Der Markt des deutschen Schienenpersonenfernverkehrs
Erstellt am: 06.05.2013 | Stand des Wissens: 25.10.2018
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Nach Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs der Eisenbahnen in beiden deutschen Staaten wurden nach der politischen Wiedervereinigung die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn fusioniert. Daraus hervor ging die Deutsche Bahn AG (DB AG). Mit der Bahnreform sollte die Wettbewerbsfähigkeit der DB AG gestärkt, die massive Altverschuldung abgebaut, die Abhängigkeit von staatlichen Subventionen deutlich verringert und die Marktentwicklung im Eisenbahnverkehr insgesamt vorangetrieben werden [Aber03]. Im Zuge dieser Neuausrichtung wurde die Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) den Bundesländern übertragen. Diese haben den SPNV im Rahmen der Daseinsfürsorge zu organisieren und bestellen die dafür notwendigen Verkehrsdienstleistungen mit Hilfe staatlicher Regionalisierungsmittel auf dem freien Wettbewerbsmarkt [RegG]. Im Gegensatz dazu sind im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) die Verkehrsdienstleistungen durch die DB AG und andere Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) eigenwirtschaftlich, also unter betriebsökonomischer Abwägung, zu erbringen [MON09, S. 57]. Dabei führte die DB AG mit dem Programm "Marktorientiertes Angebot im Personenverkehr" (MORA P) und dem Preissystem "Preis- und Erlösmanagement Personenverkehr" (PEP) eine Neuausrichtung des SPFV-Marktes unter zum Teil erheblicher Angebots- und Infrastrukturreduktion (zum Beispiel Einstellung des InterRegio-Verkehrs) durch [Boda05]. Abbildung 1 zeigt die Veränderungen diesbezüglich am Beispiel der Abfahrten pro Woche im SPFV zwischen 1999 und 2010.
Abb. 1: Entwicklung der SPFV-Anbindungen 1999 bis 2010 [HoBe11, S. 126]
(Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
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Derzeit dominiert die DB AG den deutschen SPFV mit einem Marktanteil von 99 Prozent, was zu einer asymmetrischen Marktstruktur führt [MON09, S. 57]. Die Gründe für die schwierigen Markteintrittsbedingungen anderer EVU werden einerseits im Beschaffungsaufwand für das erforderliche Rollmaterial, andererseits im Trassenvergabemechanismus der DB Netz AG gesehen, der keine ausreichende Transparenz bezüglich freier Kapazitäten sowie keine langfristige Sicherung der Trassen mit Hilfe von Rahmenverträgen gewährleistet [HaKo13, S. 110].
Zeitgleich mit der Umsetzung des Programms MORA P und der Einführung des neuen Preissystems PEP konzentrierte sich die DB AG verstärkt auf den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs, was in diesem Zusammenhang zur Vernachlässigung des Gesamtverkehrs im SPFV-Netz sowie zwischen 2001 und 2003 zu einem merklichen Rückgang der Betriebskilometer und Fahrgastzahlen führte [Vosk01]. Die bis 2009 um über 40 Prozent gestiegenen Umsatzerlöse sind jedoch ein Hinweis für das Erreichen der betriebswirtschaftlich gesetzten Ziele im SPFV der DB AG und somit für eine insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung. [DBAG01; DBAG02; DBAG03a; DBAG04d; DBAG05; DBAG06; DBAG07c; DBAG08b; DBAG09o; DBAG10h; Bung11]