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Energieeffizienz und Schadstoffemissionen im Schienenverkehr

Erstellt am: 03.03.2011 | Stand des Wissens: 22.10.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die Kohlenstoffdioxid-Emissionen des Schienenverkehrs sind rückläufig, während die Kohlenstoffdioxid-Emissionen im Transportsektor steigen [EEA16]. Die Schiene gilt prinzipiell als umweltfreundlicher Verkehrsträger, was sich insbesondere in ihren systembedingten energetischen Vorteilen begründet. Geringe Rollreibung zwischen Stahlrädern und (Stahl-)Fahrweg sowie zugbildungsbedingt positive Aerodynamikeigenschaften ermöglichen einen vergleichsweise niedrigen Fahrwiderstand, wodurch auch große Massen mit moderatem Energieeinsatz transportiert werden können [Hech11].
Eine Erhöhung der Personenkapazität sowie der Ausbau des Hochgeschwindigkeitszugverkehrs mit weniger Stationen führt somit ebenso zu einer höheren Energieeffizienz [WIN12; POR08]. Während diese Systemeigenschaften sowohl für Diesel- als auch Elektrotraktion gelten, verfügen oberleitungsgespeiste Triebfahrzeuge über weitere Effizienzmerkmale: Antriebseinheiten elektrischer Lokomotiven und Triebwagen weisen zumeist ein geringeres Gewicht auf als äquivalente Dieselaggregate, sodass die betreffende Fahrzeuggesamtmasse reduziert werden kann. Beschleunigungsvorgänge sind somit unter geringerem Energieeinsatz durchführbar. Mittels Rekuperationsbremsen kann Bremsenergie zurückgewonnen und in die Oberleitung oder in stationäre oder mobile Energiespeicher zurückgespeist werden. Auf diese Weise lassen sich gegenwärtig bis zu 13 Prozent des in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden Bahnstrombedarfs wiedergewinnen [DBAG10m; DBAG07ai; DBAG13y].
Abbildung 1 und 2 stellen den spezifischen Energieverbrauch unterschiedlicher Verkehrsmittel des deutschen Personen- und Güterverkehrs einander gegenüber und belegen entsprechende Effizienzvorsprünge des Systems Bahn bei jeweils durchschnittlicher Fahrzeugauslastung.
Spezifischer Primärenergiebedarf PersonenverkehrAbb. 1: Spezifischer Primärenergiebedarf Personenverkehr in Megajoule pro Personenkilometer (MJ/Pkm) der Personentransportfahrten des DB-Konzerns [DBAG15b]
(Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Spezifischer Primärenergiebedarf GüterverkehrAbb. 2: Spezifischer Primärenergiebedarf Güterverkehr in Megajoule pro Tonnenkilometer (MJ/tkm) der Gütertransportfahrten des DB-Konzerns [DBAG15b] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Angesichts des bereits vorgezeichneten Entwicklungspfades intermodaler Wettbewerber sieht sich die Bahnindustrie umso dringlicher mit der Aufgabe konfrontiert, neue Lösungsansätze zu entwickeln und zu implementieren, die dazu geeignet sind, die bestehende ökologische Dominanz gegenüber anderen Verkehrsträgern auch weiterhin sicherzustellen. Vor dem beschriebenen Hintergrund finden vorrangig sowohl technische als auch eisenbahnbetriebliche Ansätze Berücksichtigung, die unter anderem auf einen Einsatz effektiverer Energierückgewinnungs- und verbrauchsärmerer Antriebssysteme ausgerichtet sind. Das Ende 2010 abgeschlossene EU-Forschungsprojekt "Railenergy" legt dabei nahe, dass mit Hilfe eines systemweiten Maßnahmenpaketes im europäischen Schienenverkehrssektor bis zum Jahre 2020 Effizienzsteigerungen von circa sechs Prozent realisiert werden können. Abgeschlossene Projektgruppen der Europäischen Kommission wie OSIRIS (Optimal Strategy to Innovate and Reduce energy consumption In urban rail Systems) und MERLIN (Sustainable and intelligent Management of Energy for smarter RaiLway systems in Europe: an Integrated optimisation approach) arbeiteten an Lösungen für Herausforderungen im Energiemanagement im europäischen Schienenverkehrssystem. Shift2Rail ist eine aktuelle Initiative, die aktiv an der Integration neuwertiger und energieeffizienter Technologien arbeitet [UNIFE16].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Effizienzpotenziale im Schienenverkehr (Stand des Wissens: 17.09.2020)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?487371
