Festlegung der Gesamtemissionsmenge in Emissionshandelssystemen
Erstellt am: 14.11.2010 | Stand des Wissens: 15.02.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Im Cap-and-Trade-System wird eine zulässige Höchstmenge an Treibhausgasemissionen (sogenanntes Cap) staatlich festgelegt. So kann ein im Voraus definiertes ökologisches Ziel erreicht werden [icap23]. Neben der Vorgabe eines absoluten Mengenziels sollte zur Erreichung bestmöglicher ökologischer Treffsicherheit idealerweise ein konsistentes Preissignal treten. Ein solches regt dazu an, emissionsarme Innovationen auszubauen und sorgt für Planungssicherheit bezüglich langfristiger und hochpreisiger Investitionen, etwa in Infrastruktur [WoBa21a, S. 94, 127; icap21]. Ist absehbar, dass emissionsintensive Technologien langfristig unrentabel werden, können klimaschädliche Lock-in-Effekte verhindert werden [icap21, S. 124]. Faktisch ist eine klare Preiserwartung im Rahmen von Cap-and-Trade-Emissionshandelssystemen, bei denen sich der Preis am Markt bildet, anders als bei einer CO2-Steuer, nur erschwert zu gewährleisten.
Der Umstand, dass ein absolutes Mengenziel vorgegeben wird, das nicht überschritten werden darf, verhindert Rebound-Effekte und hebt den Emissionshandel gegenüber anderen Instrumenten zur CO2-Vermeidung positiv hervor [Piet21; Feis19].
Festlegungsprozess
Die festgelegte Gesamtmenge der herausgegebenen Zertifikate orientiert sich zunächst am Status quo der Emissionen und wird so verringert, dass das angegebene Reduktionsziel erreicht wird. Das Ergebnis ist eine über die Zeit sinkende Emissionskurve.
Das Cap wird für einen mehrjährigen Zeitraum festgelegt [Diek12, S. 12 f.]. In diesem Festlegungsprozess müssen Aspekte, wie die einschlägigen Klimaschutzziele, die Kosten der Rechtssicherheit, die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit des regulierten Bereichs, die Anreizwirkung zur Emissionsreduktion sowie die Wechselwirkung mit anderer Regulierung, bedacht werden [icap21, S. 123 ff.]. Nachträgliche Anpassungen während der Handelsperiode müssen aufgrund von Vertrauensschutz und Rechtssicherheit die Ausnahme darstellen [Diek12, S. 13]. Handelsperioden im Europäischen Emissionshandel wurden bisher wie folgt definiert: 2005-2007, 2008-2012, 2013-2020 und 2021-2030.
Die stetige Verknappung der Zertifikate dient auch dazu, einen dynamischen Anreiz zur Investition und Weiterentwicklung in neue Vermeidungstechnologien aufrechtzuerhalten. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass nach der Einführung einer Innovation die Nachfrage nach Zertifikaten sinkt und sich folglich auch der Preis der Zertifikate verringert. Dadurch wäre der Anreiz zur weiteren Emissionsreduktion abgeschwächt [Küll08, S. 51 f.].
Im Rahmen des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS 1) gilt derzeit eine jährliche Cap-Absenkungsrate in Höhe von 2,2 Prozent, wobei die Europäische Kommission im Rahmen von Fit-for-55-Paket eine Verschärfung auf 4,0 Prozent ab dem Jahre 2028 vorgeschlagen hat [EuKom23a; UBA22i].
Gefahr der Überallokation
Ein häufiges Problem in Cap-and-Trade-Systemen ist die Überallokation, das heißt ein Überangebot, an Zertifikaten [Betz22, S. 31]. Ein Grund kann in der zu großzügigen Bemessung der Gesamtemissionsmenge zu Beginn der Handelsperiode liegen. Weitere mögliche Gründe sind in einer stärkeren Abnahme der Emissionen begründet als zuvor erwartet. In einer Rezession (zum Beispiel in der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2008) kann es zu einem Einbruch der Emissionen kommen, oder durch den unvorhergesehenen Einsatz emissionssparender Technologien werden weniger Zertifikate benötigt [Betz22, S. 31].
Ein Überschuss an Zertifikaten führt zu sinkenden Preisen und verringert den Anreiz, Emissionen einzusparen. Geringe Preisschwankungen zeigen die Knappheit der Zertifikate an und gelten somit als normal [Diek12]. Im Falle von dauerhaft zu geringen Preisen besteht jedoch die Gefahr von Lock-in-Effekten in emissionsintensive Technologien [icap21, S. 133].