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Kritik am Emissionshandel in der Luftfahrt

Erstellt am: 31.05.2011 | Stand des Wissens: 14.04.2022
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Die ökologische Treffsicherheit des Emissionshandels ist fraglich, da der Einfluss des Luftverkehrs auf den Treibhausgaseffekt um das 2 bis 4-fache höher geschätzt wird als es der reine Ausstoß der CO2-Emissionen erwarten lässt (vgl. Klimawirksame Emissionen des Luftverkehrs). Weiterhin führt der Emissionshandel nur zu einem geringen Anstieg der Ticketpreise, sodass nicht generell von einem Rückgang der Nachfrage nach Flügen ausgegangen werden kann. Dies dürfte insbesondere auf Interkontinentalflüge zutreffen, da hier eine geringe Preiselastizität der Nachfrage vorliegt. Somit kann es zu einem Abfluss an Zertifikaten von stationären Anlagen in den Luftverkehr kommen. Dies hätte zur Folge, dass bodennahe CO2-Emissionen reduziert werden, gleichzeitig aber die CO2-Emissionen in großer Höhe zunehmen. Aufgrund des dann stärkeren Einflusses von CO2 als Treibhausgas würde es somit zu einem negativen Effekt für das Klima kommen.
kritik1.jpgAbbildung 1: Erwartete zertifikatepflichtige Emissionen der EU Luftfahrt (Quelle: VDI)
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die höheren Kosten der Airlines durch den Emissionshandel und die Befürchtung einer dadurch sinkenden Wettbewerbsfähigkeit europäischer Airlines [MEMO/11/139]. Eine Studie der TU Delft in Zusammenarbeit mir der DEFRA kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass der Einfluss auf die erwarteten Profite der Airlines vor allem von der Menge an kostenlos verteilten Zertifikaten und dem Grad des Wettbewerbs in den Teilmärkten abhängig ist. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass bei einem Anteil an kostenlos ausgegeben Zertifikaten von 20 bis 40 Prozent keine Gewinneinbußen durch den Emissionshandel zu erwarten sind. Ein Anteil an kostenlosen Zertifikaten von 82 Prozent, wie aktuell vorgesehen, führt demnach sogar zu steigenden Gewinnen. Dieser Effekt, Windfall Profits genannt, kommt dadurch zustande, dass die Unternehmen den Wert der kostenlos erhaltenen Zertifikate bei der Preissetzung als Kostenfaktor berücksichtigen [TUDelft2008].
Ein weiterer möglicher Kritikpunkt am Emissionshandel im Luftverkehr ist der Fakt, dass nicht nur CO2-Emissionen durch Flugzeuge emittiert werden. Im Flugverkehr werden auch klimaschädliche NOx-Gase ausgestoßen (siehe Klimawirksame Emissionen des Luftverkehrs). Diese werden momentan im Emissionshandel nicht betrachtet. Aktuell ist eine Kombination von NOx- und CO2-Entgelten allerdings problematisch, da der heutige Stand der Antriebstechnologie einen Trade-Off zwischen CO2- und NOx-Emissionen bedingt. Eine Reduzierung der NOx-Emissionen würde zu erhöhtem Kraftstoffverbrauch führen und daher zu einem Anstieg der CO2-Emissionen [BUND15a, S.32].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[BUND15a] Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland , Verkehrsclub Deutschland (VCD) e. V., Brot für die Welt e.V., Deutscher Naturschutzring e.V. , Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. , Klima-Allianz Deutschland, ROBIN WOOD e.V. (Hrsg.) NGO-Luftverkehrskonzept, 2015/07
[MEMO/11/139] Europäische Kommission Questions & Answers on historic aviation emissions and the inclusion of aviation in the EU's Emission Trading System (EU ETS), 2011/03
[TUDelft2008] Technische Universiteit Delft A study to estimate the impacts of emissions trading on profits in aviation, 2008, ISBN/ISSN http://www.vivideconomics.com/docs/Vivid%20Econ%20Aviation%20Profits.pdf
Glossar
NOx
= Stickoxide. Ist die Sammelbezeichnung für die Oxide des Stickstoffs. Die wichtigsten Stickoxide sind Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid. Es sind gasförmige Verbindungen, die sich nur wenig in Wasser lösen.
Die wichtigsten Stickoxid-Quellen sind natürliche Vorgänge, wie zum Beispiel mikrobiologische Umsetzungen im Boden, sowie Verbrennungsvorgänge bei Kraftwerken, Kraftfahrzeugen und industrielle Hochtemperaturprozesse, bei denen aus dem Sauerstoff und Stickstoff der Luft Stickoxide entstehen. Stickstoffdioxid ist ein Reizstoff, der die Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen und des Atmungstraktes beeinträchtigt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?352530

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