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Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsposition der Binnenschifffahrt

Erstellt am: 11.12.2012 | Stand des Wissens: 18.10.2024

Synthesebericht gehört zu:

Im nationalen Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen wird ein gemeinsamer Handlungsrahmen entwickelt, um zukünftige Herausforderungen zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Das Hafenkonzept von 2015 wurde durch die am 20. März 2024 beschlossene Nationale Hafenstrategie ersetzt. Diese neue Nationale Hafenstrategie umfasst fünf zentrale Handlungsfelder: [BMDV24g]
  • die Wettbewerbsfähigkeit der Hafenstandorte Deutschland stärken,
  • Häfen zu nachhaltigen Knotenpunkten für die Energiewende, eine klimaneutrale Schifffahrt und Industrie sowie zu Drehkreuzen für die Verkehrsverlagerung entwickeln,
  • digitale Transformation aktiv gestalten und voranbringen,
  • Ausbildung und Beschäftigung sichern und zukunftsfähig gestalten,
  • Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur bedarfsgerecht erhalten, ausbauen und schützen.
Für jedes Handlungsfeld wurden spezifische Maßnahmen entwickelt, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Insgesamt sind 139 Einzelmaßnahmen vorgesehen, die von Bund, Ländern und der Hafenwirtschaft umzusetzt werden sollen. Als konkrete Ziele zur Verbesserung der Wettbewerbsposition der Binnenschifffahrt werden folgende genannt: [BMDV24g]
  • die Schaffung und Erhaltung einheitlicher und fairer Wettbewerbsbedingungen 
  • der Aufbau und die Nutzung von Kooperationen 
  • die Förderung von Flächenvorsorge und -entwicklung 
  • die steigerung der Resilienz und des Schutzes von Häfen und Hafenanlagen sowie der Aufrechterhaltung logistischer Abläufe. 
Zudem werden im Bundesverkehrswegeplan 2030 und im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik weitere Ziele formuliert und Maßnahmen festgesetzt, um in das Bundeswasserstraßennetz und das Binnenschiff als Verkehrsträger des Güterverkehrs zu investieren. [BMVI16ah]

Für wirtschaftliche Akteure, beispielsweise Seehafenterminalbetreiber, gewinnen die Binnenhäfen aufgrund vermehrter Engpässe in der Containerabfertigung in den Seehäfen an strategischer Bedeutung. Als Hinterland- Hub entlasten sie die Seehäfen durch die Übernahme von Sammel- und Verteilungsaufgaben [KeKa12,Binne13c]. Durch die Bündelung des Verkehrs entsteht die Möglichkeit, an diesen Standorten erweiterte logistische Leistungen zu entwickeln, die die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärkt. Solche logistischen Funktionen schließen vor allem Auslieferungslager ein, in denen Importware bearbeitet und bedarfsgerecht ausgeliefert oder in denen Exportware zwischengelagert, exportfähig verpackt und gebündelt an die Seehäfen geschickt wird. [PLAN13a] Diverse Binnenhäfen in Deutschland investieren verstärkt in den Ausbau ihrer Kapazitäten, um unter Verwendung intermodaler Transportkonzepte diese Rolle einzunehmen [Zapp12]. Ein positiver Nebeneffekt dieses Kapazitätsausbaus ist die Schaffung von Beschäftigungspotenzialen, die andernfalls an nichtdeutschen Standorten genutzt werden würden [PLAN13a].

Die knappen finanziellen Mittel des Bundes zur Förderung des Kombinierten Verkehrs in den Binnenhäfen sollen zukünftig in ein Kernnetz fließen, um eine zentrale Verteilerfunktion für den wachsenden Güterverkehr einzunehmen [Förs13c]. Die Projektplanungsgesellschaft PLANCO Consulting ermittelte in einem Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnenhäfen 21 Standorte, welche grundsätzlich Teil eines Kernnetzes werden könnten [PLAN13a]. Als besonders geeignet wurden Dortmund, Duisburg, Germersheim, Köln, Krefeld, Neuss-Düsseldorf und Nürnberg identifiziert. Bis auf den letztgenannten Hafen befinden sich diese Standorte am Rhein oder dessen Nebenflüssen/Kanälen. Auf dem Rhein findet der Großteil des Binnenschiffsverkehrs statt, die übrigen Flüsse und Kanäle verfügen meistens über eine nicht optimal ausgebaute Infrastruktur. Aufgrund unzureichender Fahrrinnentiefen oder Brückendurchfahrtshöhen ist die Ladekapazität der Binnenschiffe auf diesen Wasserstraßen geringer. Erforderlich wären hier vor allem einheitliche Ausbaustandards. [349896] Aufgrund der jahrelangen Unterfinanzierung der Binnenschiffsinfrastruktur wird der Bund jedoch seine finanzielle Förderung zukünftig auf Wasserstraßen konzentrieren, die durch ein hohes Verkehrsaufkommen gekennzeichnet sind. [Schw11a]

