Intramodaler Wettbewerb im deutschen Schienenpersonenfernverkehr
Erstellt am: 02.08.2012 | Stand des Wissens: 22.04.2022
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Während in der Bundesrepublik Deutschland der Marktanteil der Wettbewerber des Deutsche Bahn AG Konzern (DB AG) im Personennah- und im Güterverkehr in den letzten Jahren stetig wuchs, ist eine derartige Entwicklung beim Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) bislang nicht eingetreten: Es besteht ein nahezu vollständiges Monopol der DB AG. Der Marktanteil des Marktführers betrug über viele Jahre über 99 Prozent. Erst 2013 konnte die Verkehrsleistung der Wettbewerber die Ein-Prozent-Marke überwinden. Im Jahr 2020 lag der Wettbewerberanteil bei zwei Prozent [BNet21, S. 16]. Trotz der - eher verhaltenen - Entwicklung der DB-Wettbewerber, zeigen die positiven Geschäftsergebnisse der DB Fernverkehr AG, dass ein Eintritt in den SPFV-Markt durchaus profitabel sein könnte. Entsprechende administrative und finanzielle Markteintrittsbarrieren (zum Beispiel Trassenpreise, Fahrzeugbestellungen) sind, trotz des Liberalisierungsdrucks der EU, jedoch weiterhin existent. [DB13a, S. 10 f. und 20; BNetzA13, S. 127; HaKo13, S. 105 und 111; NEEMo13, S. 66]
Derzeitige Wettbewerber der DB AG im deutschen SPFV-Markt:
- Snälltåget betreibt seit 2000 die Nachtzüge zwischen Berlin und Malmö. Bei der seit 2011 zusammen mit Transdev Schweden angebotenen Verbindung handelt es sich um den [aktuell] einzigen direkten Reisezug zwischen Schweden und Deutschland. Versuche weiterer internationaler Verbindungen von Snälltåget scheiterten beispielsweise an der Ferrovie dello Stato Italiane S.p.A. (FS), die durch ihre marktbeherrschende Stellung ein vergleichbares Angebot in Italien verhinderte. Im Fall von Verbindungen nach Frankreich kam Snälltåget aufgrund fehlender Trassenkapazitäten nicht zum Zuge. [MON09, S. 44]
- Die Transdev GmbH betrieb mit ihrer Marke InterConnex bis 2014 die Fernverkehrsrelation Leipzig - Berlin - Rostock - Warnemünde. Diese Strecke schloss bis 2002 auch den Abschnitt Gera - Leipzig ein. Die Verbindung Neuss - Köln - Rostock wurde 2003 nach wenigen Monaten aufgrund mangelnder Rentabilität wieder eingestellt [MoNe15, S. 51 f.]. Der größte private Mobilitätsanbieter betreibt heutzutage viele Tochtergesellschaften im Bahn- und Busbereich und ist in 18 Ländern aktiv [Tran22].
- Seit Anfang 2018 sind der Hamburg-Köln-Express (HKX) und die erst seit Dezember 2016 zwischen Berlin und Stuttgart verkehrenden Züge von Locomore unter der Marke FlixTrain unterwegs und gestatten damit dem Fernbusanbieter FlixBus den Einstieg in den deutschen SPFV-Markt [LOCO18].
Seit die DB AG ihre Beteiligung an Thalys International aufgegeben hat, agiert Thalys, welches sowohl auf dem deutschen Abschnitt Hochgeschwindigkeitsverkehre zwischen Dortmund und Aachen als auch Fahrten nach Frankreich, Belgien und in die Niederlande anbietet, ebenfalls als Mitbewerber der DB AG im nationalen SPFV [HaKo13, S. 108; Thal22]. Neben diesen rein eigenwirtschaftlichen Konkurrenzangeboten im Fernverkehr existiert mit dem Harz-Berlin-Express (HBX) aktuell auch ein Angebot mit Fernverkehrscharakter (hinsichtlich Linienlänge und Halteabständen), das in Konkurrenz zu den SPFV-Angeboten der DB AG steht, jedoch auf Teilabschnitten als bestellter Nahverkehr öffentliche Mittel erhält [MoNe15, S. 52].