Ursache hierfür liegt im künftigen Wirtschaftswachstum und Motorisierungsgrad. Dämpfende Effekte, die aus der alternden Gesellschaft resultieren, werden durch höhere Mobilität im Alter überkompensiert [ITP14a, Kurzfassung, S. 4].


Verkehrsaufkommen und -leistung Personenverkehr Verkehrsprognose 2030Tabelle 1: Verkehrsaufkommen und -leistung 2010 und 2030 im Vergleich [ITP14a, Kurzfassung]

Die Zunahme im motorisierten Individualverkehr wird hauptsächlich einer zunehmenden Freizeitmobilität zugeschrieben. Aufgrund des stärker steigenden Bahn- und Luftverkehrs verliert der MIV jedoch Anteile am Modal Split [ITP14a, Kurzfassung, S. 4].

Im Bahnverkehr werden "erhebliche Angebotsverbesserungen" [ITP14a, Kurzfassung, S. 5] unterstellt, die zu einer deutlichen Steigerung des Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung führen und bei Umsetzung den Marktanteil der Eisenbahn auf 7,9 Prozent erhöhen können [ITP14a, Kurzfassung, S. 5]. Ausgebremst wird der Anstieg im Bahnverkehr jedoch durch die Zunahme im Fernlinienbusverkehr, ohne die der öffentliche Straßenpersonenverkehr bei Verkehrsleistung- und aufkommen abnehmen würde [ITP14a, Kurzfassung, S. 5].
Im Güterverkehr wird eine Steigerung des Transportaufkommens um 18 Prozent und eine Steigerung der Transportleistung um 38 Prozent geschlussfolgert. Auch hier ist die höhere Steigerung der Transportleistung gegenüber dem Aufkommen durch höhere Transportdistanzen zu erklären: Die mittleren Transportweiten steigen um 17 Prozent von 164 Kilometer im Jahr 2010 auf 192 Kilometer im Jahr 2030 [ITP14a, Kurzfassung, S. 8]. Dieser Effekt zeigt sich insbesondere beim Verkehrsträger Schiene, dessen Steigerungen der Transportentfernungen auf 43 Prozent prognostiziert werden [ITP14a, Kurzfassung, S. 9]. Es wird erwartet, dass sich die Steigerung der auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezogenen Transportleistung (Transportintensität) einer Sättigungsgrenze nähert, da die Transportelastizität gleichzeitig sinkt und sich die Wachstumsraten der Güterverkehrsleistung und des BIP annähern [ITP14a, Kurzfassung, S. 8].


Transportaufkommen- und leistung Verkehrsprognose 2030Tabelle 2: Transportaufkommen- und leistung 2010 und 2030 im Vergleich [ITP14a, Kurzfassung] 

Das Aufkommenswachstum im Straßenverkehr ist dabei geringer als auf der Schiene und bei der Binnenschifffahrt, ebenso ist das Leistungswachstum der Schiene höher, dennoch entfallen 80 Prozent des gesamten Wachstum auf den Straßengüterverkehr. Die prognostizierte Entwicklung im Schienengüterverkehr und teilweise auch in der Binnenschifffahrt wird auf die Entwicklung des kombinierten Verkehrs zurückgeführt, der im Jahr 2030 79 Prozent der Aufkommensbasis und 73 Prozent der Verkehrsleistung ausmachen wird [ITP14a, Kurzfassung, S.9].

Bei den Verkehrsbeziehungen findet das Wachstum vor allen Dingen im grenzüberschreitenden Verkehr und im Transitverkehr statt. Der Binnenverkehr wächst nur unterproportional [ITP14a, Kurzfassung, S. 10].

Die Bedeutung des Seehafenverkehrs führt zum stärksten Wachstum des Güterverkehrs in der Region um Hamburg und Bremen. In Sachsen-Anhalt und im Saarland dagegen sinkt der Güterverkehr aufgrund des Rückgangs im Transport von Massengütern [ITP14a, Kurzfassung, S. 10].

Trotz des Wachstums im Personen- und Güterverkehr wird ein Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen vorhergesagt, da unter anderem ein Rückgang der spezifischen Emissionen bei allen Verkehrsträgern und technologische Effizienzverbesserungen beziehungsweise Verlagerungen bei den Antriebsarten angenommen wird.


Emissionen Verkehrsprognose 2030Tabelle 3: Erwartete Emissionen 2030 [ITP14a, Kurzfassung]
Im Verkehrssektor ist es bisher allerdings nicht gelungen, eine deutliche Emissionsminderung herbeizuführen [BMU17a, UBA18k].
Detailliertere Informationen zu Verkehrsprognosen liefert die Wissenslandkarte "Verkehrsprognosen", die mit der vorliegenden Wissenslandkarte verlinkt ist (siehe "Thematisch verwandte Karten" im rechts angezeigten Reiter).
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Bundesverkehrswegeplanung (BVWP) (Stand des Wissens: 22.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?27781
Verkehrsprognosen (Stand des Wissens: 27.02.2019)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?226908
Literatur
[BMU17a] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Klimaschutz in Zahlen: Der Sektor Verkehr, 2017
[BMVI13a] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Verkehrsprognose 2030, 2013
[ITP14a] BVU Beratergruppe Verkehr+Umwelt GmbH, Intraplan Consult GmbH, IVV-Ingenieurgruppe für Verkehrswesen und Verfahrensentwicklung, PLANCO Consulting GmbH, Schubert, Markus, Kluth, Tobias, Nebauer, Gregor, Ratzenberger, Ralf, Kotzagiorgis, Stefanos, Butz, Bernd, Schneider, Walter, Leible, Markus Verkehrsverflechtungsprognose 2030 - Schlussbericht, 2014/06/11
[UBA18k] Umweltbundesamt (Hrsg.) Indikator: Emission von Treibhausgasen, 2018/07/30
Weiterführende Literatur
[BMVI2020a] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Schienengüterverkehrskorridore: Die Zukunft des Schienengüterverkehrs in Europa, 2020/09/21
[BMVBS13e] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Sozio-ökonomische und verkehrspolitische Rahmenbedingungen der
Verkehrsprognose
Zusammenfassende Darstellung, 2013/02
Glossar
Personenkilometer
Die Einheit Personenkilometer [Pkm] beschreibt die im Rahmen einer Personenbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Verkehrsmenge (Summe der beförderten Personen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km.
Verkehrsarbeit [Pkm] = Verkehrsmenge [P] * Wegstrecke [km]
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Bruttoinlandsprodukt
"Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum. Es misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung), soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden." (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Transitverkehr Unter Transitverkehr ist vor allem Güterverkehr zu verstehen, der durch ein Land hindurchführt, das nicht Ziel der Warensendung ist.
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.
Seehafenhinterlandverkehr Als Seehafenhinterlandverkehr werden im Allgemeinen der Zu- und Ablaufverkehr der Seehäfen mit den Verkehrsträgern Straße, Schiene und Binnen- bzw. Küstenschiff zu den Wirtschaftszentren im Binnenland bezeichnet.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?412634

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 15:30:37