Zudem ist die Bedeutung der Binnenhäfen als logistische Knoten in Politik und Öffentlichkeit zu stärken: Sie sorgen für die Ver- und Entsorgung der Städte, sind Standorte für Industrie und Handel sowie Schnittstellen der Verkehrsträger [FlSc11a]. Jedoch tragen sie auch zur Belastung von Mensch und Umwelt bei. Daher ist eine Erhöhung der Akzeptanz sowie der politischen Legitimation erforderlich. Dies ist durch eine Kommunikationsstrategie umsetzbar, die insbesondere die Interessenkonflikte zwischen Stadtentwicklung und Hafen entschärft. [FlSc11b]
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Binnenschifffahrt (Stand des Wissens: 18.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?90920
Literatur
[Binne13c] o.V. Hinterlandterminals sind die Vorposten der Seehäfen, veröffentlicht in Binnenschifffahrt, 2013/01
[BMDV24g] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Die nationale Hafenstrategie, 2024/02/01
[BMVI16ah] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Bundesverkehrswegeplan 2030, 2016
[FlSc11a] Heike Flämig (Hrg.), Nina Schulte (Hrg.) Binnen_Land: Elemente intelligenter Transportketten für die Binnenschifffahrt - Teil II des Abschlussberichtes zum Forschungsvorhaben Binnen_Land, veröffentlicht in Schriftenreihe Harburger Berichte zur Verkehrsplanung und Logistik, MV-Verlag / Hamburg, 2011, ISBN/ISSN 978-3-86991-461-9
[FlSc11b] Heike Flämig (Hrg.), Nina Schulte (Hrg.) Binnen_Land: Kommunikation in der Binnenschifffahrt - Teil III des Abschlussberichtes zum Forschungsvorhaben Binnen_Land, veröffentlicht in Schriftenreihe Harburger Berichte zur Verkehrsplanung und Logistik, MV-Verlag / Hamburg, 2011, ISBN/ISSN 978-3-86991-462-6
[Förs13c] Krischan Förster Förderkorsett für die Binnenhäfen?, veröffentlicht in Binnenschifffahrt, 2013/03
[KeKa12] Kerstgens, Heinrich, Kahl, Kristin Perspektiven des Kombinierten Verkehrs mit Binnenschiff, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, 2012/02
[PLAN13a] PLANCO Consulting Gutachten zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Binnenhäfen, 2013/01
[Schw11a] Schwanen, Jens Wassestraßenkonzept schlägt Wellen, veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, 2011/05
[Zapp12] Zapp, Kerstin Trimodal die Seehäfen entlasten , veröffentlicht in Internationales Verkehrswesen, 2012/03
Weiterführende Literatur
[HeDe11] Heinzelmann, C., Dettmann, T., Zentgraf, R. Optimierung der Befahrbarkeit von Binnenwasserstraßen am Beispiel des Rheins, veröffentlicht in Binnenschifffahrt, Ausgabe/Auflage Heft 8, Schifffahrts-Verlag Hansa / Hamburg, 2011, ISBN/ISSN ISSN 0939-1916
Glossar
Hinterland Das Hinterland eines Seehafen ist das landeinwärts hinter dem Hafen liegende Territorium, welches durch die Herkunfts- und Bestimmungsorte der im Hafen abzufertigen Güter und Passagiere begrenzt wird. Seine Grenzen hängen von den Hinterlandverkehrsanbindungen ab und variieren nach Gutarten, den Umschlagkapazitäten, dem Schiffstyp und der Verkehrsinfrastruktur. Das Vorland eines Seehafens ist das seewärts vor dem Hafen liegende Territorium, welches durch die überseeischen Herkunfts- und Bestimmungsorte der Güter begrenzt wird.
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?403609

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 07:38:26