Pkw-Besitz von Carsharing-Kunden
Erstellt am: 09.07.2013 | Stand des Wissens: 20.02.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Der Pkw-Besitz von Carsharing-Kunden ist geringer als im Bevölkerungsdurchschnitt (über 78 Prozent aller Haushalte verfügen in Deutschland über mindestens einen Pkw [UBA18e]). Jedoch zeigen sich Unterschiede im Pkw-Besitz bei Nutzern des stationsbasierten beziehungsweise des Free-Floating Systems.
Zum Anmeldungszeitpunkt lebten laut einer Umfrage des Bundesverbands Carsharings im Jahr 2016 etwa 73 Prozent der Carsharing-Kunden überwiegend autofrei. Der Abschaffung des Pkws vor der Carsharing-Anmeldung ist eine höhere Bedeutung zuzumessen als während der Carsharing-Teilnahme. Die Hauptgründe für das Abschaffen sind die geringe Nutzung des eigenen Fahrzeugs (23,7 Prozent) oder ein defektes Fahrzeug [bcs16c]. Um einen klimaneutralen und flächeneffizienten Verkehr zu erreichen, müssen zukünftig pro 1.000 Einwohner*innen 150 Pkw ausreichen. In den Großstädten sind es heutzutage 450 Pkw. Viele Carsharing-Kund*innen haben ihren privaten Pkw heute abgeschafft. Teilweise kommen auf tausend Nutzer*innen nur noch knapp 100 private Pkw [BuCa21a, S. 2 f.].
Laut dem MiD-Bericht 2017 sind Personen mit einer Carsharing-Mitgliedschaft häufiger in Haushalten ohne Pkw als mit Pkw anzutreffen. Deutschlandweit leben in zehn Prozent aller autofreien Haushalte Carsharing-Mitglieder. In Haushalten mit Pkw sind es drei Prozent [Nobi18, S. 36].
In einer im Rahmen des EU-Projektes STARS durchgeführten Untersuchung wurde die Entlastungsleistung zwischen den verschiedenen Carsharing-Varianten in den drei Städten Frankfurt am Main, Köln und Stuttgart analysiert. In diesen jeweils ähnlichen Untersuchungsräumen mit optimalen Bedingungen für einen Verzicht auf den Privat-Pkw waren die Carsharing-Angebote, bis auf den Peer-to-peer-Carsharing-Anbieter, langjährig eingeführt. Laut den Studienergebnissen hatten die Kund*innen, welche stationsbasiertes Carsharing nutzen, schon vor der Anmeldung einen niedrigen Autobestand. Laut dem heutigen Stand haben sie ihren Autobestand ein weiteres Mal um 66 Prozent reduziert und leben zu 81 Prozent in autofreien Haushalten (siehe Abbildung 1 und 2), woraus sich eine Motorisierungsquote von 108 Pkw pro 1000 Personen in den Befragungshaushalten ergibt. Eine etwa gleich hohe verkehrsentlastende Wirkung des Carsharing-Angebots ist bei den Nutzer*innen des kombinierten Carsharings erkennbar. Kund*innen, die ausschließlich Free-Floating nutzen, weisen nur eine leicht geringere Motorisierungsquote wie die ebenso befragten Nicht-Nutzer*innen von Carsharing in den Untersuchungsräumen auf. Da sich der Autobestand der reinen Free-floating-Kund*innen nur um 5 Prozent reduzierte, tragen Carsharing-Nutzer*innen dieser Variante tragen weniger zur Verkehrsentlastung bei. Fahrer*innen, welche sowohl reines Free-Floating als auch das stationsbasierte Carsharing nutzen, verhalten sich in Bezug auf die Autoanschaffung ähnlich wie Nutzer*innen des stationsbasierten oder des kombinierten Systems. In dieser Gruppe reduzierte sich der Autobestand um 42 Prozent und 68 Prozent leben heute in autofreien Haushalten bei einer Motorisierungsquote von 173 Pkw pro 1000 Personen. Die Ergebnisse dieser STARS-Studie vertreten nicht das Carsharing-Angebot in allen Stadtgebieten der drei untersuchten Städte. Sie stellen jedoch dar, welche Carsharing-Varianten in welchen Stadtteilen für ein autofreies Leben und ein multimodales Mobilitätsverhalten funktionieren könnten.

Abbildung 1: Entwicklung der Motorisierung der Nutzer*innen unterschiedlicher Carsharing-Varianten zu drei Zeitpunkten [BuCa19, S. 14]

In älteren Altersklassen (56- bis 65-Jährige beziehungsweise über 65 Jahre) steigt die Abschaffungsquote eines Pkws. Alleinlebende können ebenfalls eine steigende Abschaffungsquote vorweisen [bcs16c].
In urbanen Regionen können Carsharing-Fahrzeuge den Privat-Pkw ersetzen, während auf dem Land ein Carsharing-Fahrzeug als Zweitwagen dienen kann [vgl. Mage16].
Eng verbunden mit der Pkw-Teilung beziehungsweise Abschaffung ist die Verminderung des Parkraumbedarfs. Ein stationsbasiertes Carsharing-Fahrzeug kann zwischen acht und 20 Privat-Pkws in Stadtquartieren ersetzen [bcs16b]. Laut einer Befragung in München kann ein Free-Floating-Fahrzeug zwei bis 3,6 Privat-Pkw ersetzen [team15]. Ein Carsharing-Fahrzeug befindet sich durch häufigere Nutzung weniger auf einem Parkplatz als ein Privat-Pkw [Rid18]. Außerdem benötigen die meisten Carsharing-Fahrzeuge (mit überproportionalem Kleinwagenanteil in der Flotte) durchschnittlich weniger Fläche als ein Privat-Pkw. Durch Carsharing werden vor allem in Städten Flächen, die sonst für das Parken verwendet wurden, für andere Nutzungszwecke wie für Grünflächen oder für Anlagen des Fuß-und Radverkehrs frei.
Für den umgekehrten Fall, dass positive Carsharing-Erfahrungen (Ausprobieren von verschiedenen Fahrzeugtypen, Fahrspaß, Komfort, Gewohnheit) zu einem späteren Autokauf verleiten, bedarf es noch weiterer Forschungen.