Retourenlogistik im Distanzhandel
Erstellt am: 13.03.2013 | Stand des Wissens: 20.12.2023
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Die Retourenlogistik im Distanzhandel befasst sich im Wesentlichen mit der Rückführung von Waren vom Empfänger zum Verkäufer. Sie umfasst idealtypisch die folgenden Schritte:
- Ausfüllen des Retourenbelegs aus dem Rechnungsformularsatz unter Angabe der Retourengrundes
- Rücksendung des Retourenpakets, zum Beispiel durch Abholungen der Ware beim Kunden, Rückgabe an Pick-up-Stationen/Schließfächern oder per KEP-Versand [HeZe11].
- Retourenannahme durch den ursprünglichen Versender,
- Erfassung der Retouren und des Retourengrundes und Verbuchung im Kundenkonto,
- Prüfung und Erteilung einer Gutschrift im Kundenkonto,
- gegebenenfalls Veranlassung des Versands eines Austauschartikels bei Mängeln,
- Prüfung der Ware auf Wiederverwendbarkeit,
- gegebenenfalls Aufarbeitung der Ware,
- Erfassung der Ware im Lagerbestand und Wiedereinlagerung,
- gegebenenfalls Entsorgung der Ware und Verbuchung der Abschrift,
- Verwertung nicht verwendbarer Retouren [Köch06].
Ein wesentliches Problem des Distanzhandels ist dessen hohe Anfälligkeit für Retouren. Retourenquoten sind entsprechend hoch und liegen zum Beispiel bei Bekleidung und Textilien zwischen 40 und 60 Prozent [HeZe05]. Die Ursache hierfür ist insbesondere die vor der Kaufentscheidung nur bedingt gegebene Beurteilungsmöglichkeit wesentlicher Wareneigenschaften [Köch06]. Einen Überblick über die häufigsten Retourengründe bietet Abbildung 1, in der die Ergebnisse einer Umfrage unter deutschen Online-Käufer zusammengefasst wird (Mehrfachauswahl möglich).
Neben der fehlenden "Passgenauigkeit" und dem "Missfallen" der Ware, was sich erst beim nach dem Auspacken der Ware herausstellt, lassen sich insbesondere Gründe identifizieren, die sich auf den weitreichenden Verbraucherschutz im Distanzhandel zurückführen lassen.
Einen wesentlichen Einfluss auf das Retourenverhalten im Distanzhandel haben die gesetzlichen Regelungen zu Fernabsatzverträgen (u.a. §§312b, §355 und §356 BGB), die den Verbraucherschutz bei Fernabsatzgeschäften regeln. Hierunter fallen Vertragsschlüsse über Fernkommunikationsmittel wie zum Beispiel per Internet oder Telefon. Dem Nachfrager wird ein Widerrufs- beziehungsweise Rückgaberecht eingeräumt, das ihn berechtigt von Kaufverträgen im Versandhandel innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen und unter Ausschluss von Regressansprüchen des Versandhändlers zurückzutreten [HeZe11; Köch06]. Dieses Rückgaberecht von bis zu 14 Tagen ermöglicht das Bestellen mehrerer Varianten oder das Bestellen ohne eigentliche Kaufabsicht, was wiederum zu einer Vielzahl von Retouren führt.
In keinem anderen Land Europas retournieren Kunden so viel online bestellte Waren wie in Deutschland. Im Jahr 2017 haben 51 Prozent der Deutschen Artikel, die sie zuvor online bestellt hatten, zurückgeschickt [Stahl18].
Es können verschiedene Strategien zur Reduzierung von Retourenquoten verfolgt werden:
- Eine gute, realistische Produktpräsentation reduziert die Gefahr der Fehleinschätzung eines Produktes durch den Kunden zum Beispiel mit Bezug auf Größe, Farbe oder Zubehör.
- Eine geeignete Verpackung schützt vor Beschädigung während des Transports und kann zudem das "Kauferlebnis" des Kunden positiv beeinflussen.
- Ein schneller Versand reduziert die Gefahr des "Umdenkens" beim Kunden und damit dessen Retourbereitschaft.
- Guter Kundenservice, zum Beispiel durch Preisnachlasse bei leichten Beschädigungen oder Unterstützung bei der Inbetriebnahme von Geräten, kann ebenfalls zu niedrigeren Retourenquoten führen.
- Transparenz über Retourengründe, zum Beispiel durch Umfragen, kann zudem Schwachstellen bei Produkten oder Versand aufdecken und Retourenquoten senken.