Modellversuch "Innovative, öffentliche Fahrradverleihsysteme" des BMVI
Erstellt am: 15.12.2010 | Stand des Wissens: 26.01.2017
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hatte im Jahr 2009 einen Modellversuch für innovative, öffentliche Fahrradverleihsysteme (FVS) ausgeschrieben. Das BMVBS stellte bis Ende 2012 für die Umsetzung von ausgewählten Projekten zehn Millionen Euro zur Verfügung. Weitere 2,7 Millionen Euro werden in einem Zusatzmodul für die Integration von Pedelecs in Gebieten mit besonderer Topographie bereitgestellt [NRVP09].
Das Ziel des Modellversuchs ist eine bundesweite Förderung von Radverkehrsprojekten zur Unterstützung eines klimafreundlichen und energieeffizienten Nahverkehrs durch ein Fahrradverleihsystem [NRVP09]. Das System soll dabei für eine breite Öffentlichkeit frei zugänglich sein (öffentlich) und im Verbund mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) stehen (innovativ) [WZB10]. Es wird angestrebt, in den Modellkommunen ein hochwertiges Verkehrsangebot zu schaffen, welches sich auch auf andere Städte und Gemeinden übertragen lässt [NRVP09].
Damit wurde für Städte und Kommunen ein Anreiz geschaffen, um gemeinsam mit ÖPNV-Unternehmen und Verkehrsverbünden innovative Fahrradverleihsysteme zu entwickeln und zu betreiben [WZB10]. Die Integration der Fahrradverleihsysteme wurde in der Ausschreibung als komplexes Projekt mit folgenden Teilbereichen angesehen [NRVP09, WZB10, S. 8]:
Das Ziel des Modellversuchs ist eine bundesweite Förderung von Radverkehrsprojekten zur Unterstützung eines klimafreundlichen und energieeffizienten Nahverkehrs durch ein Fahrradverleihsystem [NRVP09]. Das System soll dabei für eine breite Öffentlichkeit frei zugänglich sein (öffentlich) und im Verbund mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) stehen (innovativ) [WZB10]. Es wird angestrebt, in den Modellkommunen ein hochwertiges Verkehrsangebot zu schaffen, welches sich auch auf andere Städte und Gemeinden übertragen lässt [NRVP09].
Damit wurde für Städte und Kommunen ein Anreiz geschaffen, um gemeinsam mit ÖPNV-Unternehmen und Verkehrsverbünden innovative Fahrradverleihsysteme zu entwickeln und zu betreiben [WZB10]. Die Integration der Fahrradverleihsysteme wurde in der Ausschreibung als komplexes Projekt mit folgenden Teilbereichen angesehen [NRVP09, WZB10, S. 8]:
- Positionierung der Ausleihstationen in der Nähe von ÖPNV-Haltestellen,
- tarifliche Verknüpfung, zum Beispiel über ein Kombiticket,
- nutzerfreundliche Ausgestaltung (zum Beispiel durch ständige Verfügbarkeit, unkomplizierte Ausleihe und Rückgabe),
- Ausrichtung auf bestimmte Kundengruppen (Alltags- Berufs- Freizeitverkehr, Tourismus),
- Einbindung in das Informationssystem des ÖPNV,
- Zusatzangebote (zum Beispiel Schließfach- und Abstellanlagen an den Verknüpfungspunkten zwischen Leihfahrrad und ÖPNV) und
- Ergebnisse sollen eine hohe Verfügbarkeit an öffentlichen Fahrrädern, ein fahrradfreundliches Klima und die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs sein [NRVP09].
44 Städte und Regionen nahmen im Jahr 2009 am Wettbewerb um die Fördergelder teil. Augsburg, Bentheim, Halle, Karlsruhe, Leipzig, Garmisch-Partenkirchen und Potsdam wurden für ihre eingereichten Konzepte ausgezeichnet. Weitergehend erhielten Mainz, Nürnberg, Saarbrücken, Dresden, Kassel, der Landkreis Ostvorpommern, die Metropolregion Ruhr und Stuttgart den Zuschlag für die notwendigen Fördergelder zur praktischen Umsetzung ihrer Strategien [NRVP09].
Eine Analyse der Wettbewerbskonzepte ergab, dass fast alle prämierten Bewerbungen auf Vorarbeiten und somit auf bewährte Kooperationsstrukturen zwischen Kommune und lokalem ÖPNV-Unternehmen beziehungsweise Verkehrsverbund sowie beteiligten privaten Unternehmen, Vereinen oder Universitäten zurückgreifen konnten [NRVP09, S.13]. Trotz dieser Kooperation waren jedoch vielerorts auf Seite des ÖPNV mehr oder weniger starke Vorbehalte zu verzeichnen, die sich unter anderem projektspezifisch in einer sehr unterschiedlichen Integration in das ÖPNV-Tarifsystem zeigten [NRVP09, S. 15]. Eine Reihe von Städten nahm letztlich nicht am Wettbewerb teil, weil der Zeitrahmen für die Erstellung eines soliden Antrages nicht ausreichte, die politische Beschlussfassung für Projekt und Finanzierung sich zu aufwändig gestaltete und verwaltungsinterne Konflikte um erforderliche öffentliche Flächen für das Stationssystem auftraten [NRVP09].
