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Unternehmensbezogene Auswirkungen von Leercontainerströmen

Erstellt am: 05.03.2012 | Stand des Wissens: 23.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Die Zahl der umgeschlagenen Leercontainer ist ebenso wie die Gesamtzahl der weltweit umgeschlagenen Container stark angestiegen, aber der Anteil der Leercontainer am Gesamtumschlag hat sich seit dem Jahr 2000 kaum verändert und liegt unverändert bei etwa 20 Prozent [JaWa18]. Der Leercontainerumschlag der EU steigt ebenfalls stetig an und der Transport von Leercontainern macht in der europäischen Binnenschifffahrt sogar etwa 30 Prozent der Verkehrsleistung aus (siehe Abbildung 1).
Transportleistung_2022.pngAbb. 1: Transportleistung von Containern in der EU in Millionen TEU-Kilometer [eurostat21
Dabei verursacht jede Umfuhr eines Leercontainers Kosten in Höhe von circa 400 US-Dollar (unter anderem durch Terminalgebühren, Stau- und Lagerkosten, Transport- und Verwaltungskosten) [Drew09]. Die Kosten für den seeseitigen Transport sowie für den Umschlag und die Lagerung von Leercontainern summierten sich im Jahr 2011 weltweit auf insgesamt 24,4 Milliarden US-Dollar. Hinzu kamen Kosten in Höhe von 12,2 Milliarden Dollar für den landseitigen Transport [Drew12a].

Leercontainer haben Auswirkungen auf Kosten und Kapazitäten der an Leercontainertransport und -lagerung beteiligten Unternehmen. Im Rahmen einer Studie im Ostseeraum im Jahr 2010 wurden die wirtschaftlichen Konsequenzen von Leercontainertransporten untersucht [WoHe11]. Während Reedereien und Leasingunternehmen sich speziell mit Umfuhren von Leercontainern auseinandersetzten, befassten sich die Betreiber von Leercontainerdepots und Containerterminals mit der Lagerung von Leercontainern [Hütt13]. Aus dieser Aufgabenteilung ergaben sich unterschiedliche Positionen von Terminal- und Depotbetreibern einerseits und den Reedereien anderseits hinsichtlich der Bewertung der Leercontainerlogistik.
Für Terminalbetreiber stellen die Lagerung und das Handling von Leercontainern ein Geschäftsfeld dar und wurde deshalb in der Studie von diesen positiv bewertet. Für Reedereien hingegen verursachen Transport und Lagerung von Leercontainern Kosten, denen häufig kein direkter Ertrag gegenübersteht. Für Reedereien können neben Transport- und Lagerkosten weitere Kosten entstehen, zum Beispiel durch die verspätete Anlieferung von Leercontainern bei Verladern [Hütt13].
Doch auch für Terminalbetreiber können Leercontainer negative Konsequenzen haben, wenn in Zeiten guter Konjunktur und einer hohen Auslastung der Häfen mit Vollcontainern Lagerkapazitäten für Leercontainer knapp werden. Dies kann insbesondere für Häfen mit begrenzten Flächenkapazitäten zu Problemen führen. So hat im Jahr 2007 beispielsweise ein Terminal im Hafen Rotterdam die Annahme von Leercontainern aufgrund von Kapazitätsengpässen zeitweise verweigert [DVZ07m]. Nach wie vor treten in Häfen Probleme im Umgang mit Leercontainern auf. Im Jahr 2016 beklagten 55 Prozent der befragten Verlader nach einer Umfrage des Deutschen Seeverladerkomitees im deutschen Bundesverband fehlende Leercontainer oder eine schlechte Qualität der vorhandenen Container [Dobo17].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die unternehmensbezogenen Auswirkungen von Leercontainerströmen einer differenzierten Beurteilung bedürfen. Die gesonderte Betrachtung von Reedereien und Terminalbetreibern zeigt, dass Leercontainerströme für Reedereien ein größeres Problem darstellen. Dies äußert sich insbesondere im Hinblick auf die unterschiedliche Wahrnehmung als Einnahmequelle beziehungsweise als Kostenposition [WoHe11]. Für eine ganzheitliche Bewertung von Leercontainertransporten müssen zudem Lagerkapazitäten für Leercontainer an Hafenstandorten berücksichtigt werden.

Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Leercontainerlogistik (Stand des Wissens: 23.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?382071
Literatur
[Dobo17] Dobos, Laszlo Seefracht: Es knirscht im Containerverkehr, 2017/01/11
[Drew09] Drewry Shipping Consultants Limited Container market 2009/10: Annual review and forecast - incorporating the Container Forecaster 3Q09, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, London: Drewry Publishing, 2009
[Drew12a] Drewry Shipping Consultants Ltd. Container Market Annual Review and Forecast 2012/13, London, 2012/10
[DVZ07m] k.A. Hafen Rotterdam: ECT akzeptiert keine Leercontainer mehr, 2007/02/21
[eurostat21] eurostat (Hrsg.) Inland waterways - statistics on container transport , 2021/10/12
[Hütt13] Barbara Katharina Hüttmann Empty Container Logistics in the Maritime Economy - Evidence from the North Range, 2013
[JaWa18] Monios, Jason, Wang, Yuhong The unproductive and induced mobility of empty container repositioning in peripheral regions, veröffentlicht in Maritime Mobilities, 2018
[WoHe11] Wolff, J. , Herz, N. , Flämig, H. Report on empty container management in the Baltic Sea region - Experiences and solutions from a multi-actor perspective, Hamburg, 2011/06
Glossar
Twenty-foot equivalent unit Zwanzig-Fuß-Äquivalente-Einheit (Twenty-foot Equivalent Unit). Eine statistische Hilfsgröße auf der Basis eines 20-Fuß-ISO-Containers (6,10 m Länge) zur Beschreibung von Verkehrsströmen oder -kapazitäten. Ein genormter 40'-ISO-Container der Reihe 1 entspricht 2 TEUs.
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.
Seehafenterminal
In einem Containerterminal erfolgt der Umschlag von Containern, Wechselbehältern, Wechselbrücken oder Sattelaufliegern und ähnlichen Ladeeinheiten im Hafen. Weiterhin kann auch Projektgeschäft, z.B. übergroße Ladungen, umgeschlagen werden.
Zusätzlich zu den Containerterminals umfasst der Begriff des Seehafenterminals auch andere Ladungs- und Terminalarten, wie z.B. Massengutterminals oder Flüssiggutterminals.
Charakteristisch für Seehafenterminals ist die Anbindung an das Wasser und mindestens einen weiteren Verkehrsträger.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?381362

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 17:52:09