Literatur
[DBAG07ai] Weiß, Alexandra, Westenberger, Peter, Nestler, Ralf Umweltkennzahlen 2006 - Daten und Fakten, 2007/05
[DBAG10m] o. A. Nachhaltige Energiekonzepte der Deutschen Bahn AG, veröffentlicht in Deine Bahn, Ausgabe/Auflage 02/2010, Bahn Fachverlag GmbH / Berlin , 2010/02, ISBN/ISSN 0948-7263
[DBAG13y] o. A. Nachhaltigkeitsbericht 2012, Berlin, 2013/07
[DBAG15b] o.A. Deutsche Bahn Integrierter Bericht, Berlin, 2015
[EEA16] Agencia Europea de Medio Ambiente (AEMA) Technical report No 15/2016 Annual European Union greenhouse gas inventory 1990 to 2014 and inventory report 2016, 2016
[Hech11] Hecht, Markus, Prof. Dr.-Ing. Energieeffizienz und Treibhausgasemission des Verkehrs im Hinblick auf den Schienenverkehr, veröffentlicht in TU International, Ausgabe/Auflage 67, 2011/01
[POR08] Pörner, Ronald Innovative Bahntechnik stärkt den Klimavorteil der Schiene, veröffentlicht in Eisenbahntechnische Rundschau, Ausgabe/Auflage 9, 2008
[UNIFE16] o.A. UNIFE emphasises the benefits of innovation in supporting standardisation at Cen-Cenelec conference, 2013/04/10, Online-Referenz http://www.unife.org/news/82.html
[WIN12] Winter, Joachim Next Generation Train - Zug der Zukunft, veröffentlicht in Deine Bahn, Ausgabe/Auflage 9, 2012/09
Glossar
Personenkilometer
Die Einheit Personenkilometer [Pkm] beschreibt die im Rahmen einer Personenbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Verkehrsmenge (Summe der beförderten Personen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km.
Verkehrsarbeit [Pkm] = Verkehrsmenge [P] * Wegstrecke [km]
Traktion Unter Traktion versteht man im Schienenverkehrsbereich die kraftgetriebene Fortbewegung von Triebfahrzeugen. Bei der Art des Antriebssystems unterscheidet man heutzutage i. d. R. Triebfahrzeuge mit dieselelektrischen oder -hydraulischen bzw. rein elektrischen Aggregaten zur Kraftübertragung (auch: Diesel- bzw. Elektrotraktion).  Die Traktionsart Dampf wird hierzulande nur noch im Bereich von Museumsbahnen eingesetzt. Mehrere gekoppelte Triebfahrzeuge bilden eine sog. Mehrfachtraktion. Üblicherweise werden diese nach der Anzahl der eingesetzten Triebfahrzeuge benannt (z. B. Doppel- oder Dreifachtraktion).
tkm tkm = Tonnenkilometer Die Einheit Tonnenkilometer [tkm] beschreibt die im Rahmen einer Güterbeförderung erbrachte Verkehrsarbeit. Diese definiert sich als Produkt der Gütermenge (Summe der beförderten Güter in Tonnen) und der von dieser dabei zurückgelegten Wegstrecke in km. Verkehrsarbeit [tkm] = Gütermenge [t] * Wegstrecke [km]
Triebfahrzeug
Ein Triebfahrzeug (Tfz) ist ein einzelnes Regeleisenbahnfahrzeug mit einem eigenen Fahrzeugantrieb (Lokomotiven, Triebwagen). Eine Sonderform bilden Triebköpfe, die in einem fest gekoppelten Triebzug zusammen mit antriebslosen Mittel- und Steuerwagen betrieben werden. Lokomotiven kommen normalerweise im Verbund mit gekoppelten Reisezug- oder Güterwagen zum Einsatz. Triebwagen sowie auch Triebzüge werden als gekoppelten Einheiten gleichen Typs in sogenannten Triebwagenzügen eingesetzt. Weitere Tfz sind Kleinlokomotive und selbstfahrende Nebenfahrzeuge.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?343659

Gedruckt am Dienstag, 30. Mai 2023 03:50:36