Shared Space
Erstellt am: 27.06.2011 | Stand des Wissens: 28.08.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Shared Space (auch: "gemeinsam genutzter Raum", "Raum für alle", "geteilter Raum") beschreibt eine europäische "Gestaltungsphilosophie für innerstädtische Geschäfts- und Hauptverkehrsstraßen", die auf gegenseitige Verständigung der Verkehrsteilnehmenden bei möglichst weitgehendem Verzicht auf Verkehrsregeln, Lichtsignalanlagen und Beschilderungen setzt [KEU05; Or11]. Die Shared Space-Philosophie zielt darauf ab [KEU05]
- die gewohnt einseitige, auf den Verkehr ausgerichtete Gestaltungsweise durch Integration und Kombination der verschiedenen Funktionen des öffentlichen Raumes zu ersetzen,
- den motorisierten Individualverkehr nicht zu verdrängen,
- dass der Straßenraum wieder als Lebensraum anerkannt wird (Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung) und
- dass soziale Umgangsformen die Interaktion der Verkehrsteilnehmenden regeln.
Die Grundidee geht auf Hans Monderman (1945-2008) zurück und wurde versuchsweise in den Jahren 2004 bis 2008 im Rahmen des Infrastrukturförderprogrammes "Interreg IIIB North Sea Region Programme" in insgesamt sieben europäischen Gemeinden umgesetzt (Deutschland: Bohmte in Niedersachsen) [KEU05]. Potenzielle Abschnitte zur Umsetzung der Shared Space-Idee befinden sich vor allem in Bereichen wichtiger Nahziele der Versorgung. Folglich sind dies gerade auch für mobilitätseingeschränkte Personen attraktive und wichtige Ziele [HBVA11]. Der weitgehende Verzicht auf Lichtsignalanlagen, Markierungen und Beschilderungen sowie die nahezu niveaugleiche Ausgestaltung der Straßenräume birgt allerdings Gefahren und Nachteile für mobilitätseingeschränkte Personen. Die besondere Berücksichtigung ihrer Belange im Entwurfs- und Planungsprozess sowie eine für alle nutzbare Gestaltung ("Design für Alle") dieser Bereiche haben großen Einfluss auf den Erfolg und die Akzeptanz etwaiger Projekte [FGSV14; HBVA11]. "Shared Space ist nicht per se dafür geeignet Verkehrssicherheit zu verbessern" [Or11]. Evaluationen verschiedener Beispielprojekte zeigen aber, dass Shared Spaces von der Bevölkerung meist als städtebauliche Aufwertung der Räume wahrgenommen werden [Höl10].
Die Idee von Shared Space ist in der Öffentlichkeit und Fachwelt nicht unumstritten. So gab es lange Zeit kein Regelwerk mit Hinweisen zu Einsatzgrenzen oder Gestaltungsempfehlungen. Im Jahr 2014 hat die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) mit dem Wissensdokument "Hinweise zu Straßenräumen mit besonderem Querungsbedarf - Anwendungsmöglichkeiten des "Shared Space"-Gedankens" [FGSV14] ein ergänzendes Hinweispapier zu den bestehenden "Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen" [RASt06] herausgegeben, welches den aktuellen Stand des Wissens widerspiegelt. Die Hinweise benennen zwar Rahmenbedingungen, die für eine Neugestaltung nach der Shared Space-Idee gegeben sein sollten, stellen jedoch auch fest, dass []ein solcher Ansatz jedoch nicht mit dem derzeit geltenden deutschen Verkehrsrecht vereinbar ist [FGSV14, S.4]. Weitere Erläuterungen zu den rechtlichen Voraussetzungen in Deutschland sind im Synthesebericht "Rechtliche Rahmenbedingungen für Shared Space" dargestellt. Auch die im Jahr 2011 erschienenen "Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (HBVA)" der FGSV enthalten gesonderte Empfehlungen für die "Straßenraumgestaltung in Anlehnung an das Shared Space-Prinzip" [HBVA11].