Logistikkonzepte
Erstellt am: 27.02.2013 | Stand des Wissens: 30.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Im Jahr 2020 wurden die beiden Offshore-Windparks Merkur Borkum II (200 MW, Nordsee) und EnBW Albatros (116 MW, Nordsee) vollständig in Betrieb genommen. Insgesamt waren im Jahr 2020 ca. 32 Offshore Wind-Energieanlagen mit einer Leistung von rund 220 MW aktiv. Nach einem deutlichen Anstieg auf rund 1.135 MW im Jahr 2019 führte dies zu einem Marktrückgang von rund 80%. Bis Ende 2020 werden insgesamt rund 1.500 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 7.700 MW ans Netz gehen. Derzeit (11. Januar 2021) baut Deutschland keine Offshore-Windparks mehr. Mit der Fertigstellung des Offshore-Windparks EnBW Albatros ist die derzeitige Expansionsphase der deutschen Offshore-Windkraft abrupt beendet [OfWi19]. Zur Installation, zum Betrieb und zur Entsorgung der Anlagen nach der rund 20-jährigen Betriebsphase werden kostengünstige und effiziente Logistikkonzepte benötigt. Abhängig von der Lebenszyklusphase des Offshore-Windparks werden unterschiedliche Anforderungen an die Konzepte gestellt.
Ziel der Installationslogistik ist es, eine schnellstmögliche, störungsfreie und kostengünstige Errichtung sicherzustellen. Die Errichtung der Offshore-Windparks beinhaltet vier Hauptkomponenten: (1) Die Fundamente, (2) die Windenergieanlagen, (3) die Umspannstation und (4) die Innerpark-Verkabelung. Die Installation der Fundamente kann durch Jack-up-Schiffe oder Schwimmkräne vorgenommen werden, ebenso wie die Errichtung der Anlagenkomponenten. Beim Transport der Komponenten zum Baufeld können drei Konzepte unterschieden werden (vergleiche Abbildung 1):
- Bei Konzept 1 werden die Komponenten im Hinterland produziert und zu einem Hafen nahe des Baufeldes transportiert, dort vormontiert und anschließend ins Baufeld gefahren.
- Konzept 2 sieht vor, dass ein Jack-up-Schiff im Baufeld stationiert ist und mit Komponenten von Feederschiffen versorgt wird, die zwischen Produktionshafen und Baufeld pendeln.
- Konzept 3 beinhaltet ein schnelles Jack-up-Schiff, das mit den Komponenten direkt vom Produktionshafen in das Baufeld des Offshore-Windparks fährt.
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Quelle: [DECC09]
Die Umspannstation kann entweder per Schwimmkran transportiert und errichtet werden oder sie ist schwimmfähig und kann ins Baufeld gezogen und dann errichtet werden. Die Innerpark-Verkabelung wird mit einem speziellen Kabellegungsschiff vorgenommen. Die Kabel müssen im Meeresboden vergraben werden, damit sie die Fischerei nicht behindern, nur minimal Wärme ins Meer übertragen und ein möglichst großer Schutz der Kabel vor Beschädigungen gewährleistet wird.
In der Betriebsphase ist es ein Ziel der Logistik, eine möglichst hohe Verfügbarkeit der Offshore-Windenergieanlagen sicherzustellen. Die dafür eingesetzten Logistikkonzepte können grob in onshore-basiert und offshore-basiert unterschieden werden. Onshore-basierte Konzepte werden hauptsächlich bei küstennahen Offshore-Windparks eingesetzt. Der Transfer zu den Anlagen geht immer von Land aus und wird per Helikopter oder Crew Transfer Vessel vorgenommen.
Für weit von der Küste entfernte Offshore-Windparks werden offshore-basierte Konzepte präferiert, bei denen die Techniker im Offshore-Windpark stationiert sind, entweder auf einer Wohnplattform oder auf einem Arbeitsschiff, welches Wohnunterkünfte bietet.
Für jeden Windpark, der in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) errichtet wird, muss auch ein Konzept für die Entsorgung erarbeitet werden. Dies sieht die rückstandslose Entfernung aller Komponenten und Materialien (Anlagen, Fundament, Umspannstation, Kabel) aus dem Seegebiet vor. Der Rückbau kann entweder in einzelnen Schritten vorgenommen werden oder die Anlagen werden als Ganzes "gefällt". Im ersten Fall kann die Anlage eventuell noch wiederverwendet werden.
Auch die Hafenlogistik wird vor neue Herausforderungen gestellt. So wird beispielsweise im Hafen eine Fläche von circa 80.000 Quadratmetern für die Errichtung von 100 Turbinen benötigt [DECC09]. Die zu lagernden und umzuschlagenden Komponenten sind sehr groß und schwer, wie Tabelle 1 zeigt.
In den meisten Fällen werden im Hafen aufgrund der hohen Lasten zusätzliche Flächen ertüchtigt, damit diese besonders hohe Flächenlasten aushalten können. Zudem werden Liegeplätze von mindesten 200 bis 300 Metern Länge und einer ausreichenden Wassertiefe von sechs Metern benötigt [DECC09]. Auch das Umschlagsequipment muss in der Lage sein, die entsprechenden Komponenten abzufertigen. Der Transport der Komponenten im Hafen wird entweder per Mobilkran, Modultransporter (SPMT) oder Schienensystemen, wie zum Beispiel in Bremerhaven (siehe Abbildung 2), ermöglicht.
Die Errichtung eines Offshore-Windparks zieht auch etliche Logistikprozesse im Hinterland nach sich.
Die Komponenten wurden teilweise über See zum Basishafen Eemshaven transportiert, teilweise aber auch auf dem Landweg per Schwerlasttransport. Die Landtransporte sind fast nur nachts bei geringem Verkehrsaufkommen möglich. Zudem sind sie mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden, da Schwerlasttransporte genehmigt werden müssen und zumeist eine Polizeibegleitung erforderlich ist.