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Wettbewerbsregulierung in der Containerlinienschifffahrt

Erstellt am: 14.04.2003 | Stand des Wissens: 20.10.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Schwerpunkt bei den regulierenden Eingriffen der Politik in die Tätigkeiten der Containerlinienschifffahrt in der EU waren die kartellrechtlichen Ausnahmegenehmigungen für Linienkonferenzen
Rechtsquelle für die europäische Wettbewerbspolitik waren und sind die Artikel 81 und 82 des EG-Vertrages. Diese sehen ein generelles Kartellverbot vor. Allerdings erfolgte eine kartellrechtliche Gruppenfreistellung für Linienkonferenzen auf europäischer Ebene durch die EU-Verordnung 4056/86. Die Gruppenfreistellung für Konsortien war in der EU-Verordnung 870/95 enthalten, die durch die EU-Verordnung 823/2000 bis 2010 verlängert wurde [Haut02; EGKo09]. Seit 2010 ist die EU-Verordnung 906/2009 in Kraft, die durch die EU-Verordnung 697/2014 von ihrer ursprünglichen Geltungsdauer von 2015 bis 2020 verlängert wurde [EGKo09, EUKo14]. Trotz überschrittener Gültigkeitsdauer ist die Verordnung immer noch in Kraft.

Ein Bericht des OECD-Sekretariats zur Linienschifffahrt stellte die Berechtigung zur Sonderbehandlung für Linienkonferenzen generell in Frage und empfahl die Aufhebung aller Ausnahmen von der allgemeinen Wettbewerbspolitik im Bereich Preisbildung und Ratenverhandlung [OECD02]. Basierend darauf hat die EU-Kommission eine formelle Untersuchung zur Verordnung 4056/86 eingeleitet und nachfolgend Verordnung 4056/86, insbesondere die Gruppenfreistellung für Linienkonferenzen, mit Wirkung zum Oktober 2008 vollständig aufgehoben. Ziel war dabei, die "Beförderungskosten zu senken und gleichzeitig die Zuverlässigkeit der Dienste in allen Verkehrsbereichen aufrechtzuerhalten, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und insbesondere der europäischen Verkehrsnutzer zu erhöhen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Seeverkehrsunternehmen zu gefährden" [EuKom05n, S.10]. Die European Liner Affairs Association (ELAA) schlug als Alternative zum Konferenzsystem ein System des Informationsaustausches als Kern eines neuen, für notwendig erachteten Regulierungsmechanismus vor, der nicht die Preissetzung einschließt [GI05, S.198ff.].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Entwicklungen der Containerschifffahrt (Stand des Wissens: 20.10.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?38577
Literatur
[EuKom05n] o.A. Vorschlag für eine VERORDNUNG DES RATES zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 ... Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr ..., 2005/12/14
[GI05] Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) - Prof. Dr. v. Hirschhausen, GlobalInsight The Application of Competition Rules to Liner Shipping, Final Report October 26, 2005, 2005/10
[Haut02] Hautau, U., Seeverkehrsmärkte im wettbewerbspolitischen Wandel : dargestellt am Beispiel der Container-Linienschifffahrt auf der Nordatlantik- und Fernost-Route, Lang / Frankfurt am Main; Berlin; Bern; Bruxelles; New York; Oxford; Wien , 2002, ISBN/ISSN 3-631-39463-2
[OECD02] o.A. Competition Policy in Liner Shipping, Paris, 2002
Weiterführende Literatur
[RaRu00] Rathjen, Hermann H., Ruffmann, Jana, Konferenzen und Konsortien in der Linienschifffahrt, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, Ausgabe/Auflage 12/2002, Deutscher Verkehrs-Verlag / Hamburg, 2000/12, ISBN/ISSN 0020-9511
[OECD01a] o.A. Regulatory Issues in International Maritime Transport, Paris, 2001
[EGKo09] VERORDNUNG (EG) Nr. 906/2009 DER KOMMISSION
[EUKo14] VERORDNUNG (EU) Nr. 697/2014 DER KOMMISSION
Glossar
OECD Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) besteht gegenwärtig aus 30 Mitgliedsländern, die hinter Demokratie und Marktwirtschaft stehen. Aufgrund der aktiven Beziehungen zu 70 weiteren Ländern, nichtstaatlichen Organisationen und zur Gesellschaft besitzt OECD eine globale Reichweite. OECD ist durch seine Publikationen, Statistiken, ökonomischen Arbeitsabdeckungen und makroökonomischen Sozialausgaben, um Ausbildung, Entwicklung, Wissenschaft und Innovationen zu fördern, bekannt.
Linienkonferenzen Linienkonferenzen sind eine seit langer Zeit typische Kooperationsform der Linienschifffahrt. Sie sind ein ständiges Gremium von Reedereien für ein abgegrenztes Fahrtgebiet und vereinbaren intern Tarife und Bedingungen, oft auch Kapazitäten und Frequenzen. Zu unterscheiden ist zwischen offenen und geschlossenen Linienkonferenzen. Offene Konferenzen nehmen beitrittswillige Reedereien auf, geschlossen erst nach Zustimmung der Konferenzmitglieder (daher auch "regulierte" Konferenz). Die EU-Gruppenfreistellung vom allgemeinen Kartellverbot wurde durch den Wettbwerbsrat 2006 mit Wirkung 10/2008 aufgehoben. Preisvereinbarungen und Kapazitätsregulierung sind verboten, wie zuvor bereits im US-Verkehr.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?41074

Gedruckt am Donnerstag, 25. April 2024 09:04:54