Mehrwertdienste von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität
Erstellt am: 11.10.2012 | Stand des Wissens: 24.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Als Mehrwertdienste von Ladeinfrastruktur werden Nutzungen bezeichnet, die den eigentlichen Dienst des Ladens ergänzt, um den Nutzen zu erhöhen. Basisdienste für den Betrieb einer Ladeinfrastruktur sind die Fernwartung der Ladesäule, Netzwerküberwachung, Systemstatistiken wie auch die Kunden- und Rechteverwaltung und die Abrechnung. Mehrwertdienste können beispielsweise die Onlineregistrierung, die Buchung spezieller Ladestellen oder -tarife sein, aber auch die Routenplanung mit alternativen Transportsystemen. Es können neben aktuellen, ortsgebundenen Verkehrsdaten, Umgebungsinformationen und Kartendiensten, Anschlussmöglichkeiten an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder die Verfügbarkeit von Stellplätzen mit Batterieladestationen und Abrechnungsinformationen ausgetauscht werden. Ferner sind Mehrwertdienste auch weit über den direkten Bezug zum Elektrofahrzeug hinaus denkbar wie das Empfangen digitaler Radiosendungen, Nachrichten oder Videos für Rücksitzmonitore.
Intelligente Mehrwertdienste können als Anreize zur weiteren Verbreitung von Elektrofahrzeugen wirken. Daher sollte nach Einschätzung der Bitkom bereits beim Aufbau der Ladeinfrastruktur darauf geachtet werden, dass breitbandige Verbindungstechniken (zum Beispiel Powerline, WLAN und/oder VDSL) integriert werden. So kann ein einfacher Datenaustausch mit den Elektrofahrzeugen während des Ladevorganges stattfinden. Die Bitkom fordert daher Informations- und Kommunikationstechnologie- basierte (ITK-basierte) Lade-, Steuerungs- und Abrechnungsinfrastrukturen, durchgängige Datenübertragungssysteme, effiziente Prozesse sowie intelligente Leitwarten als Enabler der Elektromobilität. Die Elektromobilität erfordert zwingend den flexiblen Austausch von Kundendaten über ein Kommunikationsnetz. Bereits beim Aufbau einer separaten und flächendeckenden Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität sollte hierfür ein offenes Breitband-Kommunikationsnetz berücksichtigt werden, um Mehrwertdienste durch Versorger und Drittanbieter zu ermöglichen [Bitkom09].
Sieben deutsche Unternehmen (BMW Group, VW, Bosch, Daimler sowie EnBW, RWE / Innogy und Siemens) haben ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Ziel initiiert, den Aufbau einer flächendeckenden, nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur durch eine übergreifende Vernetzung voranzutreiben und das Angebot ergänzender Dienstleistungen zu ermöglichen. Eine industrieübergreifende, offene Datenplattform für die Vernetzung von Mobilität- und Fahrzeuganbietern im Bereich der Ladeinfrastruktur dient dem Gemeinschaftsunternehmen, das unter dem Namen hubject GmbH firmiert, als Ausgangspunkt. Unterschiedliche Abrechnungssysteme, Ladeprozesse und Serviceleistungen sowie weitere Dienstleistungen rund um die Elektromobilität werden unterstützt und vernetzt. Die Entwicklung von einheitlichen Systemstandards für Daten von Energielieferanten, Fahrzeugherstellern, Ladesäulenbetreibern und Anbietern von Mehrwertdiensten soll unterstützt werden [CARIT12]. Der eigentliche Nutzen der Plattform ist die Bereitstellung einer Backend-Infrastruktur, mittels der die unterschiedlichen Angebote einfach nutzbar zum Endkunden gebracht werden[hubject12]. Derzeit vereint hubject mit über 300.000 Ladepunkten und mehr als 960 Business-to-Business (B2B) Partnern in 52 Ländern mit seiner Roaming-Plattform Intercharge eines der größten anbieterübergreifenden Ladenetzwerke für Elektrofahrzeuge [CoWe21].
Im Rahmen des Forschungsprogramms Erneuerbar Mobil. Marktfähige Lösungen für eine klimafreundliche Elektromobilität des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit haben sich die Forschungsprojekte MINI E Berlin powered by Vattenfall V2.0 und Gesteuertes Laden V2.0 unter anderem mit dem Thema Mehrwertdienste von Ladeinfrastruktur beschäftigt. Ziel des erstgenannten Vorhabens war unter anderem die Entwicklung eines geeigneten Mobilitätsassistenten zur Realisierung von Mehrwertdiensten, die eine einfache Nutzung der Wind-to-Vehicle-Lademöglichkeiten (W2V) auch im öffentlichen Raum bieten. Ziel des Vorhabens Gesteuertes Laden V2.0 war es, geeignete Verfahren zu entwickeln, die eine optimale Nutzung von erneuerbaren Energien ermöglichen. Dazu sollte unter anderem ein Lastmanagement realisiert werden, mit welchem das Laden der Elektrofahrzeuge in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Windenergie verbessert wird. Die TU Chemnitz, Bereich Allgemeine und Arbeitspsychologie beschäftigte sich innerhalb des Projektes mit Erfassung von Nutzeranforderungen an bestimmte Mehrwertdienste und die führte eine entwicklungsbegleitende Evaluierung von den Mehrwertdiensten durch.
Im Forschungsprojekt LamA-connect entwickelte das Projektkonsortium unter der Leitung des Fraunhofer IAO eine herstellerübergreifende, Smart-Meter-basierte und eichrechts- sowie BSI-konforme E-Mobilitätslösung für das Steuern, Abrechnen und Verwalten von Ladevorgängen. Dabei wurde ebenfalls an der Standardisierung der Kommunikation zwischen Ladesäule und dem Managementsystem gearbeitet. Das Projekt lief vom Jahr 2020 bis Herbst 2022 und wurde mit einem Volumen von rund 4 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Umwelt und Klimaschutz gefördert [IAO20].