Eine Analyse der Wettbewerbskonzepte ergab, dass fast alle prämierten Bewerbungen auf Vorarbeiten und somit auf bewährte Kooperationsstrukturen zwischen Kommune und lokalem ÖPNV-Unternehmen beziehungsweise Verkehrsverbund sowie beteiligten privaten Unternehmen, Vereinen oder Universitäten zurückgreifen konnten [NRVP09, S.13]. Trotz dieser Kooperation waren jedoch vielerorts auf Seite des ÖPNV mehr oder weniger starke Vorbehalte zu verzeichnen, die sich unter anderem projektspezifisch in einer sehr unterschiedlichen Integration in das ÖPNV-Tarifsystem zeigten [NRVP09, S. 15]. Eine Reihe von Städten nahm letztlich nicht am Wettbewerb teil, weil der Zeitrahmen für die Erstellung eines soliden Antrages nicht ausreichte, die politische Beschlussfassung für Projekt und Finanzierung sich zu aufwändig gestaltete und verwaltungsinterne Konflikte um erforderliche öffentliche Flächen für das Stationssystem auftraten [NRVP09].
Evaluation der Modellprojekte "Innovative und öffentliche Fahrradverleihsysteme": Die Modelprojekte in Mainz, Nürnberg, Stuttgart, auf der Insel Usedom sowie in der Metropolregion Ruhr, welche in den Jahren 2010/11 gestartet wurden, wurden vom BMVBS evaluiert. Das Ziel der Evaluation war die Abschätzung von Potenzialen und Wirkungen von Fahrradverleihsystemen. Zudem sollte die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus dem Modellversuch sichergestellt werden. Die Erkenntnisse der Evaluation sollten anderen Regionen in Deutschland helfen, eigene Fahrradverleihsysteme aufzubauen und diese wirkungsvoll zu betreiben und auszuweiten. Dafür wurden sowohl Umsetzungsbedingungen, Hemmnisse als auch fördernde Faktoren identifiziert und analysiert. Grundlagen hierfür waren die Bewertung und Nutzung der Fahrradverleihsysteme durch die Nutzer sowie das Leistungsspektrum [BMVBS12f].
Die Untersuchung erfolgte dabei in zwei Schritten [BMVBS12f]:
Prozessevaluation (Schwerpunkt 2010/11): Beschreibung und Analyse
- der kommunalen Ausgangslage,
- des Konzepts und der Umsetzung der Systeme,
- des Umsetzungsprozesses sowie
- des öffentlichen Diskurses.
Wirkungsevaluation (seit 2012): Untersuchung
- der Nutzung der Fahrradverleihsysteme und dadurch erzielte verkehrliche Wirkungen,
- des Wissens und der Bewertung des Systems durch Bürger,
- der Dienstleistungsqualität und Verkehrssicherheit (durch Stationsbegehung, Testnutzung),
- der Kosten und Einnahmen sowie
- der Umweltwirkungen (Basis: Modellrechnungen).
wichtige Ergebnisse der Evaluation waren [BMVI15o]:
- Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung und Planung sind: Kooperationsbereitschaft in Verwaltung und Politik, Installation eines Planungsteams, Einbindung relevanter Akteure, reduzierter Gestaltungsaufwand durch geringe Tiefbauarbeiten und umfassende vertragliche Regelungen mit dem Betreiber des FVS,
- Nutzung vorwiegend durch jüngere Altersgruppen (20 bis 49 Jahre) im urbanen Raum,
- durchschnittlich häufigere Nutzung von Männern,
- 80 Prozent der Nutzer sind Vollzeitbeschäftigte und Studierende,
- Systeme mit hoher technischer Qualität (Ausleihterminals, Verriegelungstechnik, Smartphone-Apps) haben einen höheren Nutzungskomfort,
- Systeme mit einer hohen Verdichtung werden häufiger genutzt (Kernbereiche vs. Peripheriebereiche, Nähe zum Wohnort),
- hoher Betriebsaufwand durch notwendige Umverteilung von Leihrädern zwischen den Stationen,
- entgegen der Annahme besteht keine dominierende Freizeitnutzung der Leihfahrräder bei Rundwegen,
- öffentliche FVS und der ÖPNV ergänzen sich: einerseits wird der ÖPNV häufig für den Vor- beziehungsweise Nachlauf der mit dem Rad zurückgelegten Wege genutzt und andererseits Komfortgewinne durch FVS während Stoß- und Nachtzeiten oder Flexibilitätsgewinne durch direktere Verbindungen,
- größerer potenzieller Nutzerkreis bei höherem Bekanntheitsgrad,
- kostendeckender Betrieb von FVS bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von drei bis vier Stunden beziehungsweise von vier bis sechs Ausleihen pro Tag und
- öffentliche FVS haben das Potenzial bis etwa 0,2 Prozent der Jahreskilometer des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zu ersetzen (etwa 1,8 Millionen Personenkilometer).