Bepreisung sonstiger Verkehrsinfrastrukturen
Erstellt am: 30.11.2012 | Stand des Wissens: 27.06.2022
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Theoretische Bepreisungsformen werden in der Praxis je nach Verkehrsinfrastruktur sehr unterschiedlich angewandt.
Im Vergleich zu anderen Verkehrsinfrastrukturen erfüllt die Eisenbahninfrastrukturbepreisung in Europa am ehesten klassische Bepreisungsformen. So empfiehlt die EU in der EU-Richtlinie [2012/34/EU] eine Grenzkostenbepreisung. Zur Deckung der Fixkosten können wahlweise Aufschläge für Knappheiten oder externe Umwelteinflüsse in die Trassenpreise einfließen. Darüber hinaus ist es nach dieser EU-Richtlinie möglich, eine Vollkostenbepreisung anzusetzen. Das deutsche Trassenpreissystem nimmt diese Möglichkeit auf, so dass sich die Trassenpreise neben den kurzfristigen Grenzkosten aus Aufschlägen für Umweltauswirkungen und Knappheitssituationen [EREgG] sowie einem Vollkostenzuschlag zusammensetzen.
Zur Benutzung der Flughafeninfrastruktur wird ein Entgelt für das Starten, Landen und Abstellen von Flugzeugen und für die Benutzung der Serviceeinrichtungen erhoben. Dieses Entgelt richtet sich meist unter anderem nach dem maximal zulässigen Startgewicht des Flugzeugs und entspricht damit näherungsweise den kurzfristigen Grenzkosten der Infrastrukturnutzung, da die Beschädigung der Landebahn mit der Belastung der Bahn zusammenhängt [KnNe09]. Auf nachfragestarken Flughäfen wie London Heathrow oder London Gatwick wird bereits seit den 70er Jahren eine peak-load Bepreisung in besonders stark frequentierten Stunden angewandt [Knie03a].
Im Gegensatz zu der Eisenbahn- und Flughafeninfrastruktur ist bei Wasserwegen und Häfen keine eindeutige Bepreisungsform zu erkennen. Die Bepreisung von Häfen wurde in einigen EU Forschungsprojekten untersucht (z.B. IMPRINT, REVENUE und GRACE). Die Ergebnisse dieser Projekte ergaben, dass die Hafengebühren innerhalb Europas sehr unterschiedlich hoch angesetzt werden und dass keine eindeutige Preisstrategie zu erkennen ist. Die Ursachen dieser Bepreisungspraxis sind in den unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Hintergründen zu finden [Meer02].