Nutzenüberschätzungen bei Megaprojekten
Erstellt am: 27.05.2011 | Stand des Wissens: 08.11.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Neben Kostenunterschätzungen ist auch die Prognose der Nutzeneffekte mit Ungenauigkeit behaftet. Nutzeneffekte hängen im Wesentlichen von der prognostizierten Verkehrsnachfrage ab. Einer Analyse von 210 Bahn- und Straßenprojekten zufolge, kam es vor allem bei Bahnprojekten zu einer Nachfrageüberschätzung in Höhe von durchschnittlich 39 Prozent [FlBrRo03, S. 26]. Dabei wich die tatsächliche Verkehrsnachfrage bei 85 Prozent der Bahnprojekte um 20 Prozent, und bei 74 Prozent der Bahnprojekte um 40 Prozent von ihrer Prognose ab [FlBrRo03, S. 26].
![Abb.2: Nutzenüberschätzungen bei Bahn- und Straßenprojekten, basierend auf der Analyse von 27 Bahn- und 183 Straßenprojekten [Eintrag-Id:329796, S. 27] nutzenueberschaetzungen2.png](/servlet/is/352328/nutzenueberschaetzungen2.png)
Im Gegensatz zu Bahnprojekten fiel die tatsächliche Verkehrsnachfrage bei Straßenprojekten durchschnittlich nicht geringer, sondern um 9 Prozent höher aus als erwartet. Dennoch traten bei der Hälfte der Straßenprojekte Abweichungen der prognostizierten Verkehrsnachfrage um mehr als 20 Prozent von der tatsächlichen auf. Ein Viertel der untersuchten Straßenprojekte wurden mit einer um bis zu 40 Prozent höheren Verkehrsnachfrage kalkuliert [FlBrRo03, S. 26].
Die bei Bahnprojekten starke und bei Straßenprojekten weniger auffällige Überschätzung der Nachfrageentwicklung könnte darauf hindeuten, dass die verkehrspolitische Zielsetzung einer Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene in der Verkehrsprognose berücksichtigt wurde, während in der Folgezeit keine ausreichenden Maßnahmen in diese Richtung realisiert wurden [PrFlWe08, S. 124f].
Als weitere Hauptgründe für Nachfrageüberschätzungen gelten:
- Zu optimistische Einschätzungen beratender Unternehmen und Projektträger
- Unerwartete Änderungen exogener Faktoren (politisch, ökonomisch, sozial)
- Unvollständige Datengrundlage
- Unstetiges menschliches Verhalten und der Einfluss komplementärer Faktoren
- Abhängigkeiten von weiteren Infrastrukturprojekten [FlBrRo03, S. 28ff]